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15. September 2013. Aus dem Netzwerk: Neues Heft SÜDASIEN 03/2013

Editorial und Inhaltsverzeichnis

Liebe Leserinnen und Leser, "Übersetzung ist 'Liebeswerk' und darüber hinaus ein absolut notwendiger Inhalt nationaler Kultur wie auch dessen, was nun unser Schicksal zu werden droht – die sogenannte planetarische Zivilisation." Nichts als romantischer Idealismus? Im gleichen Artikel von Ramesh Chandra Shah in Indian Literature 237 (2007) heißt es aber auch: "Übersetzung bedeutet nichts, wenn sie nicht professionell ist". Damit spricht der indische Literaturkritiker die ganze Leidenschaft und die Tragik des Übersetzerwesens aus.

Im Deutschen bezeichnet man auch die Fahrt mit der Fähre über den Fluss als Über-setzen - der Fährmann setzt von Ufer zu Ufer über den Fluss. Der EU-Sprachendienst kann ein Lied von diesem Überqueren von Flüssen singen: Er hat sich zum größten Arbeitgeber weltweit für Übersetzer und Dolmetscher mit 2000 angestellten Sprachmittlern mit 110 (!) Sprachkombinationen entwickelt.

Cover der SÜDASIEN 03-2013
Titelbild des SÜDASIEN-Heftes (3/2013) zum Thema "ÜberSetzen". Foto: Südasienbüro Bonn e.V.

Stichwort literarisches Übersetzen: Sind Goethe und Hölderlin ins Bengali übersetzbar? Mit Alokeranjan Dasgupta kann man nur mit einem klaren "ja" antworten. Dieses Heft sei ihm, dem langjährigen Über-setzer zwischen Deutschland und Bengalen aus Anlass seines 80. Geburtstags gewidmet (Artikel Dui Bondhu von Georg Lechner) - und zugleich dem Draupadi-Verlag aus Anlass seines zehnten Geburtstags. Christian Weiß verschrieb sich - von Alokeranjan Dasgupta ermutigt - vor zehn Jahren mit dem Draupadi-Verlag der Übersetzbarkeit der (indischen) Welt. Und seitdem hat er als Verleger mehr als sechs Dutzend Übersetzungen aus ganz unterschiedlichen indischen Sprachen herausgebracht, überwiegend selbst lektoriert und editiert. Zur Unterstützung des Verlags ist vor einigen Jahren das Literaturforum Indien entstanden, dessen Jahrestagung rasch zu einem wichtigen Treffpunkt für die voneinander weitgehend isolierten Übersetzer aus südasiatischen Sprachen geworden ist - Christian Weiß hat selbst den Bericht über die Jahrestagung 2013 geschrieben.

Im Laufe der Zeit ist der Draupadi-Verlag erste Adresse für die Vermittlung indischer Literatur in Deutschland geworden. Das wissen Peter Ripken, Martin Kämpchen und Georg Lechner in ihren Artikeln zu würdigen - etwas Weihrauch darf da durchaus mal mit dabei sein. Denn der Alltag der Kleinverleger ist ebenso wie der der Übersetzer oft genug hartes Brot - wenn nicht sogar brotlose Kunst. Leider fallen vom Kuchen des "Shining India" nur erschreckend wenige Brosamen für Schöngeistiges ab. Man vergleiche dazu Peter Ripkens kritische Bemerkungen zu den Problemen der staatlichen Förderung für Übersetzung und Vermarktung indischer Literatur im Ausland. Rabindranath Tagore ist immer noch das Aushängeschild für indische und bengalische Literatur schlechthin. 100 Jahre nach der Verleihung des wohl renommiertesten Literaturpreises weltweit an Tagore beschäftigt sich Axel Monte mit den Nachwirkungen dieses Ereignisses.

Die Gedichte von Alokeranjan Dasgupta, die sich als Strecke durch dieses Heft ziehen, sind dem Band Am Ort des Schreibens. Gedichte. Aus dem Bengalischen übersetzt von Margit Urhahn entnommen, der in diesen Tagen im Draupadi-Verlag erscheint. Die Gedichte stammen mit Ausnahme von "Der Schreibtisch" (2004 in Am Ort des Schreiben erschienen) aus dem 2012 im Bengali-Original erschienenen Gedichtband Konnte er finden winzige Gottesteilchen? - ein scan des Originaltitels findet sich auf Seite 5 dieses Heftes.

Zubin Mehta, der Stardirigent mit indischen Wurzeln, tritt am 7. September mit dem Bayerischen Staatsorchester vor 1.500 Gästen im Shalimar Bagh in Srinagar/Kashmir auf. Zweifellos, die Lage in Kashmir hat sich in den letzten Jahren beruhigt, wie Richard Hattemer in seinem Beitrag bestätigt. Doch der Groll ist nach wie vor beim Volk vorhanden. Die wieder aufgeflammten Grenzscharmützel, die den Regierungen in Delhi und Islamabad den Willen zur Aussöhnung mit dem Nachbarn vergällen, machen deutlich, wie trügerisch die Ruhe ist. - Zwei Pakistan-Artikel ergänzen sich gegenseitig: Ein Meinungsartikel zu Pakistans neuer Superfrau "Burqa revenger" (Artikel Soofia Says) und ein Artikel von James Channan zum Christentum in Pakistan, der noch einmal die multireligiöse Basis der pakistanischen Gesellschaft deutlich macht.

