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Trotz ihrer Feuerpause hat die indische Regierung nicht klar erklärt, unter welchen Bedingungen sie mit wem verhandeln würde. Auch die Berufung Krishna Chandra Pants zum neuen indischen Unterhändler im April wird von Beobachtern als Farce betrachtet: K.C. Pant sei wohl eher "altgedienter Politiker denn kompetenter Mann mit Kaschmir-Erfahrung" (NZZ). Das Mandat Pants sieht vor, mit allen an einem Frieden in Kaschmir interessierten Gruppen Kontakte zu knüpfen.
Mit der Ernennung Pants ließ New Delhi vier Monate auf sich warten. Dieser lange Zeitraum bewirkte vor allem eine Desillusionierung im Volk und eine wachsende Verbitterung in der indischen Armee. Die oft blindwütige Brutalität der Soldaten hat die Bevölkerung in den letzten dreizehn Jahren des bewaffneten Konflikts weitgehend von Indien entfremdet.
Wie der Vorsitzende der All-Party Hurriyat Conference (APHC), Abdul Gani Bhat, erklärte, sei Indien scheinbar nicht das Ziel der Gespräche bewusst. Die APHC ist ein Bündnis von über 20 anti-indischen politischen Gruppen in Kashmir, das zudem über Verbindungen zum bewaffneten Widerstand und nach Pakistan verfügt. Das seit Monaten geforderte Treffen zwischen Vertretern Pakistans und der Hurriyat wird von den indischen Behörden verzögert, die nicht allen Mitgliedern die notwendigen Ausreisedokumente ausstellen.
Die indische Regierung betrachtet Kashmir als interne Angelegenheit, daher lehnen Teile der Koalition jegliche Vermittlungsangebote an Pakistan ab. Indien macht ein Ende des "grenzübergreifenden Terrorismus" zur Bedingung für Friedensgespräche. Doch auch die Hurriyat wies am 26. April die Einladung des Unterhändlers Pant zu Gesprächen zurück. Selbst weniger radikale Gruppen äußerten den Verdacht, die Einbeziehung aller möglichen interessierten Gruppen solle nur, wie schon häufiger zuvor, einen Zeitgewinn für die Regierung in New Delhi bewirken. Es scheint, als diene die Waffenruhe dem Zweck, die Hurriyat zu spalten, deren Führer mehr als andere den Anspruch erheben können, die kashmirische Bevölkerung zu vertreten. Hurriyat-Führer, die Verhandlungsbereitschaft signalisiert hatten, wurden von Hardlinern als Verräter gebrandmarkt. Das stellten Attentatsversuchen der Mujahidin-e-Haq und Al-Kisas am 23. April unter Beweis.
Die Ablehnung eines Treffens mit Hurriyat-Vertretern durch UN-Generalsekretär Kofi Annan signalisierte, daß die UN keine Lösungsrolle für sich sieht, und ließ offen, inwieweit sie die Hurriyat als legitime Gesprächspartnerin anerkennt. Die bewaffneten Gruppierungen sind sich ebenfalls uneins. Ein Führer der Hizbul Mujahideen rief alle Kämpfer zu einer Feuerpause auf. Die Lashkar-e-Toiba versucht hingegen seit einigen Monaten durch systematische Angriffe auf Armee und Polizei, eine Verständigung zu verhindern.
Ministerpräsident Farooq Abdullah kann dies nur recht sein. Seine National Conference ist in der Zentralregierung vertreten und konnte die Wahlen im Bundesstaat wohl nur wegen des Wahlboykotts anderer Parteien gewinnen. Eine Annäherung zwischen New Delhi und der Hurriyat könnte Abdullahs Ende bedeuten. So sehen Kommentatoren keinen Zufall darin, daß es seit der Waffenruhe verstärkt zu Todesfällen in Polizeihaft kam. In New Delhi scheint umstritten zu sein, was Indien den Menschen Kashmirs und der pakistanischen Regierung anbieten kann. Vielen Regierungsmitgliedern ist schon Kashmirs verfassungsmäßiger Sonderstatus unerträglich.
Pakistans Nationalismus und die Dominanz der Armee speisen sich aus der Rivalität mit Indien, die obendrein von der Innenpolitik ablenkt. Während die Militärs ein Interesse am Bürgerkrieg in Kashmir haben, hängt das Land finanziell am Tropf der Weltbank. Zwischen deren Auflagen und dem innenpolitischen Druck der Islamisten bleibt der Spielraum für Militärmachthaber Pervez Musharraf begrenzt. Weder ein Plebiszit noch eine vollständige Souveränität Kashmirs akzeptiert die Indische Union als Verhandlungsgrundlage. Doch auch die einvernehmliche Festlegung der Waffenstillstandslinie als internationale Grenze ist für Pakistan keine Option.
Eine Erweiterung der Autonomie Kashmirs ist kaum mehr möglich, da die bestehende Regelung nahezu alle verfassungsrechtlichen Möglichkeiten ausschöpft. Ein Ausweg sei laut eines Kommentars der Zeitschrift Economic and Political Weekly eine Rückkehr zu den UN-Resolutionen von 1948, die ein Plebiszit im indischen und pakistanischen Teil vorsehen und den Verlust Kashmirs für beide Seiten bedeuten könnte. Das Plebiszit könnte den beiden Regierunegen schmackhaft gemacht werden, indem Jammu und Ladakh fest in den indischen Staatsverband und die Northern Areas in das pakistanische Gebiet integriert würden. Das freie Kashmir würde aus einem Rumpfstaat bestehen, der das Einzugsgebiet des Jhelum-Flusses auf beiden Seiten der Waffenstillstandslinie umfasst.
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