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Begum Khaleda Zia verwahrte sich im Parlament in Dhaka, dem Jatya Sangsad, vor jedwedem "ausländischen Druck und Diktat", und erklärte in nationalistisch-populistischer Rhetorik, dass "die Nation mit ihren 280 Mio. Händen" sehr wohl allein das Land aufbauen könne. Zudem bezichtigte Zia die größten Oppositionspartei, die Bangladesh Awami League (AL), einer Verschwörung mit "ausländischen Agenten". Diese ziele darauf ab, die von Zias Bangladesh National Party (BNP) angeführte Regierungskoalition zu verleumden und Bangladesh als gescheiterten Staat (failed state) darzustellen. Finanzminister Muhammad Saifur Rahman erklärte am Folgetag, dass sich die Geberländer den politischen Gegebenheiten anzupassen hätten und nicht umgekehrt, andernfalls müssten sie das Land verlassen.
Die gegenwärtige Sicherheitssituation offenbart ein enormes Defizit der Regierung. Die Lage wird innerhalb der Bevölkerung mehrheitlich als unbefriedigend empfundenen. Das beschränkt sich nicht auf Kleinkriminalität oder Raub. Im Mai 2004 entkam der englische Botschafter Anwar Chowdhury während eines Besuches am Schrein des Sufi-Heiligen Hazrat Shah Jalal im nordöstlichen Sylhet nur knapp einem Bombenattentat. Bisher gelang es den Behörden angeblich nicht, die Auftraggeber des Attentats zu ermitteln. Hinter mehr oder weniger vorgehaltener Hand werden diese aber dem islamistischen Lager zugerechnet. In parteipolitisch organisierter Form ist dieses Milieu durch die Jama'at-e-Islami und Islamic Oikkya Jote im Parlament vertreten. Beide Parteien sind Juniorpartner im Regierungsbündnis mit der konservativen BNP.
Am 27. Januar diesen Jahres wurden bei einem Granaten-Anschlag auf eine politische Versammlung der AL im nordöstlichen Habiganj mehrere Menschen getötet. Unter ihnen befand sich auch Shah Abul Mansur Shamsul Kibria. Kibria war als ehemaliger Finanzminister, Sekretär des United Nations Economic and Social Commission for Asia and the Pacific und gegenwärtiger Parlamentsabgeordneter ein politisches Schwergewicht in Bangladesh. Seine Ermordung hat die politische Szene der gesamten Region erschüttert und trug - neben dem Putsch in Nepal - dazu bei, dass der indische Premierminister in Abstimmung mit der dortigen (hindu-nationalistischen) Opposition (!) seine Teilnahme am für Anfang Februar in Dhaka geplanten Gipfeltreffen der Staaten der South Asian Association for Regional Cooperation (SAARC) absagte. Mitte März wurden acht BNP-Politiker der Beteiligung an dem Anschlag beschuldigt. Allerdings gibt es weiterhin kaum Aufschluss über den führenden Kopf des Attentats auf Kibria.
Im Zusammenhang mit dem größten Fund von geschmuggelten Waffen und Munition in der Geschichte des Landes im April letzten Jahres im Hafen von Chittagong gab es bisher ebenfalls keinen Erfolg bei der Ergreifung der Hintermänner. Die sichergestellten Waffen mussten mit über zehn Lastwagenladungen abtransportiert werden und gelten nur als Spitze eines Eisberges zunehmender bewaffneter Kriminalität. Die zumeist gewaltsam auf der Straße ausgetragenen politischen Meinungsverschiedenheiten erlebten im Vorjahr durch einen Mordanschlag auf die Vorsitzende der AL und ehemalige Premierministerin Sheikh Hasina Wajed ihren vorläufigen Höhepunkt. Das Attentat forderte 21 Tote, über 200 Menschen wurden verletzt. Hasina entkam überraschenderweise nur leicht verletzt.
Die Sicherheitssituation wurde auch während eines Geldgebertreffens Endes vergangenen Monats im Washington erörtert, weshalb man dort beschloss, gemeinsam mit der Regierung Zias auf eine politische Stabilisierung hinzuarbeiten. Die meisten Entwicklungspartnerländer vertreten dem deutschen Botschafter Dietrich Andreas zufolge die Ansicht, dass eine gute Regierungsführung (good governance) letztendlich entscheidend sei für eine erfolgreiche Entwicklung des Landes. Andreas betonte gegenüber der Nachrichtenagentur United News of Bangladesh (UNB) am 11. März, dass keine politische Seite speziell verurteilt werden würde. Dennoch forderte er zur Erhaltung grundlegender demokratischer Werte von der Regierung zukünftig ein klareres Vorgehen gegenüber politisch motivierter Gewalt.
