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ffZunehmend ist wieder von Überfällen der Rebellen die Rede sowie von Übergriffen des Militärs gegen die nichtbengalische Bevölkerung. Außerdem ist eine zunehmende Radikalisierung spürbar und die Angst vor einer Islamisierung der Region wächst, vor allem im Ausland. Nur Wenige glauben noch an die vollständige Umsetzung des Abkommens. Die Befürworter und Träger des Friedensprozesses in den Reihen der ehemaligen Widerstandsbewegung fühlen sich von der Regierung Bangladeschs betrogen. Gleichzeitig werden sie von der internen Opposition unter Druck gesetzt, den Kampf um die vollständige Autonomie wieder aufzunehmen.
Grund für die Unzufriedenheit und das Aufflammen der Gewalt sind die unzähligen nicht eingehaltenen Vereinbarungen des Abkommens. Außerdem trägt die Situation zu einer zunehmenden Spaltung der indigen Völker der Region bei. Doch die Regierung in Dhaka unter Begum Khaleda Zia ist entweder nicht willens oder nicht in der Lage, den Chittagong Hill Tracts die lang ersehnte Stabilität in zu bringen.
Die indigenen Bewohner der Chittagong Hill Tracts kämpften nach der Staatsgründung um Land und gegen den Versuch der Assimilation durch den bengalischen Nationalismus, der sich hauptsächlich auf die bengalische Sprache und Kultur stützt. Der neuen Regierung Bangladeschs ging es einerseits um die nationale Einheit und Sicherheit, die sie durch eine mögliche Autonomie der Chittagong Hill Tracts in Gefahr sah, andererseits um die weitere Erschließung der reichen natürlichen Ressourcen inklusive Gas und Öl. Die geographische Lage der Bergregion ist sicherheitspolitisch einigermaßen prekär. Die Chittagong Hill Tracts haben internationale Grenzen zu den von gewaltsamen Autonomiebewegungen gebeutelten indischen Unionsstaaten Mizoram und Tripura sowie dem von einer Militärjunta beherrschten Myanmar. Außerdem sind die Chittagong Hill Tracts eingeklemmt zwischen den weltweit größten Umschlagplätzen für Drogen und Kleinwaffen.
Die dicht bewaldeten Chittagong Hill Tracts im Südosten Bangladeschs machen etwa ein Zehntel der gesamten Fläche des Landes aus und beheimaten mehr als eine Millionen Menschen. Ungefähr die Hälfte davon gehört den 13 indigenen Volksgruppen sino-tibetischen Ursprungs an. Sie werden im Englischen tribal oder auch hill people genannt, was der lokalen Eigenbezeichnung pahari entspricht, und unterscheiden sich in Sprache, Kultur und Religion nicht nur erheblich von der anderen Hälfte, den bengalisch sprechenden Muslimen, sondern auch untereinander. So sind die größeren Volksgruppen, wie die Chakma, hauptsächlich Buddhisten, die anderen Christen oder Animisten. Zudem hat jede Gruppe ihre eigene Sprache, die sich teilweise gegenseitig beeinflussen oder auch Züge des Bengalischen tragen. Doch ist die ethnische Identität keine starre Kategorie sondern Gegenstand ständiger Transformationsprozesse und wird vor allem seit Ausbruch des Konflikts stark politisiert.
Wechselnde Herrscher und Migrationsbewegungen prägen seit jeher die Geschichte der Chittagong Hill Tracts, doch das endgültige Ende ihrer relativen Unabhängigkeit und Selbstverwaltung begann erst mit der Anbindung an Ost-Pakistan 1947. Auch unter britischer Herrschaft genossen die Chittagong Hill Tracts noch einen Sonderstatus, obwohl erhebliche administrative Veränderungen vorgenommen wurden. Die Chittagong Hills Tracts Regulation von 1900 teilte die Region in drei Distrikte auf und legte unter anderem die Verantwortung für Steuererhebungen in die Hände von indigenen Führern. Außerdem wurde jegliche Migration in die Chittagong Hill Tracts verboten, was die Region weiter vom Rest Bengalens, vor allem ökonomischen Einflüssen isolierte. Die Briten waren es auch, die der Region ihren heutigen Namen Chittagong Hill Tracts (Parvatya Chattagram) gaben. Gleichzeitig schufen sie durch die Bevorzugung einiger Volksgruppen das Fundament heutiger innerethnischer Rivalitäten. So mussten viele Führer kleinerer Volksgruppen ihre Macht an größere Gruppen wie die Chakmas und Marma abgeben.
