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31. Januar 2003. Nachrichten: Politik & Recht - Afghanistan Gulbuddin Hekmatjar geht zum Angriff über

Schwerste Gefechte seit neun Monaten

Einer der dienstältesten Mujaheddins Afghanistans mischt sich wieder aktiv ins Kriegsgeschehen ein. Mit neuen Verbündeten schickt er sich an, die "fremden Ungläubigen" zu bekriegen und hofft, einen schlagkräftigen, paschtunischen Gegenpol zur siegreichen Nordallianz zu schaffen. Ist Afghanistan wieder auf dem Weg in den "ethnisierten" Bürgerkrieg?

Neue Kämpfe – altbewährte Taktiken

Nach dem Beschuss von US-Hubschraubern entwickeln sich in der Grenzregion zwischen Afghanistan und Pakistan aus kleineren Scharmützeln die stärksten Kämpfe seit der Operation Anaconda im März 2002. Das US-Militär setzt seit dem 28. Januar 2003 wieder strategische Bomber vom Typ B-1 und die speziell für die Bekämpfung von kleinen, mobilen Infanterieeinheiten entwickelte AC-130 ein. Ziel der Angriffe seien Einheiten des kriegserfahrenen paschtunischen Mujaheddin-Führers Gulbuddin Hekmatjars. Seine Truppen versuchen im Schulterschluss mit Kriegern der örtlichen Clans, ehemaligen Talibaneliten und ausländischen Kämpfern, auch aus dem sogenannten Al-Qaida-Umfeld, "Afghanistan von den Ungläubigen zu befreien". Hekmatjar hatte diesen Schritt schon in früheren Interviews angekündigt. Angeblich wurden durch die gezielten Luftangriffe in Koordination mit verbündeten, afghanischen Bodentruppen schon Dutzende der Kämpfer Hekmatjars getötet. Allerdings flammen diese Gefechte immer wieder auf.

Alter Freund und Feind

Mit dem Eingriff Hekmatjars in das aktuelle Geschehen meldet sich ein alter Kriegshase zurück. Im Krieg der Mujaheddin gegen die Rote Armee der Sowjetunion erhielt Hekmatjar und seine ihm treuergebene Hezeb-e Islami Afghanistan (Islamische Partei Afghanistans) zwei Drittel der gesamten US-Unterstützung - ca. zwei Mrd. US-Dollar. In Deutschland war er Mitte der Achtziger Jahre gern gesehener Gast beim damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß (CSU).

Aber schon während der Siebziger Jahre hatte er mit terroristischen Aktionen die linksorientierte Regierung der DVPA und ihre Modernisierungsversuche bekämpft. Nach dem Abzug der Sowjets tat er sich im blutigen Bürgerkrieg durch die Zerstörung Kabuls besonders hervor. Im Kampf gegen die Taliban tat er sich notgedrungen mit der tadschikisch-dominierten Nordallianz in einem Zweckbündnis zusammen. Er verließ dieses aber wieder nach kurzer Zeit und ging ins iranische Exil. Letzteres gelang ihm dadurch, dass er dem Iran den größten Teil seiner Restbestände an Stinger-Boden-Luft-Raketen verkaufte. Ideologisch stand er als überzeugter Islamist, zudem Paschtune, den Taliban nie fern. Allerdings verhinderte sein äußerst ausgeprägter Machtwille eine Unterordnung. Viele seiner Kämpfer schlossen sich jedoch nach der Abreise ihres Führers unter der Taliban-Truppen an.

Massive Kritik an den USA übte er erstmalig im zweiten Golfkrieg, als er sich mit Saddam Hussein solidarisierte. Nach dem 11. September 2001 und dem Beginn des Afghanistan-Feldzugs der USA und ihrer Verbündeten drohte er schon bald in Interviews: "Die USA werden sich nach Vietnam zurücksehnen" und kündigte seine aktive Wiedereinmischung in das afghanische Geschehen an. Schließlich verließ er Teheran und tauchte in Pakistan unter.

Neue Runde im afghanischen Bürgerkrieg?

Die (un)heilige Allianz der Gegner "Kabulistans" vereinen mehrere Punkte: Erstens ihre Ablehnung gegenüber der Präsenz der USA und ihrer Verbündeten in Afghanistan, aber auch der ISAF in Kabul. Zweitens ihre islamistische Weltsicht, geprägt insbesondere durch den Paschtunwahli (paschtunischer Ehrenkodex). Drittens die Ablehnung und Rivalität gegenüber den nicht-paschtunischen Bevölkerungsgruppen, speziell den Angehörigen der siegreichen Nordallianz. Diese haben sich die Schlüsselpositionen in der Kabuler Regierung gesichert und fungieren als "Pseudo-Armeeverbände". Dementsprechend sehen sich die Paschtunen um Hekmatjar momentan benachteiligt und sind deshalb umso kampfbereiter. Hinzukommt dass es sich bei dem Konglomerat seiner Getreuen in der Mehrzahl nicht um einfache Kämpfer handelt, wie bei den jugendlichen Taliban-Fußsoldaten, sondern größtenteils um erfahrene Mujaheddin, die teilweise seit Jahrzehnten nichts anderes machen als ihr Kriegshandwerk zu praktizieren. Die Zukunft verheißt in der jetzigen Situation nichts Gutes.

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