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Der heutige Waffenstillstand ist das Ergebnis eines Abkommens, das am 22. Februar 2002 von der Regierung Sri Lankas und der LTTE unterzeichnet worden ist. Damit kam der Bürgerkrieg zum Stillstand, der mit eskalierender Intensität hunderte von Opfer bei jeder Schlacht gefordert und am Ende gar zur monatelangen Schließung des einzigen internationalen Flughafens des Landes geführt hatte. Der Wandel, der Sri Lanka seit dem Waffenstillstand erfasst hat, ist ein Grund zum Feiern. Höchst positiv für die gesamte Bevölkerung ist dabei, dass ein Wiederaufflammen des Kriegs immer unwahrscheinlicher wird. Dennoch befürchten immer noch viele, dass der Waffenstillstand von 2002 nur das Vorspiel für noch weit schlimmeres Blutvergießen sein wird.
Doch nun hält der Waffenstillstand bereits seit dreieinhalb Jahren und die Ängste der Skeptiker erwiesen sich als weithin unbegründet. Der letzte Bericht zur Einhaltung des Waffenstillstands der internationalen Beobachtermission SLMM berichtet von mehreren tausend Waffenstillstandsverletzungen durch die LTTE und von mehreren hundert solcher Akte seitens der Regierung. Vor allem die LTTE hat sehr viele Morde zu verantworten. Doch weder die LTTE noch die Sicherheitskräfte Sri Lankas haben seitdem je direkte Kampfhandlungen ausgetragen. In drei Fällen wurden allerdings LTTE-Schiffe, die angeblich Waffen schmuggelten, durch die Marine Sri Lankas versenkt. Doch verzichtete die LTTE auf einen Gegenschlag.
Trotz ihrer starken persönlichen Rivalität haben sich die führenden Politiker Sri Lankas im Großen und Ganzen in diesen dreieinhalb Jahren des Waffenstillstands verantwortlich verhalten. Die Präsidentin Chandrika Kumaratunga hatte sich mit dem Vorwurf abzufinden, dass das Waffenstillstandsabkommen vom Februar 2002 ohne ihr Wissen zwischen LTTE-Chef Prabhakaran und Premierminister Wickremesinghe vereinbart worden war. Als Staatsoberhaupt und Oberkommandierende der Streitkräfte hätte die Präsidentin dieses Abkommen auch ablehnen können, was sie mit bemerkenswerter Bescheidenheit nicht tat. Als die Präsidentin eine politische Allianz mit der JVP einging, um die Regierung Wickremesinghe zu entlassen, schien das Waffenstillstandsabkommen zu wackeln. Diese Gefahr ging von der Einschätzung der JVP aus, dass das Abkommen Landesverrat sei. Die JVP forderte die Aufkündigung des Waffenstillstandsabkommens und die Ausweisung der norwegischen Vermittler. Doch auch der Sieg der Allianz von JVP und People’s Alliance bei den Parlamentswahlen von 2004 führte nicht zu diesem schlimmsten Szenario. Vielmehr nahm auch die JVP Schritt für Schritt eine verantwortlichere Haltung ein und anerkannte die Vorteile des Abkommens.
Das erfolgreiche Waffenstillstandsabkommen hatte eine weitere positive Auswirkung, nämlich die deklarierte Absicht der LTTE, mit der Regierung in der Bewältigung der Folgen des Tsunami zusammenzuarbeiten. Vor dem Tsunami schien sich die LTTE völlig auf die Verwirklichung ihres Vorschlags zur Einführung einer "provisorischen Selbstverwaltungsbehörde" (Interim Self Governing Authority) in den Nordostgebieten zu versteifen. Im November 2003 schlug sie nämlich eine von ihr dominierte Übergangsregierung mit umfassender Regierungsgewalt für den gesamten Nordosten vor, einschließlich jener Gebiete, die sich noch unter Regierungskontrolle befinden. Die LTTE beharrte darauf, dass man über nichts anderes mit der Regierung verhandeln würde als über diese ISGA. Doch gerade diese Lösung wurde von den Gegnern der LTTE völlig dämonisiert und so brachte die Regierung nicht den politischen Willen auf, diese Frage mit der LTTE zu verhandeln.