Die pakistanische Regierung betrieb nach der Teilung 1947 intensiv die ökonomische Entwicklung der Chittagong Hill Tracts. Das Migrationsverbot wurde aufgehoben und Investitionen gefördert. Unter anderem begann 1957 die Errichtung des Kaptai-Damms am Fluß Karnaphuli bei Rangamati. Dieser erzeugte jedoch nicht nur elektrischen Strom, sondern vor allem einen Strom der Flucht dort ansässiger indigener Gruppen. Er raubte den Bauern 40% ihres fruchtbaren Landes und vertrieb etwa 100.000 Menschen. Durch den Verlust des Landes und den Eingriff in die Anbauweisen der Bevölkerung wurde die traditionelle Landwirtschaft in den Chittagong Hill Tracts nachhaltig beeinflusst. Teil des pakistanischen Entwicklungsplans für die Chittagong Hill Tracts war auch die intensive Besiedlung der Chittagong Hill Tracts durch Bengalen aufgrund der wachsenden Landknappheit im dichtbesiedelten bengalischen Kernland. Diese Politik wurde später von der Regierung Bangladeschs fortgeführt. Bengalische Siedler bevölkern zwar schon seit dem 18. Jahrhundert die Region, doch erst nach der Staatsgründung 1971 nahm sie so rapide zu, dass heute fast die Hälfte aller Bewohner in den Chittagong Hill Tracts muslimische Bengalen sind. Zu deren Schutz wurden im Laufe der Jahre immer mehr Soldaten in die Region versetzt und zahlreiche militärische Lager errichtet.
Während des Unabhängigkeitskrieges gab es unterschiedliche Sympathien unter den Einwohnern der Chittagong Hill Tracts, aber keine aktive Teilnahme. Die einen unterstützten Pakistan, andere beschwerten sich darüber, nicht in den Kampf einbezogen zu werden. Im Rest des Landes verhärtete sich daraufhin die Meinung, dass die Bewohner der Chittagong Hill Tracts gegen die Unabhängigkeit Bangladeschs seien. Dabei ging es den indigenen Gruppen anfangs lediglich um die Anerkennung ihrer politischen und kulturellen Interessen in einem Staat, der sich ausschließlich auf eine Identität beruft, die nicht ihre war. Denn der neue Staat begründete sich ausschließlich auf der bengalischen Nationalität, bestehend aus bengalischer Sprache und Kultur, hauptsächlich in Abgrenzung zu Pakistan. Mit dem Islam, obwohl erst später als offizielle Staatsreligion proklamiert, wurde dem Gerüst eine weitere Säule hinzugefügt.
Kurz nach der Unabhängigkeitserklärung, im April 1972, präsentierte Manabendra Narayan Larma, Anführer der sich formierenden Chittagong Hill Tracts Widerstandsbewegung und Bruder von Shantu Larma, ein Manifest. Es enthielt unter anderem die Forderung nach einem Autonomiestatus für die Chittagong Hill Tracts sowie das Verbot der weiteren Ansiedlung von Bengalen in den Chittagong Hill Tracts. Der Staatsgründer und erste Premierminister Sheikh Mujibur Rahman von der Awami League versprach zwar die Anerkennung der Rechte der indigenen Bevölkerung, für ihn waren sie jedoch in erster Linie Bengalen. Keine der Forderungen wurde in die neue Verfassung aufgenommen. Unter diesen Vorzeichen gründete sich am 15. Februar 1973 die Parbatya Chattagram Jana-Samhati Samiti (Vereinigung der Solidarität der Völker der Chittangong Hill Tracts, PCJSS) unter der Führung von M. N. Larma. Dessen militanter Flügel, die Shanti Bahini (Friedensarmee), wurde etwas später im gleichen Jahr aus der Taufe gehoben, begann jedoch seine gewaltsamen Aktivitäten erst 1976. Der Widerstand gegen die Übermacht des bengalischen Nationalismus, aktiv gefördert durch die PCJSS, kreierte eine Identität der indigenen Völker, jhumma [1], die jedoch über die politische Ebene nicht hinausgeht und als äußerst fragil anzusehen ist. Wie die PCJSS waren auch die Shanti Bahini von den Chakmas dominiert, was kleinere Gruppen marginalisierte wenn auch nicht gänzlich ausschloss. Persönliche und innerethnische Rivalitäten führten schließlich zur Abspaltung der Jana Sanghati Samiti und gipfelten 1983 in der Ermordung M.N. Larmas.
