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16. September 2005. Analysen: Politik & Recht - Indien Million Voices Campaign

Kampagne zur Entkriminalisierung von Homosexualität in Indien

Der Zusammenschluss Voices against 377 startet eine Kampagne zur Abschaffung der Section 377 des Indian Penal Code, die Homosexualität kriminalisiert.

Delhi, 9. Dezember 2004. Voices against 377 organisiert seine Auftaktveranstaltung der "Million Voices Campaign" in Dilli Haat. Schon am Eingang zu dem Marktkomplex wird die Veranstaltung mit Plakaten angekündigt. Vor mir an der Kasse stehen zwei Frauen, unterhalten sich über das Plakat und finden eine Veranstaltung zu "gender und sexuality" interessant. Die Plakate führen mich dann auf dem Gelände direkt zur Bühne. Das Programm hat noch nicht begonnen, die Stuhlreihen sind noch leer, auf der Bühne geschieht noch nichts.

So zieht es mich zur Ausstellung Jagah vom Nigah Media Collective. Sophia, eine der Organisatorinnen erklärt mir, dass sie nur etwa ein Viertel der eigentlichen Ausstellung aufgebaut haben. Da Dilli Hat ein staatlicher Ort ist, haben sie die Ausstellung zu (Homo-)Sexualität etwas entschärft. Sie zeigen Fotos, Gedichte, Zeitungen - eine Kollage von Assoziationen rund um heteronormative Sexualität und Abweichungen. Die kurzhaarige Sophia ist genervt. Sie wurde gerade von ein paar Männern aus Kerala auf die Ausstellung angesprochen. Als die dann erfahren, dass auch Sophia aus Kerala ist, beschimpfen sie sie. Eine Frau aus Kerala schneide sich ihre Haare nicht ab.

Es sind etwa 70 Leute da, die meisten davon Bekannte aus der queeren Bewegung bzw. von Voices against 377. Ponni vom Nigah Media Collective ist meine Hauptansprechpartnerin. Sie sagt mir wen ich fotografieren kann, wer out ist. Sie erzählt mir, dass alle queeren Aktivisten und Aktivistinnen aus Delhi da sind - zumindest all die, die nicht gerade auf einer Konferenz zu Section 377 des Indian Penal Code in Bangalore sind.

Pramada von der Frauenrechtsorganisation CREA führt durch das Programm. Nachdem einige Gedichte vorgetragen wurden, liest die Schriftstellerin Anita Rakhesh etwas auf Hindi vor. Sie hat einen schwulen Sohn und beteiligt sich deshalb an der Kampagne. Sie verlangt, dass die Gesellschaft Homosexuelle akzeptiert. Sie hätten sich nicht dazu entschlossen homosexuell zu werden, sondern seien es durch Zufall geworden. Neben mir regt sich leichter Widerstand. "That is a problem with too many voices", sagt Ponni. Der Beitrag von Anita Rakhesh ist ihr zu sehr durch eine heteronormative Sichtweise geprägt, konzentriert sich zu sehr auf Probleme und das harte Leben Homosexueller.

Nun kommt der musikalische Teil des Programms. Die Sängerin Vidya Shah tritt mit mehreren Musikern auf. Sie ist eigentlich eine klassische Sängerin, an diesem Abend versucht sie das erste Mal eine Fusion von Ghazals und Asian Underground. Sie möchte Neues ausprobieren. Die Stuhlreihen sind mittlerweile weiter aufgefüllt und hinter ihnen stehen bei der Musik etwa 50 Zuhörer und Zuhörerinnen. Die Sängerin kommt sehr gut an. Ponni erklärt mir, dass sie von Leidenschaft singt.

Nach dem Bühnenprogramm kommt es zum eigentlichen Auftakt der Kampagne "Million Voices". Ziel ist es innerhalb eines Jahres eine Millionen Stimmen zu Sexualität und die Section 377 zu sammeln. Voices against 377 will indienweit vergleichbare Veranstaltungen durchführen und jeweils auf Stoffbahnen Stimmen sammeln. Diese sollen dann zusammengenäht und bei öffentlichen Aktionen, bei Demonstrationen und vor Gericht benutzt werden. Die Organisatorinnen und Organisatoren verteilen Stoffe und Stifte. Erst zögerlich, dann aber doch immer mehr aus den Organisationen und dem Publikum kommen vor und äußern sich schriftlich. Die Stimmen sind sehr gemischt. Auch ich beteilige mich mit "What is the problem? Love is love.". Mario stimmt mir zu und schwärmt von dem deutschen Film "Aimee und Jaguar", der auf einem Filmfestival gezeigt wurde. Dort sei genau das gezeigt worden: "Liebe ist Liebe".

Der Auftakt ist gelungen, das Programm ist angekommen und mehr als 50 Stimmen konnten gesammelt werden. Alle sind zufrieden und essen noch etwas gemeinsam an einem der vielen Stände in Dilli Haat.

Dieser Beitrag gehört zum Schwerpunkt: Queer South Asia .

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