Inhalt

04. Dezember 2009. Kommentare: Politik & Recht - Sri Lanka Ein Sieger zu viel

Politischer Machtkampf im Vorfeld der Präsidentschaftswahl in Sri Lanka

Unter dem Kommando Sarath Fonsekas besiegte das Militär Sri Lankas die tamilischen Guerilleros der LTTE. Nun will der General Präsident werden.

"Bedenke, dass du ein Mensch bist", pflegte der hinter dem Feldherrn auf der Quadriga stehende Sklave bei den römischen Triumphzügen zu flüstern. Dies hielt den Gemahnten jedoch selten davon ab, nach politischer Macht zu streben. Da der militärische Ruhm des Geehrten dem Kaiser gefährlich werden konnte, blieben die Triumphzüge seit Titus dem Herrscher vorbehalten.

Auch Sri Lankas Präsident Mahinda Rajapaksa will den Sieg über die Guerillaorganisation Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) gerne allein für sich beanspruchen. Doch sein Feldherr, der Mitte November entlassene Generalstabschef Sarath Fonseka, möchte den Ruhm für eine politische Karriere nutzen, und die bisher zersplitterte Opposition des südasiatischen Inselstaates überbietet sich im Werben um ihn.

Auf dem Gipfel des nationalistischen Siegestaumels im Sommer dieses Jahres forcierte die regierende UPFA-Koalition eine Verfassungsänderung, die eine vorzeitige zweite Amtszeit Rajapaksas ohne Wahlen ermöglicht hätte. Der Plan scheiterte am Widerstand der Opposition. Nun kündigte Rajapaksa in der vergangenen Woche eine vorgezogene Präsidentschaftswahl für Januar 2010 an.

Der Krieg konnte gewonnen werden, doch der Frieden lässt sich nur schwer meistern. Die Wirtschaft stagniert, die Tourismuseinnahmen gehen wegen der globalen Krise stark zurück und die Versorgungslage ist angespannt, nicht nur in den zurückeroberten Landesteilen. Die Regierung sieht sich mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert. Dass der Präsident, wie nahezu alle seine Vorgänger, Verwandte mit einflussreichen Posten versorgt, weckt Unmut. Rajapaksa, dessen reguläre Amtszeit erst in zwei Jahren endet, möchte nun lieber schnell wählen lassen, solange man sich seines Sieges über die LTTE noch erinnert.

Da kommt die Kandidatur Fonsekas ungelegen. Unter den diversen um ihn werbenden Parteien hat der General sich nun für die UNP um den ehemaligen Premierminister Ranil Wickremesinghe entschieden. Damit macht sich der General a.D. auch Feinde. Ein Sprecher der singhalesisch-nationalistischen JVP, die ihre Basis im eher unterentwickelten Süden des Landes hat und die die Minderheitsregierung der UPFA stützt, stellte fest, dass Fonseka "vom Helden zum Verräter" geworden sei, da er nun mit jenen zusammen­arbeite, die lange Zeit die "Auslöschung" der LTTE verhindert hätten. Die UNP hatte versucht, mit den tamilischen Guerilleros zu verhandeln.

Die Regierung hat sich offiziell zu Fonsekas Kandidatur noch nicht geäußert. Doch der neue Oberkommandierende Jagath Jayasuriya wirft seinem Vorgänger Amtsvergehen vor, der wiederum bezeichnet seinen Nachfolger als Fehlbesetzung. Der Regierung nahe stehende Journalisten suchen in Fonsekas Umfeld nach belastendem Material. Der Personenschutz für den einstigen Kriegshelden, der 2006 bei einem Attentat der LTTE verletzt worden war, wurde auf Betreiben der Sicherheitsbehörden verringert. Das kann als deutliche Warnung verstanden werden.

Vergessen wird von den Kontrahenten beim Wettbewerb um den Kriegsruhm offenbar, dass auch Tamilen und Muslime, die unter dem Bürgerkrieg und dessen Folgen am meisten leiden, zur Wahl gehen. Ihre Stimmen könnten sogar entscheidend sein. Rajapaksa kündigte zwar eine Schließung der Lager, in denen rund 130.000 tamilische Zivilisten interniert sind, bis Ende Januar an. Am Dienstag durften 6.000 Internierte die Lager verlassen. Doch allzu viel Popularität dürfte dieser Gnadenakt Rajapaksa nicht bescheren. Fonseka, der militärische Verantwortliche für einen Feldzug mit Tausenden Opfern unter der Zivilbevölkerung, dürfte die Herzen der Überlebenden jedoch auch nicht gewinnen können.

 

Quellen

Der Beitrag erschien im Original am 3. Dezember 2009 in der Wochenzeitung Jungle World 49/2009.

 

Kommentare

Als registriertes Mitglied können Sie einen Kommentar zu diesem Beitrag verfassen.