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04. Dezember 2005. Interviews: Natur & Umwelt - Südasien Warum Spenden ohne Stichwort?

Petra Meyer leitet die Medienarbeit der deutschen Sektion von Ärzte ohne Grenzen. Nils Floreck sprach mit der Journalistin über die Hilfe für die von der verheerenden Flutkatastrophe betroffenen Regionen in Süd- und Südostasien.

Nachrichtenagenturen berichten, dass es in den von der Flut betroffenen Gebieten vor allem Logistikprobleme gibt. Können Sie das bestätigen?
Die Infrastruktur ist komplett zusammengebrochen. Die Straßen sind noch nicht geräumt. Zum Teil sind auch die Straßen selbst weggespült worden. In verschiedenen Ortschaften der West- und Ostküste Sumatras ist es sogar für Helikopter schwierig, zu landen. Den Kollegen von Ärzte ohne Grenzen ist es aber trotzdem gelungen, mehr als 80 Tonnen Hilfsgüter nach Banda Aceh im Nordosten Sumatras zu bringen.
Würden Sie bei den Hilfsaktionen eine UN-Koordination sinnvoll finden?
Normalerweise übernimmt die UN in großen Krisengebieten die Koordinierung. Ärzte ohne Grenzen hat in den ersten Tagen verstärkt mit den Ärzten der Welt und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz zusammengearbeitet. Wir versuchen immer, vor Ort mit anderen Hilfsorganisationen zu kooperieren.
Wo helfen Sie konkret?
In Banda Aceh haben wir zur Zeit drei mobile Kliniken. Dort werden verwundete und kranke Menschen behandelt. In erster Linie geht es um Atemwegserkrankungen, teilweise um Hauterkrankungen, die sich daraus ergeben, dass die Menschen auf sehr engem Raum unter prekären sanitären Verhältnissen miteinander leben. Es gibt auch kleinere Wunden, die sich entzündet haben, und erste Durchfallerkrankungen. Cholerafälle können wir nicht bestätigen. Darüber hinaus haben wir vier Teams, die mit Helikoptern die Küste abfliegen, um kleine Orte zu erkunden.
Was sollen Menschen spenden, die helfen wollen?
Wir bitten um Geldspenden. Ärzte ohne Grenzen nimmt keine Sachspenden an, weil Privatspenden von Medikamenten mehr Probleme aufwerfen, als sie lösen.
Wie viele Spenden haben Sie in den letzten Tagen bekommen?
Die Spendenbereitschaft der deutschen Bevölkerung ist überwältigend gewesen. Die deutsche Sektion von Ärzte ohne Grenzen hat in den ersten fünf Tagen dieser Katastrophe bis Silvester 10,5 Millionen Euro eingenommen. Das ist mehr als die Hälfte des Jahreseinkommens 2003. Deswegen bitten wir die Spender, ab sofort von Stichwortspenden abzusehen. So können wir sicherstellen, dass das Geld dort eingesetzt wird, wo es am dringendsten benötigt wird.

Bei Stichwortspenden schreiben die Spender Seebeben oder Indonesien oder Südostasien auf die Spendenüberweisung. Damit sind wir als Ärzte ohne Grenzen verpflichtet, das Geld dort auch auszugeben. Das tun und wollen wir natürlich auch. Da wir aber nicht sagen können, wie viel Geld im gesamten internationalen Netzwerk von Ärzte ohne Grenzen in den kommenden Wochen eingehen wird, bitten wir seit Donnerstag letzter Woche darum, auf die Überweisungen kein Stichwort zu schreiben. Dann können wir das Geld, falls es über den Bedarf für Indonesien hinausgeht, später auch für andere Krisenregionen einsetzen.
Doch im Augenblick scheint der Bedarf in Südostasien ja täglich zu wachsen ...
Entscheidend für die Verwendung der Spenden ist das Mandat einer Hilfsorganisation. Ärzte ohne Grenzen ist eine medizinische Nothilfeorganisation. Wir leisten also medizinische Versorgung in der ersten akuten Phase. Wir sind beispielsweise nicht für den Wiederaufbau von großen Krankenhäusern oder den Ankauf von hochwertigen technischen Geräten zuständig.

Quelle: Quelle: Das Interview erschien am 4. Dezember 2005 in der Tageszeitung "Neues Deutschland".

Dieser Beitrag gehört zum Schwerpunkt: Der Tsunami im Indischen Ozean .

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