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Der 63-jährige Lokendra Chand war bereits dreimal Premierminister, auch während der absoluten Monarchie vor 1990. Mehrere seiner Minister sind ebenso erfahren in der Umsetzung von Wünschen seiner Majestät. Sie sind entweder parteilos oder wie Chand in der Führung der Rastriya Prajatantra Party (RPP). Die RPP ist das Sammelbecken von Vertretern des Panchayat-Systems, durch das der König bis 1990 mithilfe der örtlichen Honoratioren das Land regierte. Den Vorsitz der RPP hat Surya Bahadur Thapa inne, Chand gilt als sein Rivale. Während einer Parteispaltung Mitte der 1990er Jahre führten die beiden jeweils einen Flügel. Im 1998 gewählten Parlament, das der jetzt entlassene Premier bereits im Mai aufgelöst hatte, war die Partei weit hinter dem Nepali Congress und den Vereinigten Kommunisten (CPN-UML) drittstärkste Kraft.
Noch nach Ernennung der neuen Regierung hatte der König die Parteien aufgefordert, geeignete Kandidaten für einzelne Ministerposten zu nominieren, aber nur die RPP war vorstellig geworden. Die anderen Parteien lehnten es ab, den Verfassungsbruch zu unterstützen. Das Scheitern einer Allparteienregierung macht deutlich, dass der König nicht über der Politik steht, sondern entgegen dem sorgsam gepflegten Bild eines Symbols nationaler Einheit nur ein politischer Machtfaktor unter vielen ist. Außerdem wurde die politische Landschaft weiter polarisiert, zwischen den Vertretern des alten Feudalsystems auf der einen und den Maoisten auf der anderen Seite ist der Einfluss demokratischer Kräfte weiter gesunken.
Der entlassene Premier Sher Bahahdur Deuba hatte dem Kabinett seit Juli 2001 vorgestanden, nachdem Girijad P. Koirala, die graue Eminenz der Regierungspartei Nepali Congress, wegen zahlreicher Korruptionsvorwürfe endlich zurückgetreten war. Ende Mai diesen Jahres kam es zum Bruch mit dem Parlament und seiner Partei, als Deuba gegen den Willen der Abgeordneten eine Verlängerung des im November 2001 verhängten Ausnahmezustand um weitere sechs Monate durchsetzte. Dazu bedurfte es der Parlamentsauflösung, die König Gyanendra auf Bitte des Premiers verfügte. Seither regierte Deuba, vom Nepali Congress verstoßen, mit Unterstützung des Monarchen als "Übergangspremier", um Neuwahlen im November vorzubereiten.
Fünf Tage vor seiner Entlassung hatten die beiden großen Parteien, Nepali Congress und Vereinigte Kommunisten, den Premier noch gebeten, die Wahlen wegen mangelnder Sicherheit um mehrere Monate zu verschieben. Deuba konnte dieses Angebot zur Verlängerung seiner Amtszeit nur recht sein: Seit einem halben Jahr fehlt seiner Macht demokratische Legitimation, und noch immer haben sich seine Anhänger nicht vollständig als eigenständige Partei, als Nepali Congress (Democratic), konstituiert.
Nachdem der Bürgerkrieg seit Mai erneut eskaliert war, ist das Leben der Nepalis, insbesondere der ländlichen Bevölkerung, die sich von beiden Seiten verdächtigt sieht, kaum erträglicher geworden, doch zumindest sind in den letzten Monaten weniger Zivilisten getötet worden, und der Ausnahmezustand ist seit Ende August aufgehoben. Der Wunsch der Parteien nach Verschiebung der Wahlen dürfte deshalb eher mangelnder Mobilisierung möglicher Wähler als konkreten Sicherheitsbedenken entsprungen sein. Das führte Teile der nepalischen Presse zu der Vermutung, der König könne mit seinem Coup allein die termingerechte Abhaltung der Wahlen im November beabsichtigt haben.
Bis Anfang November blieb es allerdings völlig offen, ob sich der Monarch nur kurzfristig in die Tagespolitik eingemischt hat, um baldige Wahlen zu ermöglichen, oder ob er ein mittelfristiges Engagement plant, um Verhandlungen mit den Maoisten auf den Weg zu bringen, oder ob er gar längerfristig die Zügel in der Hand halten wird. Schon das Panchayat-System seines Vaters folgte schließlich dem Vorbild der pakistanischen "Basic Democracies" unter General Ayub Khan. Eine nepalische Wochenzeitung druckte jüngst Gyanendra in der Uniform eines pakistanischen Generalstabschefs als Titelbild. Doch sollte der Monarch nicht vergessen, dass er Musharraf bisher weder in Taten und Weitsicht noch in öffentlicher Anerkennung das Wasser reichen kann.
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