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Nach dem Hauptgang mit dem Titel "Am Schrein des roten Sufi" desselben Autors erschien Ende letzten Jahres im schweizerischen Waldgut Verlag die literarische Nachspeise, in der Frembgen nun in fünf Kapiteln (Musiknächte in der Wildnis; Die Musikzimmer von Lahore; Trancerhythmen am Schrein von Schah Dschamal; Mit Sufi-Brüdern auf Pilgerfahrt zu Baba Farid; Die Stimmen der Fakire am Hof des Königs) musikalische Erlebnisse in Pakistan schildert.
Der Ablauf ist dabei derselbe wie im vorangegangenen Buch: Frembgen steigt von Fahrradrikschas hinein in überfüllte Busse, führt während der Fahrten hagiographische Gespräche mit Sufi-Anhängern über Mythen und Legenden einzelner Sufis, steigt am Zielort aus, findet seine Schlafstätte, um schließlich bei einem x-beliebigen Tee-Stand die Stunden abzusitzen. In dieser Zeit tut er, was Ethnologen gemeinhin tun: Er beobachtet und beschreibt das Treiben um sich herum. Dagegen ist nichts einzuwenden, erfasst man doch einen Ort, ein Land durch solches Beobachten besser als durch schnelles Weiterreisen. Frembgen beschreibt so detailliert, dass beim Lesen Bilder vor dem inneren Auge entstehen können. Diese Bilder sind schön und nicht spektakulär.
Leider wiederholen sich Schilderungen und Anekdoten: Meist gegen Abend besucht (oder findet) der Autor öffentliche oder halb-private Konzerte diverser Musiker. Ergriffen wird er dort von den mächtigen Rhythmen der dhol-Trommler und den schneidenden, klagenden Qawwali-Gesängen in den Sufi-Schreinen, und hinfortgetragen auf innere Reisen wird er von in den Instrumentalisten in den Musikzimmern Lahores. "Nachtmusik im Land der Sufis" ist also ein höchst subjektives Buch, bei dessen Lektüre die Leser dem Autor trotz emphatischster Beschreibungen nicht auf den (inneren) Reiserouten nachfolgen können, sofern ihr Inneres nicht selbst imstande ist, von Klängen derart in Schwingung gebracht zu werden. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar und also auch nur schwer in Worte zu fassen.
Apropos Worte: Die Begriffe aus den orientalischen Sprachen (Persisch, Urdu, Hindi usw.) wurden dem deutschen Gaumen angepasst, was Leser vom Fach irritieren wird. Jamal findet man als Dschamal vor (ebenso wie Dschunaid, Pandschabi, etc. pp.). Solche Anpassungen werden im Fließtext leider auch auf die Namen der Musiker angewendet: Ustad Vilayat Chan, Sultan Chan und Scharif Chan, allesamt eigentlich kehlige Khans, tun durchaus dem Auge weh, und während ihre Namen in den Hörempfehlungen am Ende des Buches richtig, also ohne Eindeutschungen geschrieben werden, findet man sie im Glossar abermals mit ch. Punktabzug für diese Uneinheitlichkeiten.
Bei den Hörempfehlungen handelt es sich um einen noch zu hebenden Schatz. Insbesondere öffnet sich hinter einer schnöden Internetadresse (http://www.mediafire.com/?p07ax2woa7w3z#0,2) ein umfangreiches Archiv mit digitalisierten, teilweise 50 Jahre alten Aufnahmen namhafter und weniger bekannter Musiker aus allen Bereichen der klassischen Musik Südasiens (Sarod, Klarinette, Flöte, Sitar, Surbahar, Dhrupad-Gesang, Dhol).
Im Nachwort, das die Form einer Synopsis hat, betont Frembgen, dass es ihn bei seinen Schilderungen nicht interessierte, "was biologisch in unserem Körper geschieht – etwa im Ohr, im Nervensystem […] oder ob es eine genetische Grundlage für Musik gibt." – Ohnehin würde man nichts dergleichen in einem Verlag, der populäre Ethnologie herausgibt, erwarten.
War also der vorangegangene Band atmosphärisch und inhaltlich dichter, kann sich die "Nachtmusik" im direkten Vergleich leider nicht dem Eindruck verwehren, eine (wenn auch lesenswerte) Verlegenheitsgeste zu sein.
Jürgen Wasim Frembgen: Nachtmusik im Land der Sufis. Unerhörtes Pakistan.
Mit einem Glossar und Hörempfehlungen
Waldgut Verlag, Frauenfeld 2010
Broschur, 180 Seiten
ISBN 978-3-03740-261-0
€ 16
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