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Hintergrund & Analysen

23. Januar 2006. Analysen: Weltweit | Kunst & Kultur From Kama Sutra to Club Kali

Von queeren Formen der Artikulation in der Diaspora handelt Jonathan Prices Artikel über den "Club Kali" in einem Londoner Vorort, in dem sich alle zwei Monate vorwiegend Schwule und Lesben mit südasiatischem Hintergrund treffen. Seit seiner eher problematischen Gründung 1995 hat sich der Club in eine wirtschaftlich florierende und international bekannte Location verwandelt. Der "Club Kali", in dessen Namen bereits kulturelle, religiöse und historische Bezüge auf Südasien sichtbar werden, verdeutlicht dem Autor zufolge einen Prozess von Identitätsbildung im Kontext verschiedener sexueller und nationaler Diskurse in Großbritannien, Südasien und der Diaspora. Ein Zusammenkommen über Klassen-, Gender-, und Religionsgrenzen hinweg, innerhalb eines Diskurses, der Homophobien und Rassismen explizit ablehnt, zeigt zudem die Agency, die Handlungsmächtigkeit von Queers in der Diaspora. Dies ist umso bedeutender als die vermeintliche "Befreiung" der Homosexuellen im Westen, so Price, wiederum Stimmen marginalisierte und weitgehend auf "weiße" Männer aus der Mittelklasse beschränkt blieb. Mit dem Entstehen einer queeren Diaspora-Identität – manifestiert im "Club Kali", wo nicht zuletzt mit Musik Politik gemacht wird -, ist aber, wie der Autor ebenfalls argumentiert, gerade keine öffentliche Identität gemeint. Die Ablehnung eines "coming out" bzw. die Präferenz für ein "Doppelleben" unter vielen queeren Südasiaten in der Diaspora stößt wiederum auf Unverständnis im Kontext der britischen queeren Bewegung, in der die Identität eng an das "coming out" geknüpft ist und zeigt damit letztlich die Vielfalt queerer Identitäten, für die der "Club Kali" ebenfalls steht. (Uwe Skoda) [mehr ...]

23. Januar 2006. Analysen: Indien | Geschichte & Religion Shakti – ein "queeres" Askesekonzept

Während queer studies schon seit einiger Zeit ein wichtiger Bestandteil neuerer Gender-Forschungen im englischen und deutschsprachigen Raum sind, bereichert gerade auch der Blick nach Südasien die Suche nach der Diversität von Gender-Kategorien. Am Beispiel eines gegenwärtigen Asketenordens im Osten Indiens (Mahima Dharma) beschäftigt sich der vorliegende Bericht mit dem kulturellen und religiösen Geschlecht indischer Asketen. Dieses entzieht sich binären Geschlechtszuschreibungen und könnte am ehesten als Konzept der Androgynität beschrieben werden. Die Kategorie der sozialen und religiösen Androgynität (oboyolinga) verweist dabei auf ein bekanntes indisches Muster von Heiligkeit, das sich in vielen Mythen wiederfindet. Auch hinsichtlich ihrer optischen Erscheinung vermischen sich bei den Asketen männliche und weibliche Attribute zu einem androgynen Körper. Der biologisch männliche Körper verschmilzt mit den weiblichen Attributen der langen offenen Haare. Eine Oberkörper-Athletik vermengt sich mit der Schwangerschaftsästhetik wohlgenährter Bäuche. Mahima Dharma Asketen sind – wie ihre Anhänger es über sie sagen – "mata und pita [Vater und Mutter] zugleich". Sie sind gleichzeitig männliche und weibliche Träger der göttlichen Kraft. Als Androgyne gehören sie, so die Autorin Lidia Guzy, in der indischen Vorstellungswelt zu den Repräsentanten des Göttlichen. [mehr ...]

