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Nach intensiver Vermittlung Norwegens hatten Premierminister Ranil Wickremasinghe und LTTE-Führer Villupilai Prabhakaran am 21. und 22. Februar das sogenannte Memorandum of Understanding unterzeichnet, das Ausgangspunkt für direkte Gespräche zur Beendigung des seit 1983 andauernden Bürgerkriegs sein soll. Die Waffenruhe trat am 24. Februar formell in Kraft.
Neben dem Verzicht auf militärische Gewalt sieht das Abkommen auch Maßnahmen zur Truppenentflechtung, die Entwaffnung "paramilitärischer" tamilischer Gruppen und vertrauensbildende Maßnahmen vor, wie z.B. ein Ende der Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung und der Angriffe auf Orte des Glaubens. Außerdem sollen der Handel zwischen dem von der LTTE kontrollierten Teil und dem Rest der Insel nach Jahren der Blockade durch Colombo wiederaufgenommen und mehrere Verkehrsverbindungen geöffnet werden. Überwacht wird der Waffenstillstand von der Sri Lanka Monitoring Mission (SLMM), eine Beobachterkommission skandinavischer Staaten unter Leitung Norwegens. Kopf der Mission ist der norwegische Generalmajor a.D. Trond Furuhovde, der in dieser Funktion das letzte Wort bei der Interpretation des Waffenstillstandsabkommens hat. Ergänzt durch lokale Beobachterkomitees, die mit Regierungs- und LTTE-Vertreter paritätisch besetzt sind, ist die SLMM in sechs von insgesamt 25 Distrikten präsent.
Möglich wurde der überraschende Waffenstillstand durch den Sieg von Wickremasinghes United National Party (UNP) bei den Parlamentswahlen Ende 2001. Wickremasinghe setzte bereits kurz nach der Vereidigung durch Präsidentin Kumaratunga auf Entspannung: Noch im Dezember rief die neue Regierung einen einmonatigen Waffenstillstand aus. Im Januar folgte die Lockerung der Wirtschaftsblockade gegen die LTTE-Gebiete, norwegische Diplomaten nahmen ihre Vermittlungsbemühungen wieder auf, und trotz der politischen Rivalität mit Wickremasinghe unterstützte auch die Präsidentin die Friedensinitiative.
Angesichts der schwersten Wirtschaftskrise seit der Unabhängigkeit scheint sich bei führenden Politikern in Colombo die Erkenntnis durchgesetzt zu haben, dass der Krieg gegen die LTTE nicht zu gewinnen ist: Weit über 60.000 Menschenleben forderte der Konflikt seit 1983. Nach Angaben des UNHCR leben mehr als 700.000 Binnenflüchtlinge in Sri Lanka. Etwa zwei Prozent der Landesfläche sind mit Minen verseucht, denen durchschnittlich zehn Menschen pro Monat zum Opfer fallen. Ein Fünftel der Staatsausgaben fließt direkt an das Militär. Der verheerende Überfall eines LTTE-Selbstmordkommandos auf den Flughafen von Colombo vom Juli 2001 traf in das Herz der Tourismusindustrie, die zu den wichtigsten Devisenquellen Sri Lankas zählt. Er beschleunigte die sich bereits in der ersten Jahreshälfte abzeichnende Rezession. Zum Jahresende warnte der Finanzminister vor der wachsenden Staatsverschuldung, die kaum noch Raum für entwicklungs- und sozialpolitische Maßnahmen lasse.
