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13. Mai 2004. Nachrichten: Indien - Politik & Recht Absturz eines "Modernisierers"

Debakel für Chandrababu Naidu bei den Landtagswahlen in Andhra Pradesh

Bei den Wahlen zum Parlament des südostindischen Unionsstaates Andhra Pradesh erlebten Chefminister Chandrababu Naidu und seine Telugu Desam Party ein Debakel. Am Mittwoch trat er von seinem Amt zurück.

Chandrababu Naidu war der Liebling in- und ausländischer Medien, wurde mitunter als künftiger Premier Indiens porträtiert, galt als Modernisierer, Reformer sowie Promoter der Informationstechnologie in Hyderabad, das bald nur noch als "Cyberabad" apostrophiert wurde. Er war ein gern gesehener Besucher in westlichen Metropolen, der es verstand, Auslandskapital nach Andhra Pradesh zu locken.

Naidu träumte davon, seinen Unionsstaat zum "Singapur Indiens" zu machen und bemühte sich, den Formel-1-Zirkus nach Indien zu holen. Darüber vergaß er die elementaren Sorgen und Nöte seiner Landsleute. Sein ökonomisches Modell, voll unterstützt von der Indischen Volkspartei (BJP), deren Nationaler Demokratischer Allianz er mit seinen 35 Abgeordneten im Zentralparlament von Delhi tatkräftig assistierte, vertiefte die Kluft zwischen Reichen und Armen. Die Quittung: Im 294 Abgeordnete zählenden lokalen Parlament hat seine Partei nur noch 49 Sitze.

Überraschend klarer Sieger ist die Kongresspartei. Sie erhielt 185 Sitze, ihre Verbündeten von der Telengana Rashtra Samiti, die für einen eigenen Unionsstaat Telengana kämpfen, 26 Sitze und die KPI (Marxistisch) neun sowie die KPI sechs Sitze. Die Kommunisten haben damit ihr Ergebnis gegenüber den letzten Wahlen um 12 Mandate verbessert.

Ob die Kongresspartei in Andhra Pradesh ihre Versprechungen (beispielsweise kostenlose Elektrizität für die Bauern Farmer) erfüllen kann, wird sich zeigen. Von aktuellem Interesse jedoch ist, wie die Wahlen in Andhra mit den gesamtindischen Parlamentswahlen, deren Auszählung heute stattfindet, in Verbindung zu bringen sind. Deuten sie einen Umbruch an? Kehrt die Kongresspartei im Triumph an die Regierung zurück? Sonia Gandhi ist optimistisch: Die Wachablösung sei unvermeidlich.

Quelle: Der Beitrag erschien am 13. Mai 2004 in der Tageszeitung "Neues Deutschland".

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