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In den Wochen nach der Wahl kam es zu Pogromen gegen Angehörige der Hindu-Minderheit im Land. Mehrere Vergewaltigungen wurden bekannt, Häuser wurden geplündert und Tempel geschändet.
Die spektakuläre Niederlage der Awami League (AL) hat nahezu alle politischen Beobachter überrascht. Lediglich 62 ihrer Kandidaten konnten die Mehrheit der Stimmen in ihren Wahlkreisen auf sich vereinigen, unter den durchgefallenen Kandidaten sind auch etwa 20 Minister. 1996 hatte die AL noch 178 der 300 Sitze erobert. Die BNP steigerte sich dagegen von 113 auf 198 Mandate. Die Wahlbeteiligung war mit über 75% geringfügig höher als 1996.
Der landesweite Vergleich der prozentualen Stimmenverhältnisse zeigt jedoch, dass die massiven Veränderungen in der Sitzverteilung nur zum Teil Ausdruck eines Stimmungswandels in der Bevölkerung sind: Die Gewinne bzw. Verluste der beiden großen Parteien schwanken um weniger als 10%. Eine bedeutendere Rolle dürften die geschickte Allianzbildung der BNP gespielt haben. Wahlabsprachen ermöglichten landesweite Erfolge auch außerhalb der Hochburgen im Gegensatz zur selbstherrlichen Haltung der AL, die auf Wahlabsprachen fast völlig verzichtete und dadurch viele Wahlkreise außerhalb ihrer traditionellen Hochburgen im Südwesten des Landes verlor. Wie Teile der Presse von einem "massiven Verdikt gegen die Herrschaft der AL" zu sprechen, scheint jedenfalls übertrieben.
Unterdessen hat die neue Koalitionsregierung am 14. Oktober ihre Arbeit aufgenommen. Sie besteht aus Vertretern der BNP, der von Khaledas 1981 ermordeten Mann und ehemaligen Präsidentengeneral Zia Rahman gegründeten zentristischen Partei, die nach der Demokratisierung 1991 schon einmal die Regierung stellte, sowie drei kleineren Parteien: der JP(E), eines Teiles der Jatya Party (JP) unter Führung des ehemaligen Generalstabschefs und Militärdiktators H. M. Ershad, die auf einer gemeinsamen Liste mit der Islami Jatya Oikya Front (IJOF) - einer neugegründete Partei aus islamistischen Kräften und Teilen der JP - antrat, sowie der Jama'at-i-Islami (JI), die für die Errichtung eines "Islamischen Staates" kämpft und im Unabhängigkeitskrieg 1971 die pakistanischen Regierungstruppen unterstützte.
Im Parlament verfügt die Koalition über eine verfassungsändernde Mehrheit. Dabei ergänzt sich die Fast-Zwei-Drittel-Mehrheit der BNP um die 14 Sitze der JP(E) und der IJOF sowie die 17 Abgeordneten der JI. Dieser bisher größten Wahlerfolg der JI (1996: 5 Sitze) ist nach Meinung der Wochenzeitung Holiday jedoch nicht auf eine Zunahme der Wählerschaft zurückzuführen, die für die islamistischen Parteien stabil bei 10-15% liege, sondern auf die Sitzabsprachen im Rahmen des Wahlbündnisses. Inwieweit die JI, die zum ersten Mal Regierungsverantwortung trägt, das politische System in ihrem Sinne beeinflussen wird, bleibt abzuwarten. Die absolute Mehrheit der BNP erfordert jedenfalls keine unbedingte Kompromissbereitschaft gegenüber den Islamisten. Vielmehr scheint sich Khaleda die Unterstützung ihrer Koalitionspartner zunächst durch die großzügige Verteilung von Posten sichern zu wollen: Die neue Regierung, die nach Aussage ihres Finanzministers Saifur Rahman mit der Hypothek einer bankrotten Wirtschaft und einer geplünderten Staatskasse starte, ist mit insgesamt 60 Kabinetts- und Staatsministern die bisher größte des Landes.