Das Hindi-Wort rupiya stammt von einem drawidischen Lehnwort im Sanskrit und war ursprünglich ein Eigenschaftswort mit der Bedeutung "wohlgeformt" im Sinne von "geprägt". Es steht nicht gut um die indische Währung - und auch nicht um die indische Wirtschaft überhaupt: Die Boomjahre, so Bernhard Imhasly, sind vorbei. Spätestens im Mai 2014 wird das nationale Parlament neu gewählt. Es wird immer wahrscheinlicher, dass das Volk die Regierung Manmohan Singh für die Krise abstrafen wird. Mehr dazu in meinem eigenen Meinungsartikel zu den Wahlen in Indien und Deutschland, während Thomas Döhne über die angesetzten Wahlen in Nepal schreibt.

Mit anderen Worten: Wir bieten mehr als das Surfen im Internet. Informiert zu sein ist gut, Verstehen ist besser. "Südasien" lässt sich auch weiterhin nicht per se in bits and bites über-setzen. Dazu stehen wir. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Ihr Heinz Werner Wessler.

 

Inhaltsverzeichnis

Editorial, S. 3
Tendenzen der Gegenwartsliteratur
Georg Lechner: Dui Bondhu - Zwei Freunde, S. 4
Alokeranjan Dasgupta: Gedichte, S. 5ff.
Peter Ripken: Der Gigant und seine Übersetzungen, S. 8
Snehmayi Chaudhri: Sprache, S. 9
Petra Maurer: Die böse Stiefmutter, S. 13
Somaratna Balasuriya: Audienz, S. 17
Torsten Tschacher: Jenseits des Urdu, S. 20
Georg Lechner: Christian Weiß und der Draupadi Verlag, S. 22
Christian Weiß: Jugend und Alter(n) in Indien, S. 26
Axel Monte: Tagore und der Nobelpreis, S. 29
Martin Kämpchen: Jenseits der romantischen Sehnsüchte, S. 33
Afghanistan
Fabian Falter: Im Überblick, S. 36
Michael Reckordt: "Das Leben ist riskant!", S. 39
Bhutan 44
Anja Döscher: Im Überblick, S. 44
Fabian Falter: Die glücklichste Demokratie der Welt?, S. 46
Indien
Jakob Littmann: Im Überblick, S. 49
Ujjaini Halim: Viel versprochen, wenig gehalten, S. 52
Shimon Lev: Hitlers steinernes Herz zum Schmelzen bringen, S. 55
Richard Hattemer: Hoffnungsschimmer über dem Kaschmir-Tal?, S. 60
Stefan Mentschel: Hoffnungsschimmer in Nizamuddin, S. 62
Bholalal: Das Staatspolitik (râjanîti) und die Politik, der "Gemeinschaften" (samâjanîti), S. 64
Sabine Pabst: Wird das Menschenrecht auf Nahrung in Indien Realität?, S. 67
Nepal
Thomas Döhne: Im Überblick, S. 71
Thomas Döhne: In Nepal nichts Neues, S. 75
Bernd Basting: Der Reigen der Feste, S. 78
L. Harmsen/T. Zoppke: Interview mit der Menschenrechtsaktivistin
Shyam Kumari Shah, S. 80
Pakistan
Jakob Vogel: Im Überblick, S. 82
James Channan: "Wer ist mein Nächster?", S. 86
Soofia Says: Gewalt in einer Burka, S. 89
Sri Lanka
Bettina Meier: Im Überblick, S. 91
Jakob Rösel: Die tamilische Diaspora, Teil I, S. 94
Bettina Meier: Exotische Insel der anglophonen Schreibkultur?, S. 97
südasien 99
Bernard Imhasly: Ende der Boomjahre, S. 99
Heinz Werner Wessler: Indien und Deutschland, S. 101
Roma Rajpal Weiß: "Einen Farbbeutel bitte", S. 104
Felicia Scheliga: Mobilisierende Religion, S. 106
Rahul Peter Das: Nicht das gleiche, S. 108
Rezensionen
Claudia Koenig: "Ohne Toleranz funktioniert nichts" - Indisch-deutsche Technische Zusammenarbeit, S. 113
Anja Döscher: Verehrung und Verschmutzung des Ganges, S. 113
Thomas Döhne: Machtkampf am Everest, S. 114
Felicia Scheliga: Der Weg des Falken, S. 115
Gelbe Seiten
A-D Info Dalit-Solidarität Nr. 29

 

(Das Heft kostet 7,50 Euro, weitere Informationen in Kürze auch wieder auf der Homepage des Südasienbüro e.V.)

 

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