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Pünktlich zum 8. Jahrestag der Zerstörung der Babri-Moschee wollte die Kongreßpartei die BJP-geführte Regierung in die politische Defensive zwingen. Sie forderte eine Abstimmung im Unterhaus über den weiteren Verbleib der drei BJP-Minister, L. K. Advani, M. M. Joshi und Uma Bharti in der Regierung. Alle drei Minister wurden im Jahre 1993 in einem Bericht des Central Bureau of Investigation der Teilnahme an einem Komplott beschuldigt, das die Zerstörung der Moschee von Ayodhya zum Ziel hatte.
In der Auseinandersetzung, die in dieser Form seit Beginn der 90er Jahre anhält, hatte der Kongreß zum Beginn des Jahres 2000 noch einen Sieg davon tragen können. In Gujarat hatte die Staatenregierung das Verbot der Teilnahme an Veranstaltungen des Hindu-militanten Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS) für ihre Bediensteten aufgehoben. Der Kongreß blockierte daraufhin alle Geschäftstätigkeiten des Parlaments, um die Verbindungen zwischen der Regierung und dem RSS zu thematisieren und die BJP von ihren Koalitionspartnern zu isolieren. Die BJP, bereits geschwächt durch die Freilassung der Terroristen im Austausch für die entführte Maschine der Indian Airlines nach Kandahar, mußte einen Rückzug antreten und der Regierung von Gujarat nahelegen, das Verbot wieder in Kraft zu setzen. Folglich feierte der Kongreß seinen Erfolg, hatte er doch der BJP eine "Lektion" erteilt.
Im Dezember waren jedoch die Zeichen verkehrt. Angesichts der drohenden politischen Diskussion verkündete A. B. Vajpayee am 6. des Monats in einem Interview, daß der Bau eines Rama-Tempels in Ayodhya ein "Ausdruck nationaler Gefühle (sei), der sich noch verwirklichen muß." Erstmalig in der Geschichte hatte sich ein Premierminister Indiens derart geäußert und dieses Thema auf die politische Tagesordnung gesetzt. Die Bestätigung dieser ideologischen Linie des RSS durch einen Premier wurde zwar mit Überraschen und Bestürzen aufgenommen, doch er überstand seinen Vorstoß unbeschadet. Vajpayee nahm seine Aussage nicht zurück, sondern er brauchte sie nur mit den standardmäßigen Zusatzerklärungen zu versehen. Die Koalitionspartner in der Regierung zogen letztlich mit und unterstützten dem Premier bei der Abstimmung im Unterhaus. Die Art und Weise ihrer Zustimmung war in gewisser Weise neu und zeigte, daß es zur ideologischen Ausrichtung des RSS im heutigen Indien keine politische Alternative zu geben scheint.
Wie nicht anders zu erwarten, wurde das Interview von Vajpayee in seinem eigenen Lager mit Freude aufgenommen. Die BJP hatte als Partner in der Regierung auf eine Reihe ihrer programmatischen Fragen verzichten müssen, so auch auf ein eigenes Wahlmanifest, um die Koalition nicht zu gefährden. Innerhalb der Partei hatte dies zu scharfen Auseinandersetzungen geführt, fühlten sich doch einige Anhänger betrogen. Auch zur Mutterorganisation des RSS hatte es Meinungsunterschiede gegeben, konnte doch die BJP nun etwa die Auffassungen des RSS zur Wirtschaftsfragen und zur Eindämmung des Einflusses ausländischer Konzerne in Indien nicht tragen.
Insgesamt geht die Regierung aus der Ayodhya-Kontroverse gestärkt hervor. Auch scheint der Bau des Rama-Tempels, den die Tochterorganisation des RSS, Vishva Hindu Parishad (VHP) ab März 2002 anstrebt, wirklicher denn je.
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