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31. Mai 2001. Nachrichten: Politik & Recht - Sri Lanka Friedensgespräche in der Sackgasse

Erneute Eskalation des Bürgerkriegs in Sri Lanka

Unmittelbar nach der Aufkündigung des einseitigen Waffenstillstands durch die Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) am 23. April 2001 eröffnete die Regierung Sri Lankas eine Offensive gegen die Stellungen der separatistischen Organisation, die die Halbinsel Jaffna kontrolliert.

Bei der viertägigen Schlacht ohne Geländegewinne starben nach unterschiedlichen Angaben zwischen 300 und 700 Menschen, mehrere tausend wurden vor allem durch Landminen schwer verletzt. Nach dieser erneuten Eskalation des nunmehr 18-jährigen Bürgerkrieges sind die zweijährigen Vermittlungsbemühungen der Regierung Norwegens vorerst gescheitert. Dennoch nahm ihr Unterhändler Eric Solheim die Gespräche mit beiden Seiten wieder auf. Eine Presseerklärung vom 10. Mai, die eine Einigung über die Vorbedingungen für direkte Friedensverhandlungen meldete, erwies sich jedoch als verfrüht: Am 31. Mai gab die sri-lankische Regierung bekannt, die Gespräche seien zu einem völligen Stillstand gekommen.

Die LTTE hatten am späten Abend des 23. April ihren zu Weihnachten 2000 einseitig ausgerufenen Waffenstillstand für beendet erklärt, da die Regierung trotz dreimaliger Verlängerung die Waffenruhe nicht erwidert habe. Mitte April war es - wie schon in den Monaten zuvor - zu kleineren Gefechten gekommen, bei denen die LTTE diesmal allerdings ernsthafte Verluste erlitten haben soll. Viele ihrer Feldkommandeure hätten deshalb gefordert, wieder selbst Offensiven zu starten. Die indische Zeitschrift Frontline vermutet allerdings, dass vor allem die Befürchtung, die Regierung würde mit jedem Monat der Ruhe ihr Waffenarsenal aufstocken, die LTTE-Führung um V. Prabakaran zur Aufkündigung des Waffenstillstands bewogen habe. Die Streitkräfte Sri Lankas hatten im vergangenen Jahr massiv aufgerüstet. Kriegsgerät war unter anderem von Israel und der Ukraine gekauft worden, von Pakistan kürzlich auch Bombenwerfer. Die LTTE war dagegen immer mehr in internationale Isolierung geraten, was ihr die Anschaffung ausgefeilter Waffensysteme erschwert. Der Waffenstillstand war ein Versuch, erneut die Sympathie ausländischer Regierungen und der internationalen Öffentlichkeit zu gewinnen. Daneben soll Prabakaran die Zeit genutzt haben, seine Kader neu zu organisieren.

Am Morgen des 24. April, nur wenige Stunden nach dem Ende der Waffenruhe, griffen zwei Elitedivisionen der sri-lankischen Armee den Elephanta-Pass, die einzige Landverbindung zwischen dem Hauptteil der Insel und der Halbinsel Jaffna im äußersten Norden, an. Trotz unzähliger Artillerie- und Luftangriffe gelang es ihnen nicht, die Bunker der LTTE zu zerstören. Von den später angreifenden Truppen wurden mehrere hundert Soldaten erschossen oder von Landminen zerfetzt, Tausende wurden verletzt. Am 28. Mai beendete die Armeeführung die gescheiterte Offensive.

Nachdem die Regierungen Indiens, der USA und Kanadas die erneute Eskalation scharf verurteilt hatten, kehrte der norwegische Unterhändler Eric Solheim am 30. April erneut zu Gesprächen nach Colombo zurück. Nach einem Treffen des Nationalen Sicherheitsrates Sri Lankas, dem Mitglieder von Regierung und Armeeführung angehören, wurde bekannt gegeben, neue Friedensverhandlungen durch die Ausrufung einer Waffenruhe erleichtern zu wollen. Dabei dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass die Regierung nach dem gescheiterten Großangriff nicht nur unter dem Druck der in der Regierung vertretenen gemäßigten tamilischen Parteien sondern auch der singhalesischen Öffentlichkeit steht, und dass ihr für weitere Offensiven derzeit die Kraft fehlt. Die LTTE erklärte im Anschluss, nur einem offiziell ausgerufenen, nicht zeitlich begrenzten und nach zu vereinbarenden Kriterien überwachten Waffenstillstand zuzustimmen. Daneben beharrte sie auf ihren Vorbedingungen zur Aufnahme eines direkten Dialogs mit der Regierung. Bei diesen von der Regierung bisher strikt abgelehnten Bedingungen handelt es sich vor allem um die Aufhebung des Verbots der LTTE und des Embargos der von ihr kontrollierten Gebiete.

Am 10. Mai erklärte die Regierung jedoch überraschend, ein Brief der LTTE-Führung an Solheim habe eine Einigung in verschiedenen Punkten festgestellt und ihn aufgefordert, diese Punkte in einem Dokument niederzulegen. Die Regierung erklärte, Gespräche könnten auf dieser Basis beginnen. Daraufhin erklärte die LTTE, eine solche Einigung sei nicht erreicht worden. Die Pressemitteilung sei nur ein Trick der Regierung gewesen, um sich die weitere Unterstützung der tamilischen Parteien zu erhalten. Am 31. Mai erklärte die Regierung schließlich, die Gespräche seien zum Stillstand gekommen. Wichtigster Streitpunkt sei die Aufhebung des Verbots der LTTE, die von der Regierung keinesfalls vor der Aufnahme von Gesprächen erklärt werde.

Eric Solheim erklärte, eine Einigung über die Bedingungen für direkte Gespräche sei noch immer möglich. Aber die massive Aufrüstung und die zunehmende Aggressivität der Aussagen beider Seiten lassen einen gewaltsamen Sommer im Norden Sri Lankas befürchten.

Quellen

  • N. Subramaniam: Starting all over again, in: Frontline, Vol.18, No.10, 12. - 25. Mai 2001
  • D.B.S. Jeyaraj: Peace prospects, again, in: Frontline, Vol.18, No.11, 26. Mai - 8. Juni 2001
  • Sri Lanka talks "deadlocked", in: BBC News, 31.5.2001

 

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