Nach dem Tsunami vom 26. Dezember 2004 trat die LTTE dennoch in Verhandlungen mit der Regierung ein, um eine sofortige Lösung für die Verteilung der ausländischen Tsunami-Hilfsgelder zu finden. Ein solcher befristet in Kraft gesetzter "Mechanismus" hätte nicht den erheblichen institutionellen Aufwand wie die "Selbstverwaltungsbehörde" mit sich gebracht, die z.B. auch eine separate Justiz und Küstenwache vorgesehen hätte. Es wäre durchaus möglich gewesen, Entscheidungsgremien für eine begrenzte Zeit ausschließlich für die Verteilung der Hilfsgelder einzusetzen. Die Regierung und die LTTE wären beide nach einer Testphase in der Lage gewesen, den Mechanismus wieder aufzulösen oder auch auszubauen. Das Angebot des Oppositionsführers Wickremesinghe zur Zusammenarbeit mit der Regierung bezüglich der Verwaltung der Tsunami-Hilfsgelder passt zum Bedarf der Regierung, eine eigene Verteilungsschiene in Zusammenarbeit mit der LTTE für die Tsunami-Opfer im Nordosten aufzubauen. Unglücklicherweise stellte sich der kleinere Regierungspartner JVP sehr stark gegen dieses Vorhaben und kritisierte sowohl NGOs als auch einen Teil der Medien mit dem Vorwurf, den Friedensprozess zu fördern, der von Norwegen vermittelt werde. Die JVP weigerte sich, diesen Tsunami-Hilfsgelderverteilungsmechanismus zu unterstützen, weil sie ihn als weiteren Schritt zur Errichtung einer Interim-Verwaltung des Nordostens durch die LTTE im Stil der vorgeschlagenen ISGA betrachtet.
Nun entspräche es vermutlich dem natürlichen Instinkt der angegriffenen Parteien, von der JVP Distanz zu halten und zum Gegenangriff überzugehen. Doch jene, die eine langfristige und nachhaltige Lösung des ethnischen Konfliktes anstreben, müssen sich gewahr sein, wie wichtig dafür ein nationaler Konsens ist. Die JVP ist keine bloß marginale Erscheinung oder eine Splitterpartei, sondern eine der größten politischen Parteien des Landes mit hunderttausenden Wählern und sogar Millionen, die ihrer nationalistischen Sicht der Dinge zustimmen. Als Juniorpartner in der Regierung hat die JVP die Möglichkeit, den Friedensprozess jederzeit entgleisen zu lassen, indem sie ihr die parlamentarische Unterstützung entzieht. Als Oppositionspartei wiederum hat die JVP die Möglichkeit, ihre Anhänger zu mobilisieren und Demonstrationen auf die Straßen zu bringen.
Vor vielen Jahren, als der Bürgerkrieg tobte und jeden Monat hunderte Menschen in den Kämpfen starben, sprach nur eine Handvoll Organisationen wie der National Peace Council klar aus, dass es ohne die LTTE keine politische Lösung für den ethnischen Konflikt geben könne. Deshalb drängten diese Gruppen darauf, dass jeder echte Friedensprozess die LTTE als Partner einbringen müsse und als einen unverzichtbaren Teil der Lösung. Die Entwicklung hat ihnen Recht gegeben. In derselben Weise ist es nötig, dieselbe Position heute mit Bedacht auf die JVP einzunehmen. Es kann keine gangbare und stabile politische Lösung des Konfliktes geben, wenn die JVP ausgeschlossen bleibt.
(Aus dem Englischen von Benedikter, Thomas )
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