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15. Februar 2004. Nachrichten: Politik & Recht - Indien Budget mit Blick auf die Wahlen

Geteiltes Echo in Indien auf vorläufigen Etat

Indiens Finanzminister Jaswant Singh legte dem Parlament am Dienstag ein provisorisches Budget vor, das ganz im Zeichen der in diesem Frühjahr stattfindenden Wahlen steht. Erst danach wird die neue Regierung dann endgültig den Staatshaushalt 2004/05 unterbreiten.

Der Staatshaushalt ist Teil der Wahlstrategie der Nationalen Demokratischen Allianz, in der die Indische Volkspartei (BJP) von Premier Atal Bihari Vajpayee den Ton angibt. In den letzten Wochen gab es bereits eine Fülle von Steuererleichterungen, Senkungen von Zöllen, vergünstigte Verkehrstarife bei der Bahn und andere vor allem für die Reichen gedachte Maßnahmen zur Entwicklung von Infrastruktur und Telekommunikation. Diese sollen das "Wohlfühlen" der Wohlhabenden, so ein Slogan der Regierung, zum entscheidenden Faktor für die Wahl machen.

Minister Singhs Haushaltsplan setzt diesen Kurs fort. Unter anderem enthält er eine Zusammenlegung von Teuerungszulagen und erhöhten Grundgehältern für die Angestellten des zentralen Staatsapparates, neue Zollfreigrenzen und Zollsenkungen, Steuerbefreiungen für bestimmte ausländische Firmen, die in Indien investieren, sowie eine Anzahl von Versprechungen für den Normalverbraucher, darunter Zuwendungen für fünf Millionen unter der Armutsgrenze lebende Familien in ländlichen Gebieten, niedrig verzinste Kredite für Bauern, "Spezialpakete" zur Wiederbelebung der Zucker- und Teeiýndustrie sowie neue Systeme zur stabilen Versorgung der großen Städte mit Trinkwasser. Den Streitkräften wird eine Konzession gemacht: Sie erhalten den von ihnen seit langem geforderten, auf 250 Milliarden Rupien (4,5 Milliarden Euro) veranschlagten "Modernisierungsfonds".

Während die regierenden Parteien ihrem Minister zu einem "exzellenten Budget" gratulierten und auch die Industriellen mit Lob nicht geizten, sprachen Opposition und Gewerkschaften von einem "verantwortungslosen Wahlmanöver". Die Kongresspartei kritisierte besonders scharf, dass das größte aktuelle Problem, die Arbeitslosigkeit, überhaupt nicht berücksichtigt wird. Die Senkung des Defizits – ursprünglich waren 5,6 Prozent geplant – sei nicht Ergebnis eines besseren finanziellen Managements, sondern allein einer sehr guten Monsun-Saison. Die KP Indiens verurteilt den "unethischen Kurs, Wahlköder in Raten auszulegen". Das Minibudget sei eine solche Rate. Der Allindische Gewerkschaftskongress beschreibt den Etat als Absichtserklärung mit Blick auf die Parlamentswahlen ohne Schritte gegen Massenarmut und Arbeitslosigkeit. Das provisorische Budget enthalte auch keinerlei Beitrag zu dem viel gepriesenen geplanten Sozialversicherungssystem für den so genannten unorganisierten Wirtschaftssektor. Keine zusätzlichen Fonds für die Verbesserung der sozialen Infrastruktur seien vorgesehen.

Quelle: Der Beitrag erschien am 11. Februar 2004 in der Tageszeitung "Neues Deutschland".

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