Die Ermordung Mujibur Rahmans 1975 stellte eine entscheidende Wende für die PCJSS dar. M.N. Larma setzte sich nach Indien ab, und die Shanti Bahini begann mit ihren militärischen Operationen im Kampf um die Autonomie der Chittagong Hill Tracts, was den Beginn von über 20 Jahren Guerillakrieg markierte.
Alle nachfolgenden Regierungen Bangladeschs versuchten, das Problem in den Chittagong Hill Tracts sowohl durch Verhandlungen als auch durch ökonomische Entwicklung wenn nicht zu lösen, dann doch zu entschärfen. Gleichzeitig wurde jedoch auch die Militarisierung der Region vorangetrieben und dadurch die Gewaltbereitschaft unter der indigenen Bevölkerung verstärkt.
Mit der ersten Machtübernahme der Bangladesh Nationalist Party (BNP) unter General Ziaur Rahman (1975-81) begann die Abkehr Bangladeschs vom Laizismus. Parallel dazu wurden weitere landlose bengalische Siedler in den Chittagong Hill Tracts mit Land versorgt, mit dem Ziel die demographischen Verhältnisse zuungunsten der Indigenen zu verändern. Unter Zia wurde aber auch das Chittagong Hill Tracts Development Board (CHTDB) ins Leben gerufen und angesehene Mitglieder der Chittagong Hill Tracts Bevölkerung als Berater nach Dhaka berufen. Doch der Plan, damit die Gunst der Chittagong Hill Tracts Bewohner zu gewinnen und den Einfluss der PCJSS zu unterminieren, ging nicht auf.
In den Jahren der Diktatur von General Ershad (1982-90) wurde der Islam offizielle Staatsreligion und weiter stark politisiert im Kampf gegen die Autonomiebewegung. Dies provozierte verstärkten Widerstand in den Chittagong Hill Tracts und sorgte für eine Intensivierung der Gewalt. Gleichzeitig begannen die ersten Verhandlungen zwischen Regierung und der PCJSS, jedoch ohne zufrieden stellende Ergebnisse für beide Parteien. 1989 wurde der Hill District Council Act verabschiedet, die den Angehörigen der indigenen Gruppen in Form von Distrikträten, in denen sie mehrheitlich vertreten waren mehr Kontrolle über die Distrikte gab. Auch die Aktivitäten des CHTDB wurden ausgeweitet und verzeichneten sogar kurzfristig ökonomische Erfolge.
Nach langen Jahren der Militärdiktatur war die erste demokratische Regierung unter Begum Khaleda Zia (1991-1996), Witwe von Ziaur Rahman, gewillt, die Situation friedlich zu lösen. Eine neunköpfige parlamentarische Untersuchungskommission wurde eingerichtet, um sich unter anderem dem sensiblen Thema Landrecht zu widmen. Außerdem wurden viele Flüchtlinge nachträglich entschädigt und Programme zur Befriedung ins Leben gerufen. Die allgemeine Beruhigung der Lage wurde weiter gefördert durch den 1992 von der PCJSS ausgerufenen einseitigen Waffenstillstand. Doch der anfängliche Schwung verebbte Mitte der 1990er Jahre, die Entschädigungszahlungen wurden ebenso gestoppt wie die Verhandlungen.
Mit dem Regierungswechsel von 1996 kam, erstmals seit der Ermordung Mujibur Rahmans, die Awami Liga wieder an der Macht. Die neue Premierministerin Sheik Hasina Wajed, Tochter des Staatsgründers, belebte den Friedensprozess erneut. Er gipfelte am 2. Dezember 1997 im Friedensabkommen. Vorausgegangen waren zähe Verhandlungen einer neuen parlamentarischen Kommission sowie erhebliche Verbesserungen in den Beziehungen Bangladeschs zu Indien, welches seit Jahren die Shanti Bahini finanziell und militärisch unterstütze. Angeblich hatten die verschiedenen Militärdiktaturen Bangladeschs über Jahre hinweg Pakistan mit Geheimdienstinformationen und militärischem Material versorgt, mit denen diese wiederum die Separatisten im Nordosten Indiens unterstützt haben sollen. Mit der Unterstützung des Widerstands in den Chittagong Hill Tracts stellte Indien quasi einen Ausgleich her und soll für das Abkommen mit der Awami League (AL) seinen Segen gegeben haben. [2]
Das Abkommen beinhaltete die Einrichtung eines Regional Council, dem die Verantwortung für Ordnung und Sicherheit in den Chittagong Hill Tracts sowie für Steuereintreibung und die Entwicklung der Region übertragen wurde. Laut Abkommen, muss die Zentralregierung den Regional Council von nun an bei allen, die indigene Bevölkerung betreffenden, Entscheidungen konsultieren. Der Rat besteht aus 22 Mitgliedern, davon 14 Angehörige der indigenen Gruppen, mit Shantu Larma an der Spitze. Die Distrikträte wurden weiter gestärkt. Außerdem wurde ein Ministerium für die Angelegenheiten der Chittagong Hill Tracts unter der Leitung eines Indigenen eingerichtet. Dem Minister zur Seite gestellt ist ein Beratungskomitee. Obwohl eine konkrete Aufgabenbeschreibung des Ministeriums ausblieb, hoffte man, es würde sich als Vermittler und damit zu einer effektiven Interessensvertretung der Chittagong Hill Tracts Bevölkerung in Dhaka entwickeln.