Unmittelbar nach der Wahl hat die abgewählte Premierministerin Sheikh Hasina Wajed das Ergebnis der Wahlen abgelehnt: Die Abstimmung sei deutlich zugunsten der BNP manipuliert worden. Die von ihr geführte AL werde die Legitimation der Regierung nicht anerkennen und die Mitarbeit im Parlament verweigern. Neben der von der AL der Parteilichkeit bezichtigten Fair Election Monitoring Alliance haben aber auch zahlreiche bengalische und ausländische Nichtregierungsorganisationen sowie eine mit der AL alliierte Abspaltung der Jatiya Party bestätigt, dass die Wahlen prinzipiell fair und frei gewesen seien. Die gemeldeten Unregelmäßigkeiten hätten kein wahlbeeinflussendes Ausmaß gehabt.
Bisher hielten sich alle AL-Parlamentarier an die Anweisung ihrer Vorsitzenden und blieben der Vereidigung der Regierung sowie der Eröffnungssitzung der Jatiya Sangsad, des Parlaments, fern. Die Holiday berichtet jedoch in ihrer Ausgabe vom 26. Oktober, Hasina stünde unter enormem Druck der 62 erfolgreichen Kandidaten, die auf ihren Parlamentarier-Status nicht verzichten wollten. Außerdem seien die den Parlamentsboykott begleitenden Protestkundgebungen und Streikaufrufe kaum auf Resonanz gestoßen. Die Zeitung geht davon aus, dass die Blockade noch eine Weile aufrecht erhalten werde, damit die angeschlagene Parteivorsitzende ihr Gesicht wahren könne, spätestens in der zweiten Hälfte der Winter-Sitzungen sei jedoch mit dem Einzug der allermeisten AL-Parlamentarier zu rechnen.
Unabhängig von dem Einzug der AL-Parlamentarier werden die Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Koalition in der kommenden Legislaturperiode an Schärfe gewinnen: Mit der Jama'at-i-Islami sind erstmals die Gegner der unter Führung von Hasinas Vater Sheikh Mujibur Rahman erkämpften Unabhängigkeit an der Regierung beteiligt, was neben einer stärkeren "Islamisierung" des Staates auch zu einer Infragestellung des nationalen Gründungskonsens als säkulare, bangalische Nation mit Mujibur Rahman als Gründungsvater führen könnte.
Politisch hat sich Khaleda Zia in den ersten Tagen im Amt noch nicht nennenswert hervorgetan: Neben der unablässigen Wiederholung, dass auch in Bangladesch nach dem 11. September nichts mehr sei wie bisher, äußerte sie ihre Bereitschaft, mit der AL zu sprechen, um sie zu einer Mitarbeit im Parlament zu bewegen. Direkte Gespräche zwischen den verfeindeten Spitzenpolitikerinnen, die zuletzt sogar Telefongespräche verweigerten, begannen jedoch noch nicht. Besondere Geduld bei der Umsetzung des "unbedingten Sparwillens", beim Kampf gegen die Korruption und bei der Förderung der Wirtschaft - insbesondere die exportorientierte Baumwollindustrie klagt nach den Anschlägen in den USA über massive Verluste - wird die neue Regierung wohl nicht erwarten können.
Wichtigster Kritikpunkt an Khaleda ist aber ihr mindestens unprofessioneller Umgang mit den Angriffen auf Hindus, die nach den Wahlen in verschiedenen Landesteilen ausbrachen: Auch wenn die Unruhen nach Ansicht der meisten Beobachter nicht - wie die AL behauptet - von der BNP initiiert worden seien, hat die Premierministerin kaum etwas getan, um sie einzudämmen. In einer ersten Stellungnahme hatte Khaleda gar behauptet, die Vorwürfe seien konstruiert, um ihre Allianz in Misskredit zu bringen. Erst auf direkte Aufforderung durch den scheidenden Übergangspremier Latifur Rahman hin, und nachdem Repräsentanten der Hindus drohten, die Mitte Oktober stattfindenden Durga-Feierlichkeiten ausfallen zu lassen, wies sie die Exekutive zum strikten Vorgehen gegen die Straftäter an. Die Durga-Pujas konnten schließlich weitgehend friedlich stattfinden, doch die Chance, der neuen Regierung das Vertrauen der etwa 15 Millionen bangalischen Hindus - die in ihrer überwiegenden Mehrheit traditionell für die stärker säkular orientierte Awami League stimmen - zu gewinnen, ist vorerst vertan.
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