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02. Oktober 2000. Indien Bevölkerung

Struktur und Dynamik

Offiziell wurde am 11. Mai 2000 die Milliardengrenze der Einwohnerzahl Indiens überschritten. Somit leben auf 2,4% der gesamten Fläche der Erde, welche das Land einnimmt, 16% der Weltbevölkerung, etwa jeder sechste Erdenbewohner ist eine Inderin oder ein Inder. Mehr als 400 Mio. Menschen davon fristen ihr Leben unterhalb der von der UNO festgelegten Armutsgrenze.

Obwohl mit etwa 70% die Mehrzahl seiner Bewohner auf dem Land lebt, überflügelt Indien sowohl die USA als auch die Volksrepublik China, was die Zahl der städtischen Bevölkerung angeht. Rund 193 Mio. Menschen wohnen in Indiens Städten. Die alles andere als kleine Anzahl der Inder, die vom Land in die Stadt flüchten, ist im Vergleich zu anderen Entwicklungsländern eher gering. Indien ist auch heute noch ein Land der Dörfer. Nahm zwischen 1981 und 1991 die Stadtbevölkerung um 58 Mio. zu, waren es im gleichen Zeitraum auf dem Land rund 103 Mio.

Unionsstaaten mit dem höchsten ruralen Bevölkerungsanteil waren 1991 Himachal Pradesh (91,3%), Sikkim (90,0%) und Assam (88,9%). Dagegen weisen Gujarat (65,5%), Maharashtra (61,3%), Goa (58,9%) und Mizoram (53,9%) die geringste Anzahl an ländlichen Bewohner auf.

Die letzte große Volkszählung und Datenerhebung im Jahre 1991 ergab eine Bevölkerungsdichte von 267 Menschen pro km². 1999 wurde sie auf 311 Menschen pro km² geschätzt. Dabei ist die Bevölkerungsdichte in der Gangesebene, Kerala sowie dem Großraum Mumbai (Bombay) am größten und in den Bergregionen im Norden, Rajasthan und Madhya Pradesh am geringsten. Im Vergleich dazu lebten im Jahr 1901 ungefähr 77 und 1981 etwa 216 Menschen auf einem Quadratkilometer.

Eine Gliederung Indiens in reiche und arme Bundesstaaten fällt etwas schwer aufgrund der unterschiedlichen Indikatoren. Gemessen am Pro-Kopf-Einkommen ist der Punjab der reichste und Bihar der ärmste Staat. Dies sagt jedoch nichts über die Lebensverhältnisse seiner Bewohner aus. So leben in Maharashtra, das das zweithöchste Pro-Kopf-Einkommen Indiens hat, mit 29% ein fast doppelt so großer Anteil von Menschen unter der Armutsgrenze wie in Kerala, das ein relativ geringes Pro-Kopf-Einkommen hat.

Familienplanung

Das Problem einer eventuellen Bevölkerungsexplosion wurde in Indien schon um die Jahrhundertwende erkannt. Familienplanung wurde jedoch erst mit der Unabhängigkeit ein Thema.

In den 1950er Jahren entstanden die ersten Programme seitens der Regierung, die u.a. die Einführung von Verhütungsmitteln beinhalteten. Die Regierung erhoffte sich ähnlich positive Effekte der Industrialisierung und verbesserte Lebensverhältnisse, wie in anderen Entwicklungsländern. Aufgrund einer durchschnittlich höheren Lebenserwartung, ist zwar die Sterberate erheblich gesunken, jedoch nicht die Anzahl der Geburten, welche in etwa gleich blieb. Im Gegensatz zu den westlichen Industrieländern, die im 18. und 19. Jahrhundert eine ähnliche Entwicklung durchmachten, pegelte sich in Indien das Verhältnis von Geburten und Todesfällen bisher nicht ein und somit wächst die Bevölkerung ständig weiter.

In den 1960er Jahren entwickelte die Regierung Pläne zur Senkung des Wachstums von 4,1 auf 2,5% bis in die 1970er Jahre. Mit dem Fünf-Jahresplan 1974 wurde das Bevölkerungsproblem in die Schullehrpläne aufgenommen. Zweifel an den Versuchen der Regierung, die Bevölkerungsrate zu senken, kamen angesichts der Zwangssterilisations-Kampagne auf, die unter Indira Gandhis Notstandsregime von 1975-77 durchgeführt wurde, und deren Opfer insbesondere Männer aus den Unterschichten wurden. Auch die Auflage für Beamte und Angestellte im öffentliche Dienst, nur zwei Kinder zu bekommen, erzielte keine wesentlichen Erfolge. Zu dieser Zeit beliefen sich die Kosten für Familienplanung auf etwa 5 Milliarden Rs., sanken dann aber wieder angesichts der enttäuschenden Ergebnisse.

Trotz massiver Versuche sank das Wachstum bis 1991 nicht wesentlich. Zwischen 1981 und 1991 betrug es jährlich schätzungsweise 2%.

Gründe dafür sind unter anderem die Ablehnung der Bevölkerung von Verhütungsmitteln und der Mangel seitens der Zentralregierung an anderen wirksamen, durchsetzbaren Strategien vor allem in den ländlichen Gebieten. Zwar stieg die Zahl der Paare, die angaben, Verhütungsmittel zu benutzen, von 12% (1972) auf 43% (1993) an. Nach Untersuchungen der New Dehli Operation Research Group bekommen aber viele Paare so lange Kinder, bis sie zwei Söhnen haben. Erst dann willigen einige in eine Sterilisation ein.

Die Bevorzugung männlicher Nachfahren ist immer noch sehr verbreitet und damit verbunden die Tötung von Mädchen noch im Mutterleib oder kurz nach der Geburt. Laut Menschenrechtsorganisationen gibt es noch bis zu 10.000 Fälle von Kindestötung jährlich. Diese Praxis ist ein Grund für das Frauendefizit das in den meisten Regionen Indiens herrscht. Das Verhältnis betrug 1981 noch 934 Frauen auf 1.000 Männer, 1991 waren es nur noch 927. Lediglich im Staat Kerala verhält es sich umgekehrt.

Dabei stellt vor allem die Bildung der Frauen einen wichtigen Faktor in der Familienplanung dar. Die Auswertung der Daten der Volkszählung ergab, daß die Kindersterblichkeit bei Müttern mit Schulbildung wesentlich geringer war. Eine Investition in die Bildung, nicht nur aber vor allem der Frauen, bedeutet aber nicht nur den Rückgang der Kindersterblichkeit, sondern letztendlich auch der Geburtenrate.

Kerala und ebenso Tamil Nadu, teilweise Punjab, Maharashtra und Karnataka machten bisher die positivsten Fortschritte in Richtung stabiler Bevölkerung, Indien als Ganzes ist aber noch weit davon entfernt.

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