23. Januar 2006. Analysen: Indien | Politik & Recht Lessons from Sahayatrika

Die Zentren der queeren Bewegung in Indien sind die Metropolen Delhi, Kalkutta und Bombay. Aber auch in ländlicherer Umgebung gibt es Engagement. Die Organisation Sahaytrika tritt in Kerala für die Rechte von 'Frauen, die Frauen lieben' ein. Ihr Ziel ist es erstens ein Netzwerk für 'Frauen, die sich von Frauen angezogen fühlen' aufzubauen und Beratung anzubieten, zweitens die Marginalisierung von sexuellen Minderheiten, insbesondere von Lesben, in Kerala zu dokumentieren, und drittens Öffentlichkeitsarbeit für queeres Leben zu machen. Dabei will sie die Rechte von Lesben nicht als Nischenthema behandeln, sondern in Diskursen über Menschenrechte und zu Gewalt gegen Frauen verankern. Devaki Menon ist das Pseudonym der Gründerin von Sahayatrika, der unsichtbaren Sprecherin der Organisation. Sie selber ist im westlichen Ausland aufgewachsen, war dort in der queeren Bewegung aktiv und kam erst als Erwachsene nach Kerala. Gemeinsam mit anderen baute sie Sahayatrika auf, ohne dabei jemals ihre Identität in der Öffentlichkeit zu offenbaren. Die "Lessons from Sahayatrika" sind eine Analyse der Arbeit von Sahayatrika, in der auch die Probleme und Diskussionen der queeren Bewegung analysiert werden. Ein zentrales Thema ist das der Sichtbarkeit, der Vorteile und Probleme, die mit ihr verbunden sind. Denn erst wenn Queeres sichtbar wird, wird es auch angreifbar. Wenn lesbische Paare 'out' sind, dann bekommen sie alltägliche Diskriminierungen zu spüren, dann verlieren sie ihre Stellungen, Ausbildungsplätze, Wohnungen, sozialen Kontakte. Das Nichteinhalten von Genderstereotypen, zum Beispiel in Kleidung und Frisur, führt zu Belästigungen und Bedrohungen. Auch für Organisationen ist Öffentlichkeit potentiell gefährlich. So besteht permanent die Gefahr unter Section 377 wegen der Förderung unnatürlichen Sexes angeklagt zu werden. Es ist schwierig Büroräume zu bekommen und zu behalten. Gleichzeitig ist öffentliches Agieren wichtig. Denn erst durch die Presseberichte über Sahayatrika erfuhren viele queere Frauen in Kerala, dass sie nicht alleine sind. Häufig zum ersten mal hatten sie so Zugang zu einer Ansprechpartnerin für ihr Anderssein. Diesem Paradox der Sichtbarkeit kann Sahayatrika nur mit einer differenzierten Strategie begegnen. Zum einen bietet die Organisation (zusammen mit anderen) geschützte Räume der Sicherheit, und zum anderen agiert sie mit Presseberichten, Veranstaltungen und Publikationen in der Öffentlichkeit. Die meisten Anfragen an Sahayatrika ranken sich um das Thema Heirat und Ehe. Diese sind für junge Frauen in Kerala ein soziales Muss, dem sie kaum entfliehen können. Heiraten werden erzwungen trotz bestehender lesbischer Beziehungen, lesbische Beziehungen werden geführt trotz Ehen. Lesbische Paare wünschen sich eine legale Dokumentation ihrer Beziehung. Da (Homo-)Sexualität so stark tabuisiert ist und der Zwang zur Ehe so hoch ist, zweifeln viele Frauen an sich selbst, wollen sich therapieren lassen, möchten einen Geschlechtswechsel vornehmen oder werden von Selbstmordgedanken geplagt. In Kerala, dem Bundesstaat mit der höchsten dokumentierten Selbstmordrate in Indien, gibt es viele Berichte über lesbische Doppelselbstmorde. Sahayatrika ist entstanden aus einem Projekt zur Dokumentation dieser Selbstmorde. Dabei stellt sich die Frage, ob es in Kerala tatsächlich mehr lesbische Selbstmorde gibt als anderswo, oder ob sie nur besser dokumentiert sind. Auffällig ist, dass es vor allem Frauen aus marginalisierten Gemeinschaften und unteren Einkommensschichten sind, die gemeinsam Selbstmord begehen. Dies kann daran liegen, dass Frauen aus der Mittelschicht über mehr Ressourcen (materiellen und immateriellen) verfügen, um andere Auswege zu finden. Es kann aber auch daran liegen, dass die Mittelschicht besser in der Lage ist, solche Selbstmorde zu verschleiern. (Urmila Goel) [mehr ...]

