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Somnath Chatterjee, der am 25. Juli 2008 seinen 79. Geburtstag feierte, leitete souverän die dramatische Debatte und Vertrauensabstimmung am 21. und 22. Juli im indischen Unterhaus, die den Fortbestand der von Manmohan Singh geführten Regierung sicherte. Einen Tag später erfolgte der unzeremonielle Ausschluss von Somnath Chatterjee aus der Communist Party of India/Marxist (CPI/M). Wo liegen die Ursachen dafür? Wird Somnath Chatterjee, der von Kommentatoren als einer der herausragenden Parlamentspräsidenten (Speaker) des indischen Unterhauses (Lok Sabha) seit der Unabhängigkeit bezeichnet wird, sein einflussreiches und konstitutionell hochrangiges Amt bis zum Ende der Legislaturperiode beibehalten?
Somnath Chatterjee, Sohn eines Parlamentsabgeordneten, trat 1968 der CPI/M bei und wurde 1971 erstmals in das indische Unterhaus gewählt.
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Seitdem gehörte er – mit Ausnahme der Legislaturperiode 1984-89 – der Lok Sabha regelmäßig an. Der frühere CPI/M-Fraktionsvorsitzende gilt als guter Redner und wurde 1996 mit dem Outstanding Parliamentarian Award ausgezeichnet.
Seine Nähe zu Jyoti Basu, dem ehemaligen Ministerpräsidenten von West Bengal und CPI/M-Parteipatriarchen, führte dazu, dass der in England ausgebildete Jurist, obwohl selbst kein Politiker mit Massenbasis, recht einflussreiche Positionen innerhalb der Partei ausüben konnte. Chatterjee gehörte allerdings niemals dem CPI/M-Politbüro an und wurde beim letzten Parteitag im südindischen Coimbatoire auch nicht mehr in das CPI/M-Zentralkomitee gewählt. Die Partei nominierte ihn auch nicht für das Amt des indischen Vize-Präsidenten. Außerhalb des Parlaments fungierte Chatterjee insbesondere als Vorsitzender der West Bengal Industrial Development Corporation (WBIDC), um in- und ausländische Direktinvestitionen in die kommunistische Hochburg West Bengal zu bringen. Er wirkte außerdem als Mitglied und Vorsitzender in mehreren Parlamentsausschüssen.
Somnath Chatterjee beklagte vielfach öffentlich und mit Zivilcourage gefährliche Tendenzen des Niedergangs parlamentarischer Standards in der größten Demokratie der Welt. Nachdem Anfang Juli die CPI/M mit der gesamten Linksfront der Minderheitsregierung der Vereinigten Fortschrittlichen Allianz (UPA) unter Manmohan Singh ihre Unterstützung nach über vier Jahren entzogen hatte, folgte Chatterjee nicht dem Diktat seiner Partei, vor der entscheidenden Parlamentsdebatte von seinem hohen Amt zurückzutreten. Er wollte sich wohl einerseits nicht so einfach zum Parteisoldaten degradieren lassen und außerdem wohl auch nicht zusammen mit der hindu-nationalistischen Bharatiya Janata Party (BJP) gegen die Regierung stimmen.
Einen Tag nach dieser Abstimmung erfolgte der unzeremonielle Rauswurf des Parteiveteranen aus der marxistisch-leninistischen Kaderpartei, die zu ihren Säulenheiligen nach wie vor unkritisch Josef Stalin neben Marx, Engels, Lenin und Mao Tse Tung zählt. Damit dürfte die insgesamt 40-jährige politische Karriere von Somnath Chatterjee beendet sein. Allerdings hatte er selbst schon unmittelbar nach seiner Wiederwahl in die Lok Sabha 2004 angekündigt, dass er sich am Ende des gegenwärtigen 14. Parlaments aus dem politischen Leben zurückziehen würde.
Manmohan Singh und mehrere hochrangige Kabinettsminister suchten Somnath Chatterjee nach der CPI/M-Entscheidung auf und brachten ihre Erwartung zum Ausdruck, dass er bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode weiterhin in seinem Amt als Speaker fungieren werde. Zu seinem 79. Geburtstag kamen Gratulatenten aus allen Teilen der indischen Gesellschaft – nur die Genossen von gestern ließen sich nicht blicken. Es bleibt abzuwarten, wie sich Chatterjee grundsätzlich entscheiden wird und auch, falls er für sein Verbleiben im Amt optiert, wie sich die Opposition ihm gegenüber verhalten wird. Das Auftreten seiner ehemaligen Genossen ihm gegenüber dürfte dabei einer gewissen Pikanterie nicht entbehren. Gegenwärtig sieht es so aus, dass er entschlossen ist, das Amt bis zum Ende der Legislaturperiode zu bekleiden.
Chatterjees Ausschluss wegen "Verletzung der Parteidisziplin" verdeutlicht gleichfalls den geringen Spielraum für in ihren Meinungen abweichende Spitzenpolitiker innerhalb der straff geführten Kaderpartei CPI/M. Saifuddin Chowdhury, sein einstiger Stellvertreter im Vorsitz der CPI/M-Unterhausfraktion, wurde bereits in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts aus der Partei ausgeschlossen, weil er mehr innerparteiliche Demokratie forderte. Die rigide Führung von Generalsekretär Prakash Karat kann trotzdem Risse und Anzeichen von Dissidenz in den traditionellen Parteihochburgen West Bengal und Kerala nicht völlig verdecken.
Die CPI/M ist, selbst angesichts ihrer pragmatischen Wirtschaftspolitik in West Bengal, allerdings innerparteilich noch meilenweit davon entfernt, als eine "sozialdemokratisierte" kommunistische Partei bezeichnet werden zu können. Ihre Industrialisierungspolitik und die damit verbundene Landnahme für Wirtschaftssonderzonen zugunsten in- und ausländischer Unternehmen sehen sich starkem gesellschaftlichem und politischem Widerstand in West Bengal ausgesetzt. Rückschläge bei lokalen Wahlen in ländlichen und städtischen Gebieten von West Bengal deuten darauf hin, dass es der Partei bei der Unterhauswahl 2009 schwerfallen dürfte, ihre gegenwärtige Stärke zu bewahren, geschweige denn, diese ausbauen zu können.
Fußnote
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1 ] vgl. dazu sein ausführliches Profil auf der offiziellen Homepage des Parlamentspräsidenten
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