Den meisten Zündstoff des Abkommens enthielt die geplante Einrichtung einer Landkommission. Diese sollte auf der Basis einer Untersuchung den Anspruch auf Land regeln und rechtlich verankern. Mittlerweile hatten viele bengalische Siedler die einheimische Bevölkerung in den Chittagong Hill Tracts von ihrem Land verdrängt. Jedoch können weder die einen noch die anderen ihre Ansprüche rechtlich nachweisen.
Ein weiterer wichtiger Punkt war der Beschluss, das bengalische Militär aus allen in den Chittagong Hill Tracts vorübergehend eingerichteten Lagern abzuziehen. Bestehen bleiben sollten lediglich die permanenten Lager in den Distrikthauptstädten und die Bangladesh Rifles, eine Art paramilitärische Grenztruppe. Die Kämpfer der Shanti Bahini wurden unter der Bedingung einer generellen Amnestie und einer Abfindung entwaffnet, 1999 lösten sie sich vorerst offiziell auf. Viele von ihnen befinden sich nun in einflussreichen politischen Positionen. Da nie eine vollständige Zählung der Rebellen stattgefunden hat, kann jedoch nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob sich tatsächlich alle vom Kämpferleben verabschiedet haben.
Doch die Unterzeichnung des Friedensabkommens stieß nicht überall auf Zustimmung. Obwohl sie während ihrer Regierungszeit selbst die Lösung der Probleme vorangetrieben hatte, lehnte die BNP das Abkommen von vornherein als verfassungswidrig ab. Sie behauptete, die nationale Einheit und Autorität wäre durch die weitgehenden Machtbefugnisse der Distrikträte und vor allem des Regional Councils gefährdet. So kündigte sie erst an, es im Falle ihrer Regierungsübernahme sofort rückgängig zu machen, schwächte diesen Standpunkt später jedoch wieder ab. Die Angewohnheit der Opposition, Entscheidungen der jeweiligen Regierung aus rein parteitaktischen Gründen zu torpedieren, ist in Bangladesch ein beliebtes Instrument, die Stimmung anzuheizen und auf Stimmenfang zu gehen. Das gilt im Übrigen für die BNP genauso, wie für die Awami League. Jedoch kann man nicht leugnen, dass das Friedensabkommen wohl insgesamt breitere Zustimmung gefunden hätte, wenn in der Kommission, die das Abkommen im Namen der Regierung unterzeichnete, auch Mitglieder der Opposition vertreten gewesen wären. Zumal es nicht allein auf den Verhandlungen der AL-Regierung, sondern bereits vorangegangener Bemühungen basierte.
Auch innerhalb der indigenen Gruppen wurde der Friedensprozess nicht einstimmig begrüßt. Für viele stellte das Abkommen lediglich ein Minimum an Entgegenkommen dar. So wurde weder ihrem lang gehegten Wunsch nach Aussiedlung aller bengalischen Siedler stattgegeben noch der gewünschte Autonomiestatus gewährt. Vor allem störten sich andere politische Organisationen, wie Frauen- und Studierendenverbände, an dem Alleinvertretungsanspruch der von Chakmas dominierten PCJSS. International wurde das Abkommen jedoch begrüßt und mit reichlichen finanziellen Zusagen für Entwicklungshilfe in der Region belohnt.