23. Januar 2006. Analysen: Indien | Wirtschaft & Soziales The letter to my cousin

23. Januar 2006. Analysen: Indien | Wirtschaft & Soziales Das Amritsar Couple

Immer wieder berichten die indischen Medien über lesbische Paare. Die Themen sind in der Regel entweder, dass sie von zu Hause weggelaufen sind und geheiratet haben, oder das sie gemeinsam Selbstmord begangen haben. Das erste berühmte Lesbenpaar wurden Leela und Urmila, die 1988 geheiratet haben und deswegen aus dem Polizeidienst entlassen wurden. [mehr ...]

23. Januar 2006. Analysen: Indien | Wirtschaft & Soziales Maya

23. Januar 2006. Analysen: Indien | Wirtschaft & Soziales Ponni

Temperamentvoll streitet Ponni in Indien für eine selbstbestimmte Sexualität. Mit liberalen Eltern ist sie jedoch privilegiert. [mehr ...]

23. Januar 2006. Analysen: Nepal | Wirtschaft & Soziales Von Diamanten, die sich nicht schleifen lassen wollen

Obwohl Homosexualität in Nepal nach Aussagen der Regierung nicht strafbar ist, ist der Alltag sexueller Minderheiten in dem Königreich von Diskriminierung und Gewalt geprägt. Für ihre Rechte kämpft seit 2001 die Blue Diamond Society. Obwohl sie dabei von globalen Netzwerken und Anti-AIDS-Kampagnen unterstützt wird, bleibt ihre Arbeit in der konservativen, vom jahrelangen Bürgerkrieg gezeichneten Gesellschaft prekär. [mehr ...]

23. Januar 2006. Analysen: Südasien | Kunst & Kultur Liebe jenseits der Ehe

Indiens Liebeskultur ist reich an mythologischen und literarischen Schriften, vielfältig und ambivalent in ihren Konzeptionen und Bedeutungen. Sie deckt eine Zeitspanne ab, die von den großen Epen ca. 500 vor Christus über die klassische Periode bis in die Literatur, Musik und Kunst der Gegenwart reicht. Die Präsenz der mythologisch-religiösen Traditionen im sozialen Alltag beeinflusst die gegenwärtigen Wertvorstellungen, die auch das Gefühls- und speziell das Liebesleben vieler Hindus strukturieren. In ihrem Artikel stellt die Autorin, Kerstin Gudermuth, mythologischen Grundlagen der Hindu-Vorstellungen über außereheliche Liebesbeziehungen und deren Rezeption im sozialen Alltag vor. Während die Ideale der ehelichen Liebe im Ramayana, einem Epos ca. 200 v. Chr. bis 200 n. Chr. in der Konzeption von kama beschrieben wurden, finden sich die Ideale der außerehelichen Liebe vor allem in der Krishna-Geschichte im Bhagavata-Purana, und später im Gitagovinda, einem dramatisch-lyrischen Gedicht aus dem 12. Jahrhundert, mit der Konzeption von prema. Mit beiden Konzeptionen sind Verstehensmuster für die Liebe vorgegeben, die den Menschen auch im heutigen Indien vertraut sind. Kerstin Gudermuth ergründet dabei nicht nur pluralistische Hindu-Vorstellungen von zwischengeschlechtlicher Liebe, sondern untersucht - in Abgrenzung zu den Idealen der ehelichen Liebe - die Ideale der außerehelichen Liebe und ihre Bedeutung im sozialen Alltag dargestellt werden. Die Autorin geht dabei der Frage nach, ob die Ideale der Liebe jenseits der Ehe, welche im Religiösen die wahre und göttliche Liebe versinnbildlichen, auch Vorbild für außereheliche Liebesbeziehungen im sozialen Miteinander sein können und sind. [mehr ...]

23. Januar 2006. Analysen: Indien | Wirtschaft & Soziales Queeres und lesbisches Engagement in Indien

Die strengen Moralvorstellungen in Indien spiegeln sich in einer rigiden Gesetzgebung wieder. Die Diskriminierung von Lesben und Schwulen geht zudem einher mit dem Mangel an Infrastruktur für queere Lebensformen. Immer mehr beginnen sich AktivistInnen dagegen zur Wehr zu setzen. Wie vielfältig die Identitäten jenseits der heterosexuellen Norm sein können, zeigt ein Streifzug durch das "queere Indien". [mehr ...]

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