Aber auch die autoritär geführten Tigers gerieten im vergangenen Jahr stärker unter Druck. Im Februar 2001 folgte Großbritannien den USA und Indien, wo die LTTE als "terroristische Organisation" verboten ist, und schloss ihr Londoner Büro, das bis dahin als Knoten eines Netzwerkes, das unter der tamilischen Diaspora Geld sammelt und erpresst. Das staatsnahe indische Institute für Conflict Management geht davon aus, dass auf diese Weise allein bei den in Deutschland lebenden Tamilen jährlich 40 Millionen DM "Kriegssteuern" eingetrieben wurden. Die sich Anfang 2001 abzeichnende Krise der kriegsökonomischen Infrastruktur der LTTE gipfelte in der Verabschiedung von Anti-Terror-Gesetzen, die dem 11. September in zahlreichen Ländern folgte. Auch wenn die Tamil Tigers nicht im Zentrum des Interesses westlicher Fahnder stehen, dürfte das weltweite Sammeln und der Transfer von Geld für den Krieg in der Heimat wesentlich schwieriger geworden sein.
Doch der Weg zum Frieden dürfte steinig sein. Nach Jahren brutaler Kriegführung, alltäglichen Menschenrechtsverletzungen und massiver Propaganda auf beiden Seiten sind die Widerstände gegen den Waffenstillstand groß: Präsidentin Kumaratunga, nach der Wahlniederlage des von ihr geführten Parteienbündnisses zu einer unfreiwilligen Kohabitation mit Premierminister Wickremasinghe gezwungen, kritisierte die Vereinbarung trotz ihres grundsätzlichen Interesses an einem Ende des Krieges noch am Tag der Unterzeichnung. In Anspielung auf die Kontrolllinie, deren Verlauf in letzter Instanz von dem norwegischen Leiter der Beobachterkommission bestimmt wird, bemerkte sie bissig: "Ich war mir nicht bewusst, dass die Natur des Mandates der norwegischen Regierung sich dahingehend geändert hat, dass es inkompatibel mit der Souveränität Sri Lankas ist." Noch einen Schritt weiter ging die chauvinistische Janatha Vimukthi Peramuna, immerhin drittstärkste Partei, als sie erklärte, dass der Waffenstillstand die Insel zu einer "norwegischen Kolonie" gemacht habe.
Auch die wahren Absichten der LTTE bleiben unklar. Noch am Tag vor Inkrafttreten des Waffenstillstandes kam es beim Versuch der Marine, Schiffe vor der Nordküste zu stoppen, um sie nach Waffen zu durchsuchen, zu einem schweren Gefecht. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Tigers einen Waffenstillstand nutzen, um in Ruhe aufzurüsten und ihre Truppen neu zu ordnen. Ein schlechtes Omen sind auch Berichte, nach denen die LTTE, die für ihren Einsatz von Kindersoldaten berüchtigt ist, trotz der Feuerpause fortfuhr, in den von ihr kontrollierten Gebiete Jugendliche zu rekrutieren. Darüber hinaus fürchten Beobachter, dass die LTTE, die im Laufe des Krieges nahezu alle rivalisierenden tamilischen Gruppen ausgeschaltet hat, dass der Alleinvertretungsanspruch der faschistoiden Kaderorganisation durch den Waffenstillstand gestärkt werden könnte. Die wenigen gemäßigten tamilischen Parteien, die im Nordosten noch mit Unterstützung Colombos aktiv waren, fürchten ihre im Waffenstillstand vorgesehene Entwaffnung, da sie sich dann schutzlos der LTTE ausgeliefert sehen.
Noch hat sich die LTTE nicht von ihrem Ziel der Gründung eines Tamilen-Staates "Eelam" verabschiedet. In Erinnerung bleibt auch die Blockade-Politik von Wickremasinghe, als Präsidentin Kumaratunga in den vergangenen Legislaturperioden vergeblich versuchte, im Parlament eine Mehrheit für ihre Verfassungsreform zu finden, die den Tamilen-Gebieten weitgehende Autonomie bringen sollte. Die Nagelprobe für die Waffenruhe steht also noch bevor, wenn sich die verfeindeten Parteien zu Friedensverhandlungen an den Tisch setzen. Einen Zeitplan sieht das jüngst unterzeichnete Abkommen nicht vor, und selbst der Premierminister schien skeptisch, als er nach der Unterzeichnung des Dokumentes bemerkte: "Das Schweigen der Waffen ist kein Frieden."
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