Sieben Jahre nach dem Abkommen hängt der Friedensprozess am seidenen Faden. Zentrale Punkte des Abkommens wie die Entmilitarisierung, die vollständige Entschädigung von Vertriebenen sowie die Einrichtung der Landkommission sind weder von der Awami Liga noch von der seit 2001 regierenden BNP umgesetzt worden. Institutionen wie etwa das Ministerium für Chittagong Hill Tracts Angelegenheiten oder der Regional Council wurden zwar eingerichtet, sind aber nicht in der Lage effektiv zu arbeiten. Die zentrale Konfliktlinie zwischen der indigenen Bevölkerung und der Zentralregierung bzw. den von dieser dort angesiedelten Bengalen wird zunehmend überlagert von innerethnischen Auseinandersetzungen um Macht und Ressourcen. Die Machtaufteilung unter den verschiedenen ethnischen Gruppen innerhalb der Räte zugunsten der größeren Gruppen, sorgt für Spannungen und Unzufriedenheit bei den kleineren Gruppen.
Die Bevölkerung der Chittagong Hill Tracts will nicht ernsthaft zurück zur Gewalt, doch vor dem Hintergrund andauernder Menschenrechtsverletzungen und nicht eingehaltener Versprechen, fällt es den Befürwortern des Friedensabkommens um Shantu Larma’s PCJSS zunehmend schwer, auf Kurs zu bleiben. Anlässlich des 6. Jahrestages des Abkommens organisierte Larma Ende 2003 öffentliche Streiks (hartals). Er warf der Regierung in Dhaka mangelnden Willen zur Umsetzung des Abkommens vor und drohte mit weiteren Massenprotesten. Doch wie lange kann Larma, der von Widersachern bereits als Verräter bezeichnet wird, das Abkommen noch weiter glaubwürdig verteidigen? Rivalisierende Kräfte wie die nach dem Abkommen gegründete United People's Democratic Front (UDPF), eine Abspaltung der PCJSS, sehen sich gestärkt in ihren Bestrebungen nach vollständiger Autonomie für die Chittagong Hill Tracts. Sie führen militärische Untergrundaktionen fort, die sich jedoch zunehmend auch gegen die eigene Bevölkerung richten. Im Februar 2001 entführten Anhänger der UPDF zudem vier ausländische Ingenieure, drei Briten und einen Dänen, im Bezirk Rangamati und ließen sie einen Monat später wieder frei, ob mit oder ohne die geforderten 1,6 Millionen ist nicht offiziell bekannt.
Eine vollständige Abspaltung von Bangladesch wäre weder im Interesse der Regierung noch der Chittagong Hill Tracts. Aus sicherheitspolitischer Perspektive sind die Chittagong Hill Tracts auf eine gewisse Militärpräsenz angewiesen. Die Sezessionskämpfe in den nordindischen Unionsstaaten sowie die undurchsichtige Lage an der burmesischen Grenze mit einer hohen Konzentration an Kriminalität, Drogen und Waffenschmuggel sorgen immer wieder für Unruhe in der Bergregion. Betroffen von der instabilen Lage in der Region ist natürlich auch die wirtschaftliche Entwicklung. Die Gewinnung und Export von Rohstoffen kann nur unter friedlichen und sicheren Bedingungen ablaufen. Auch die großen Potentiale des Hafens von Chittagong können nur dann ausgeschöpft werden. Nicht nur Nepal und Bhutan könnten ihre Transporte über Chittagong abwickeln, auch für den Norden Indiens wäre diese Variante lukrativer als der Umweg nach Kolkata.
Die indigen dominierte Verwaltung und die politische Führung der Chittagong Hill Tracts muss unter Beweis stellen, dass sie die nationale Integrität keinesfalls in Frage stellen und das sie in der Lage ist, die Interessen der verschiedenen ethnischen Gruppen im Sinne der gesamten Entwicklung der Region zusammenzubringen. Gleichzeitig muss auch die nicht-indigene Bevölkerung mit einbezogen werden. Auf der anderen Seite muss die Regierung in Dhaka ihre passive Politik aufgeben und die vollständige Umsetzung des Friedensabkommens betreiben, um den militanten Kräften in den Chittagong Hill Tracts nicht weiter in die Hände zu spielen und die eingesetzten Strukturen zu stärken. Solange der politische Wille zur Lösung des Konflikts, insbesondere in Dhaka, sich aber nicht durchsetzt, wird sich die Lage nicht verbessern. Vielmehr ist zu befürchten, dass sich die Gewalt erneut durchsetzen könnte.
[1] Jhum ist die Bezeichnung für den in der Bergregion praktizierten Brandrodungsfeldbau.
[2] Mehr zur Rolle Indiens in dem Konflikt findet sich in Rashiduzzaman 1998.
Dieser Beitrag gehört zum Schwerpunkt: Zwischen Krieg und Frieden .
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