Daher begrüßte er auch erste Regierungs-Initiativen gegen einige militante Organisationen und Aktivisten, "denen aber weitere Untersuchungen folgen müssten". Einem Artikel des indischen Politikmagazins Frontline zufolge wird seit Jahren die säkulare Bildungsbürgerschicht systematisch von militanten Islamisten terrorisiert. Nach Darstellung des deutschen Bangladesh-Forums werden aber auch Angehörige von zivilgesellschaftlichen Institutionen, NGOs, Journalisten, Intellektuelle, Frauen, religiöse und ethnische Minderheiten verstärkt Opfer von Gewalt. Angesprochen, ob durch die unbefriedigende Arbeit der BNP-Regierungskoalition das weitere Engagement von deutscher Seite gefährdet sei, entgegnete Botschafter Andreas, dass Deutschland an einer weiteren Entwicklungszusammenarbeit gelegen sei, "solange die Finanzmittel den Bewohnern auf einem effizienten und transparenten Wege zugute kommen". Die BNP-Regierung müsse daher ihr Möglichstes tun, um weiterhin gegen Gewalt und Korruption vorzugehen.
Gegenüber dem Wochenmagazin Star bezeichnete ein anonym zitierter Regierungsvertreter wenige Tage vor Zias Parlamentsrede die politische Situation der BNP als Zwickmühle zwischen ihren Koalitionspartnern und den ausländischen Geldgebern. Deutschland ist für Bangladesh einer der Haupthandelspartner und ein bedeutender Geldgeber für Entwicklungsprojekte.
Der deutsche Botschafter gab zudem zu bedenken, dass kaum davon ausgegangen werden könne, dass in Bangladesh alles "grundsätzlich demokratisch abliefe". Dabei verwies der Diplomat auch auf die Nachwahl in einem zentralen Wahlkreis vom vergangenen Juli. Damals manipulierte die regierende BNP in Rama Tejgon, dem zehnten Wahlkreis der Hauptstadt, zu dem auch die Universität von Dhaka zählt, massiv den Urnengang. 60 Prozent der Stimmen wurden (inter-)nationalen Wahlbeobachtern zufolge gefälscht, um dem politischen Berater der Premierministerin einen Parlamentssitz zu verschaffen.
Im Hinblick auf die 2006 anstehenden Parlamentswahlen bezeichnete Andreas die Gewährleistung freier und fairer Wahlen als "grundsätzlich und entscheidend für die weitere Entwicklung der Demokratie" in Bangladesh. Alle politischen Kräfte müssten zusammenarbeiten, was angesichts häufiger Parlamentsboykotte der AL-Opposition derzeit kaum machbar scheint. Die polarisierte Bevölkerung wird im Streit zwischen Regierung und Opposition immer wieder durch Streiks, so genannte hartal, zu Immobilität gezwungen. Diese hartal kosten UN-Ökonomen zufolge das bitterarme Land jährlich drei bis vier Prozent seines Bruttosozialproduktes.
Unterdessen melden die Medien beinahe täglich neue Morde, die oft einer seit dem Vorjahr operierende Spezialeinheit der nationalen Sicherheitskräfte angelastet werden. Die Einheiten des angeblich für den Antiterrorkampf eingerichteten Rapid Action Battalions (RAB) patrouillieren in ihren schwarzen Uniformen und zivilen Fahrzeugen auf den Straßen Dhakas ebenso wie im weniger übersichtlichen Hinterland. In weniger als einem Jahr sind fast 250 Menschen in so genannten Kreuzfeuern der RAB getötet worden.
Während die Entführungskriminalität angeblich rückläufig sei, konnten islamistische Militante bisher weitgehend unbehelligt schalten und walten. Allerdings hat die Regierung erst kürzlich - sehr zum Unwillen ihrer islamistischen Koalitionspartner - die militante Organisation Jagrata Muslim Janata Bangladesh des Islamisten Bangla Bhais verboten. Zudem wurden landesweit Religionsschulen - so genannte Kawmi Madrasa - durchsucht. Die Balance zwischen ihren islamistischen Koalitionspartnern und den ausländischen Entwicklungshilfegebern zu finden, wird die Regierung von Premierministerin Zia noch eine ganze Weile in Atem halten.
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