Inhalt

05. August 2010. Rezensionen: Indien - Reise & Freizeit Chhattisgarh: Schatzkammer Indiens

Ein kulturhistorisches Reisebuch

Chhattisgarh zählt mit Uttarkhand und Jharkhand zu einem der jüngsten Staaten Indiens. Vielen dürfte dieser im östlichen Teil von Indien gelegene Unionsstaat nicht bekannt sein, denn bis 2000 zählte er noch zu Madhya Pradesh. Orte wie Delhi, Agra, Jaipur und Goa sind bekannter und begehrenswerter. Auch sind exklusive Reisen zu einzelnen Staaten Indiens eher die Seltenheit. Rüstau und Eichner offenbaren, dass doch gerade auch eine Reise nach Chhattisgarh kulturell, wenn nicht sogar, spannender sein kann.

Das vorliegende Buch ist keine Erzählung und kein Reiseführer im herkömmlichen Sinne. Es liegt irgendwo dazwischen, denn es schildert Orte, Landschaften, Menschen und Begebenheiten mit diesen Menschen. In der Tat macht die Lektüre des Buches Lust auf dieses Land, und es kann wie ein Führer eine solche Reise vorbereiten helfen.

Rüstau und Eichner haben das Land der "36 Festungen" auf drei großen Routen bereist: im Süden, vor allem dem ehemaligen Fürstenstaat Bastar (S. 44-115), im Zentrum, rund um die Hauptstadt Rajpur (S. 116-202) und im Norden. Hier zeichnen sie nun einzelne Orte und deren Sehenswürdigkeiten nach.

Cover Chhattisgarh - Schatzkammer Indiens
Cover von H. Rüstaus und K. Eichners Buch "Chhattisgarh: Schatzkammer Indiens" Foto: trafo Verlag

Die Autorinnen sind vor allem an den Religionen und Philosophien interessiert und verfügen auf diesen Gebieten über vielfältige Erfahrungen und Kenntnisse. Sie legen sowohl ihr Verständnis zum Hinduismus (S. 101) und dessen verschiedener religiöser Bewegungen (S. 231-252) dar, als auch teilen sie ihre neuen in Chhattisgarh gemachten Erfahrungen mit dem Leser. Dies macht ihre Beschreibungen von den Tempeln, religiösen Festen und Praktiken gerade so lebendig und nah. Eine Vielzahl von Fotos illustrieren diese Entdeckungen. Ihr analytischer Blick richtet sich dabei u. a. auf Fragen des Verhältnisses von Religion und Politik (S. 29, 37, 47, 52/53, 56, 66, 70). Da ist z. B. das Dashahara Fest in Bastar (S. 54-78), dass ihnen viele dieser Zusammenhänge offenlegte. Auch die archäologischen Ausgrabungen, wie in Malhar (S. 142-146) hielten einiges Überraschendes bereit. Darstellungen von sexuellen Praktiken an Tempeln sind weit verbreitet (S. 82, 157, 177-179). Die Ausführungen zum Lehrbuch der Proportionen in der Architektur sind ebenfalls interessant (S.134-135). Das wohl älteste Theater in der Welt haben beide in der Sita Bengra-Höhle im Berg bei Ramgarh gefunden (S. 187-190).

Ihre Besuche verschiedener Orte geben beide mit den vielen geführten Gesprächen wider. Sie trafen u. a. Stammesbewohner (Adivasi) (S. 47-50) und berichten von Bartergeschäften (S. 48). Auch geben sie ihre Eindrücke zu dem Konflikt mit den Naxaliten, der weiter an Schärfe gewonnen hat, und ihre Überlegungen zu seinen Ursachen wider (S. 107-108, 112). Sie lernten Chhattisgarh auch als Land des Bauxits und des Eisenerzes kennen und besuchten das Stahlwerk Bhilai (S. 258-266). Andererseits erlebten Rüstau und Eichner hier die reichen Naturparks (S. 272ff.), Wälder und atemberaubende Gebirgslandschaften.

In der Tat scheint Chhattisgarh, alle Widersprüche Indiens beispielhaft zu vereinen. Zeugnisse frühester Zeiten der Menschheit stoßen hier auf modernste Entwicklungen. In diesem Spannungsbogen gibt es "immer etwas zu entdecken" (S. 44). Eichner/Rüstau legen dies dar, lassen uns an diesen Entdeckungen teilhaben und ermuntern uns selbst diese Entwicklungen zu verstehen.

 

Chhattisgarh: Schatzkammer Indiens. Ein kulturhistorisches Reisebuch, von Hiltrud Rüstau, Katja Eichner; Zeichnungen von Imke Jörns; 341 Seiten; zahlr., überwiegend farb. Fotos, Register, Worterklärung; 2009 Trafo Literaturverlag, Berlin; ISBN 978-3-89626-555-5; 26,80 Euro.

Kommentare

Als registriertes Mitglied können Sie einen Kommentar zu diesem Beitrag verfassen.