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Wie beim ersten Streik am 2. April machte die Zentralregierung in Kathmandu den Bürgern gegenüber Versprechen für Schutz zu sorgen, drohte aber gleichzeitig denen mit Bestrafung, die dem Aufruf zum Ausstand folge leisten. Dennoch legte die Angst vor einer Vergeltung der Maobadi dann tatsächlich Verkehr und Wirtschaft des Himalaya-Staates für die gesamte Streik-Zeit nahezu vollkommen lahm.
Die Maobadi eröffneten die Streik-Tage in beiden Fällen mit einer Welle der Gewalt, die hauptsächlich auf staatliche Ziele abzielte und die ohnehin schwache Infrastruktur weiter schwächte. Neben lokalen Energieanlagen, Telekommunikationseinrichtungen und Polizei- bzw. Militärstationen wurden auch verstärkt Anschläge auf prestigeträchtige Ziele verübt. So wurde Ende April das Anwesen des Premierministers Sher Bahadur Deuba im äußersten Westen des Landes vollkommen zerstört.
Die Rebellen mussten bei ihren Anschlägen allerdings schwere Verluste hinnehmen. Doch auch die Opferzahlen in den Reihen der Polizei und Armee sind hoch. Allein seit der Ausrufung des Ausnahmezustandes im vergangenen November sind ca. 2000 Menschenleben zu beklagen. Dem allgemeinen globalen Sprachgebrauch folgend bezeichnet die Zentralregierung die Maobadi – ihre ehemaligen Geprächs- bzw. Verhandlungspartner - seit einigen Monaten als "Terroristen". Premierminister Deuba, der bei seinem Amtsantritt die Absichtserklärung über eine Lösung – möglichst im Dialog mit den Rebellen – angekündigt hat, scheint nicht mehr "Herr der Lage" zu sein. Das zeigte sich durch seine Hilfsgesuche an ausländische Regierungen, namentlich Indien und die USA. Dabei brach unter seiner Regie der Dialog mit den Gegnern im Vorjahr ab. Die Zeitungen des Königreiches berichten täglich von mehreren Dutzend Opfern. Die Neue Zürcher Zeitung berichtete von 330 Toten innerhalb von zehn Tagen im April, was sie dazu veranlasste, den Bürgerkrieg aufgrund seiner Härte mit den Konflikten in Sri Lanka und Kashmir zu vergleichen.
Angesichts solcher Bluttaten, wie sie Nepal am 12. April bei der Erstürmung auf die Residenz des Ministers für innere Sicherheit erlebte, bei der im 325 Kilometer westlich von Kathmandu entfernten Dorf Satbariya mind. 50 Polizisten und Zivilpersonen getötet wurden, ist die Brutalität der Auseinandersetzung auf einem neuen Niveau angelangt. Doch auch die staatlichen Sicherheitskräfte stehen den Rebellen in nichts nach. So wurden in den Folgetagen der Kämpfe bei Satbariya bei Ausgrabungen Massengräber mit angeblich über 200 Leichen entdeckt, die zum Nachteil einer möglichen Identifizierung allesamt enthauptet waren. Es wird angenommen, dass es sich um gefallene Maobadi handelt, die ihre Toten üblicher Weise nicht am Tatort zurücklassen.
Die bessere Ausrüstung der staatlichen Sicherheitskräfte versuchen die Maobadi durch eine größeren Opferbereitschaft zu kompensieren. Letztere beziehen ihre Waffen von indischen Gruppen mit einer ähnlichen Ideologie oder – wie es aus indischen Kreisen während des Staatsbesuches des nepalesischen Premiers im Vormonat in New Delhi hieß – vom pakistanischen Geheimdienst ISI.
Der maoistische Chefideologe Baburam Bhattarai (alias Pushpa Kamal Dahal oder Prachanda) nutzt aber nicht nur die hohe Akzeptanz des Tötens in der nepalesischen Stammeskultur - wie ja der kriegerische Ruf etwa der Gurkha-Soldaten vermuten lässt – sondern bietet auch Alternativen. So heißt es von den Maobadi, sie besitzen eine hohe Disziplin, was sie in den "befreiten" Gebieten im schwer zugänglichen westlichen Hochgebirge durch eine eigene Verwaltung und Rechtsprechung zu unterstreichen versuchen. Der Ruf der Maobadi nach sozialen Reformen sichert ihnen große Akzeptanz in weiten Teilen der Bevölkerung. Dennoch gehören genau diese Bevölkerungsschichten zu den Verlierern des Konflikts, da sie zwischen die Fronten geraten..
Die Maobadi haben klar definierte Ziele, die Graffitis - scheinbar allgegenwärtig im Land - an den Wänden verkünden. Primär streben die Rebellen die Abschaffung der Monarchie an. Für die sie sind der neue König Gyanendra und sein Sohn Paras Kriminelle, die den Thron in einem blutigen Staatsstreich erobert haben. Gyanendras Absetzung sei die Minimalbedingung für die Einführung einer "echten Volksdemokratie", die im Unterschied zur parlamentarischen Demokratie keinen Platz lasse für eine faschistische und monarchische Staatsordnung. Auch unabhängige Beobachter sehen die Verfassung, die eine Reihe von Benachteiligungen mancher Bevölkerungsgruppen enthält, als eine Ursache des maoistischen Aufstandes. So blieb der kürzlich verkündete Verhandlungsaufruf des Königs unbeachtet. In einem offenen Brief des Maobadi-Führers Bhattarais verkündete dieser, dass der "Volkskrieg" auf die Eliminierung der feudalen Monarchie abziele. Schließlich habe "Nepal die gleichen Rechte wie die europäischen Staaten, die die Monarchie im 18. und 19. Jahrhundert abgeschafft" hätten. Die gegenwärtige Staatsform sei verantwortlich für "die abgrundtiefe Armut, die haarsträubende Ungleichheit und die chronische Unterentwicklung" des Landes.
Weder durch die Aufrüstung der Sicherheitskräfte noch durch den Einsatz der anfänglich übermächtig scheinenden Armee im Landesinnern gelang es der Regierung, der Niederwerfung des Aufstands näher zu kommen. Umgekehrt ist aber auch ein militärischer oder politischer Sieg der Maoisten in unabsehbare Ferne gerückt. Angesichts der Härte der Auseinandersetzung scheint ein Frieden in dem Himalaya-Staat nur möglich zu sein, wenn einige der Veränderungen, die die Moabadi fordern, umgesetzt werden. Die massive Korruption steht dem Frieden und sozialen Reformen weiterhin im Weg, und die Lage der Menschenrechte ist dramatisch.
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