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Die Ursache des Brandes ist noch immer unklar. Zum Zeitpunkt der Katastrophe gab es in Erwadi 15 dieser "Anstalten". Die insgesamt fast 600 geistig Behinderten und seelisch Kranken waren zum Teil über Monate angekettet und lebten unter erbärmlichen Bedingungen. Viele verbrachten mehrere Jahre in Erwadi, da sie von ihren Familien verstoßen worden waren oder keinen anderen Ausweg sahen.
Erwadi ist durch das Grabmal (Dargah) von Sultan Syed Ibrahim Shaheed Valiyullah bekannt, einem Marokkaner, der nach Indien kam, um den Islam zu verbreiten. Der Legende nach soll Shaheed Valiyullah, der im Jahre 1198 starb, einem seiner Nachkommen im Traum erschienen sein und ihn beauftragt haben, sein Grabmal an einem bestimmten Ort zu errichten, wo das Wasser für 41 Tage im Jahr heilig sei und die Menschen von ihren körperlichen und seelischen Leiden erlösen könne. Dies ist der Ursprung des Glaubens, der vor allem geistig behinderte und seelisch kranke Menschen seit Jahrhunderten nach Erwadi zieht. Nachdem der Zustrom immer stärker wurde, begann man rund um das Dargah, "Anstalten" für die Heilsuchenden zu errichten. Nach Behördenangaben soll diese Entwicklung vor allem in den letzten zehn Jahren zugenommen haben. Ironischerweise wurden die meisten der "Heilanstalten" von Menschen betrieben, die vor 15 oder 20 Jahren selbst nach Erwadi kamen und keinerlei medizinische oder psychologische Ausbildung haben. Die Behandlung der hilflosen Kranken bestand lediglich darin, das Dargah-Wasser zu trinken und sich mit Öl aus einer im Grabmal brennenden und ebenfalls als heilig geltenden Lampe zu benetzen.
Die Brandkatastrophe hat in Indien ein breites Medienecho hervorgerufen und die erschreckenden Zustände in Erwadi öffentlich gemacht. Die Landesregierung von Tamil Nadu leitete daraufhin am 13. August die Schließung aller "Anstalten" ein. 152 Patienten wurden ins Institute of Mental Health (IMH) in Chennai (Madras) verlegt, das zur Erweiterung seiner Kapazitäten umgerechnet 500.000 D-Mark zugewiesen bekam. Die anderen kehrten in ihre Familien zurück. An die Angehörigen der Opfer wurden jeweils 2.500 D-Mark gezahlt. Darüber hinaus wurde am 20. August ein auf 5 Millionen D-Mark veranschlagtes Programm ins Leben gerufen, durch das die medizinische Versorgung der Betroffenen und die Ausbildung von Ärzten, Psychologen und Pflegern in Tamil Nadu verbessert werden soll. Die Regierung plant außerdem, in jedem Distrikt ein Krankenhaus mit zehn Betten für seelisch Kranke einzurichten.
Sicherlich stellen die Sofortmaßnahmen für die 152 ins IMH verlegten Patienten einen Fortschritt dar. Doch was geschieht mit denen, die zu ihren Familien zurück geschickt wurden? Die Betroffenen wissen nicht, wie sie mit ihren seelisch kranken Angehörigen umgehen sollen und haben kein Geld, um sie in privaten Krankenhäuser behandeln zu lassen. In der Zeitschrift Frontline äußerte ein in Madurai ansässiger Psychiater, daß das Programm zur Verbesserung der medizinischen Infrastruktur in Tamil Nadu nur einen ersten Schritt darstellen kann. Aufgrund der schlechten sozialen Stellung der Betroffenen und ihrer Angehörigen in Indien sei es vielmehr notwendig, in Zusammenarbeit mit Nicht-Regierungsorganisationen die Menschen auf kommunaler Ebene für das Problem zu sensibilisieren und die Vorurteile gegenüber geistig Behinderten und seelisch Kranken abzubauen. Zudem sind Regelungen auf Zentralstaatsebene notwendig, um die Situation betroffener Menschen in ganz Indien zu verbessern und sie aus ihrer Isolation zu befreien.
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