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Am 22. Januar 1999 kamen 336 Menschen mit dem Schrecken davon: Eine aus Mumbai (Bombay) kommende Boeing 747-400 der Air India flog bei dichtem Nebel den Rhein-Main-Flughafen zu tief an und streifte beim Landeanflug die Positionslampen des Frankfurter Flughafens. Der Pilot konnte durchstarten und erst im zweiten Anlauf sicher landen. Bilanz dieses Ereignisses: ein geplatzter Reifen und hunderttausende DM Schaden für den Frankfurter Flughafen, weil über 1.000 Flüge umgeleitet und für längere Zeit eine Landebahn gesperrt werden musste.
Einige Monate nach diesem Ereignis zog sich die staatliche indische Luftfahrtgesellschaft nach vierzig Jahren Anwesenheit aus Frankfurt zurück. Knapp achtzig Arbeitsplätze gingen verloren, und Indien wurde von Frankfurt nur noch direkt von der Deutschen Lufthansa und der US-Amerikanischen Delta Air Lines bedient. Dies konnte man auch unmittelbar an den im Anschluss steigenden Flugpreisen spüren.
Aufgrund einer Flotte von nur 23 Flugzeugen – beachtet man den großen Anteil von im Ausland lebenden Indern, ist diese Zahl geradezu lächerlich klein – musste sich die Air India, die bilaterale Abkommen mit über 90 Nationen hat, auch aus weiteren Regionen zurückziehen und verlor damit ihren selbsterklärten Status als eine der führenden Fluglinien der Welt.
Nachdem die Delta Air Lines seit diesem Jahr aufgrund eines Abkommens mit der Air France Mumbai nur noch direkt von Paris aus anfliegt, blieb die Lufthansa der einzige Deutschland direkt anfliegende Akteur auf dem heiß umkämpften indischen Luftfahrtsmarkt. Da die Air India ihre bilateralen Rechte für die Strecke Frankfurt – Indien nicht nutzen konnte, gab sie im Gegenzug diese Rechte zum Teil im Rahmen eines Code Sharing Abkommens mit der Deutschen Lufthansa ab.
Seit dem 8. Dezember 2002 ist die Abstinenz der Air India aus Deutschland wieder Vergangenheit. Das indische Flaggschiff nimmt die Verbindungen nach Deutschland wieder auf und wird Frankfurt drei Mal wöchentlich aus Mumbai über Delhi anfliegen. Indische Medien feiern die Wiederaufnahme der Strecke als Trendwende zugunsten der Air India. Nach sechs Jahren massiver Verluste konnte die Air India 2002 wieder in die schwarzen Zahlen zurückfliegen. Das erwirtschaftete Geld wurde überwiegend genutzt, um Maschinen zu leasen, damit die Frequenz zu den bisher angeflogenen Zielen erhöht und die Anzahl der Flugziele erweitert werden kann. So wird unter anderem ab dem 3. Dezember 2002 ein neuer Service Mumbai – Paris – New Jersey in den Flugplan aufgenommen. Gerade dieses Ereignis nahmen indische Medien mit Freude auf. Nicht nur deshalb ist dieser Flug bereits jetzt über längere Zeit ausgebucht.
Außerdem kämpft die Air India gegen ihr Image, langsam in die Tage zu kommen. Der Komfort einiger Maschinen wird nach und nach erhöht. Ein Konzept zur Verbesserung des Services und des Unterhaltungsprogramms an Bord wird gerade entwickelt, frei nach dem Motto: mehr Beinfreiheit für die Economy-Klasse, Betten und DVD-Player für die First und Business-Klasse. Ebenfalls steht die Ausmusterung der ältesten Maschinen auf dem Programm. Am 30. November beschloss der Vorstand der Air India, 17 Langstreckenflieger mit 250 bis 300 Sitzen in den nächsten fünf Jahren zu erwerben. Darüber hinaus soll eine identische Anzahl von Kurzstreckenmaschinen dazukommen, um die Zahl der Zubringerflüge zu den Hauptflughäfen Delhi und Mumbai zu erhöhen. Damit wird das Ziel der Air India, ihre Flotte zu verjüngen und sich mit den international führenden Airlines wie der Singapore Airlines, der British Airways und der Deutschen Lufthansa zu messen, umgesetzt.
Mittelfristig hofft man, sich einer der führenden Allianzen im globalen Luftmarkt anschließen zu können und somit einen größeren Anteil am hart umkämpfen Flugmarkt zu erlangen. Seit einiger Zeit war eine Entscheidung über die Flottenerweiterung mit Spannung erwartet worden. Die Hauptfrage war, wer den Zuschlag für das Milliarden Euro schwere Geschäft bekommt. Boeing oder Airbus? In Indien werden solche Entscheidungen weniger aus ökonomischen und praktischen Gründen als aus politischen Gründen gefällt. Die Lobbyarbeit der europäischen Staaten und der USA hat in letzter Zeit massiv zugenommen, zumal die Luftfahrtindustrie seit dem 11. September 2001 eine große Rezension durchmacht und sich beide Flugzeughersteller durch einen Auftrag in dieser Dimension neuen Aufschwung erhoffen. Letztendlich hieß es: "And the winner is: Airbus and Boeing!" Die indische Regierung hat sich entschlossen, die Bestellung zu teilen, offenbar um keine der beiden Seiten zu verärgern. Wie viele Maschinen vom Airbus A340-300 bzw. von der Boeing 777-200ER gekauft werden, wird noch erörtert. Beide Typen sind in der Lage, nonstop von Indien in die USA zu fliegen. Eine Direktverbindung dieser Art wäre ein Novum und würde der Air India helfen, neue Maßstäbe zu setzen.
Für die kommenden Jahre sind einschneidende Reformen angekündigt: Die Privatisierung der Air India, über welche schon seit Jahren diskutiert wird, steht an. Ein ganz neues Streckennetz soll entworfen werden. Und letztendlich wird über eine Fusion mit der ebenfalls sich im staatlichen Besitz befindenden Indian Airlines nachgedacht, um einen einheitlichen Flugplan mit mehr Verbindungen anbieten zu können und zu verhindern, dass sich beide unnötig Konkurrenz machen.
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