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30. April 2001. Nachrichten: Politik & Recht - Indien Premierminister Vajpayee zu Gesprächen im Iran

Der indische Premierminister Atal Behari Vajpayee hielt sich vom 10. bis 13. April 2001 zu einem viertägigen Staatsbesuch im Iran auf. Der Besuch diente dabei vor allem der Festigung der sich seit Beginn der neunziger Jahre vollziehenden Annäherung und Zusammenarbeit zwischen den west- und südasiatischen Führungsmächten.

In der "Erklärung von Teheran" setzen sich Indien und der Iran für eine völlige Abschaffung von Massenvernichtungswaffen - einschließlich von Nuklearwaffen - ein. Beide Staaten kündigten jedoch eine verstärkte Zusammenarbeit mit Rußland bei der zivilen Nutzung der Kernenergie an. Darüber hinaus verurteilen sie den internationalen Terrorismus. Der iranische Präsident Syed Mohammed Khatami wandte sich vor der Presse explizit gegen den von Afghanistan ausgehenden Drogenhandel und die Zerstörung der weltberühmten Buddhastatuen von Bamiyan durch die Taliban. Sowohl Indien als auch der Iran treten im Afghanistan-Konflikt für eine Verhandlungslösung unter Einbeziehung aller Parteien ein, die zu einer Ablösung des gegenwärtigen Regimes führen müsse. Beide Länder streben zusammen mit Rußland eine Isolierung und Schwächung des fundamentalistischen Taliban-Regimes an.

Der Besuch von Vajpayee diente auch der Förderung indischer Wirtschaftsinteressen im Iran. Der indische Staatsminister für Handel und Industrie, Omar Abdullah, unterzeichnete fünf Wirtschaftsabkommen, u. a. Handel und Energiezusammenarbeit, Informationstechnologie und Zollfragen betreffend. Iran ist traditionell ein wichtiger Erdöllieferant für Indien. Wegen seiner großen Erdgasreserven und des immensen indischen Bedarfs an Energie strebt New Delhi eine langfristig angelegte Versorgung aus dem Iran an. Allerdings dürfte die zwar kostengünstigste Versorgung über Pipelines durch pakistanisches Staatsgebiet für keine indische Regierung aus Sicherheitserwägungen auf absehbare Zeit akzeptabel sein. Angesichts dieser Lage importiert Indien bis auf weiteres verflüssigtes Naturgas mit Schiffen.

Auch die Privatisierungspläne für die iranischen Staatsbetriebe wecken zunehmendes Interesse indischer Investoren in den Bereichen Schwermaschinenbau, Stahl, Petrochemie, Düngemittel, Textilien, Konsumgüter und Infrastruktur. Die Unternehmen betrachten den Iran darüber hinaus als ein mögliches Eingangstor in die wohlhabenden Staaten am Persischen Golf. Trotz des Nachteils einer fehlenden Landverbindung zeigt die iranische Seite Interesse an indischer Hilfe im Informationstechnologie-Sektor, an der Herstellung von Last- und Personenkraftwagen sowie an Konsumgütern. Eine hochrangige Delegation des zweitgrößten indischen Unternehmerdachverbandes Federation of Indian Chambers of Commerce and Industry (FICCI) weilte zeitgleich mit dem indischen Premierminister in Teheran. Die FICCI schlug einen neuen Transportkorridor vor, der Indien, den Iran, das Kaspische Meer und Rußland einschließen würde.

Nach Einschätzung von Beobachtern symbolisiert der Besuch Vajpayees eine neue Qualität der bilateralen Beziehungen und zeigt den zunehmenden Pragmatismus Indiens gegenüber Staaten der islamischen Welt. Politische Mäßigung und Opposition gegenüber religiösem Extremismus werden von der grundsätzlichen Haltung ergänzt, die Beziehungen der islamischen Länder zu Pakistan nicht mehr zu einem Kriterium für die eigenen bilateralen Beziehungen zu machen.

Quellen

  • Klaus Voll, "Iran und Indien: Konsolidierte Annäherung und Zusammenarbeit", FES-Büro New Delhi, 17.4.2001.

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