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Bhangra blickt auf eine jahrhundertealte Kultur zurück. Es entwickelte sich aus einer traditionellen Musik des Punjabs. Es wird davon ausgegangen, dass vor ca. 500 Jahren Bauern während der Arbeit auf ihren Feldern zur Abwechslung gesungen und getanzt haben. Dieser Tanz bzw. Musikstil entwickelte sich zum festen Bestandteil des großen Kulturfestivals Bhaisakhi (13. April) und breitete sich daraufhin auch in andern Schichten der Gesellschaft aus, die Bhangra bis heute ebenfalls mit großer Freude zelebrieren. Mittlerweile ist die Musik ein wichtiger Bestandteil bei indischen Hochzeiten, Neujahrespartys und anderen wichtigen Festlichkeiten.
Durch den Chartbreaker von Punjabi MC im Jahr 2003 "Mundian to bach ke", was soviel heißt wie "Nimm dich vor den Jungs in acht" fragten sich viele, worum es in den Liedern eigentlich geht. In anderen Bhangra-Liedern von indischen Künstlern geht es meist um Liebe, Alkohol, Tanzen und um die Ehe. Außerdem widmen die Sänger ihre Lieder großen Helden der indischen Geschichte wie Udham Singh und Bhagat Singh oder singen über schöne Frauen mit farbenprächtigen Kleidern. Typische Partylaute wie "Hey Hey hey", "Balle Balle" oder " Hey Aripa" sollen das Publikum anheizen.
Die Musik fesselt durch ihre enorme Energie. Wenn ein DJ in irgendeinem Club dieser Welt "Mundian To Bach Ke" auflegt, dann steht niemand still. Das liegt nicht zuletzt an den verschiedenen und zahlreichen Bhangra-Instrumenten. Das wichtigste Instrument, die sehr große Dhol-Trommel mit zwei Fellen, wird vor dem Bauch getragen und mit zwei Stöcken gespielt.
Neben diesem Instrument gibt es noch Seiteninstrumente: die einseitige Tumbi, außerdem Sarangi, Sapera, Supp und Chimta. Dhad, Dafli, Dholki gelten als Schlaggeräte. Die Tumbi, welche vom berühmten Punjabi Sänger Amar Singh Chamkila kreiert, hat einen hohen Ton und ist ein einseitiges Geigeninstrument. Man hört sie sehr deutlich im Lied "Mundian to Bach ke" im Hintergrund.
Bhangra ist ein fröhlicher, temperamentvoller Tanz mit meist erhobenen Armen, rhythmischen Schulterakzenten von oben nach unten, erdigen Schritten und Sprüngen. Geübte Bhangra-Gruppen fügen noch Formations- und Akrobatikelemente hinzu, bei denen zum Beispiel ein Tänzer auf die Schultern eines anderen klettert.
Giddha ist der Tanz der Frauen, der zu Hochzeiten und anderen Familienfeiern im Punjab gehört. Die Teilnehmenden bilden einen Kreis (einen Halbkreis bei Vorführungen) und eine von ihnen beginnt einen Sprechgesang, Boli genannt.
Außerdem gibt es in England, Amerika und Kanada Tanzwettbewerbe, wo sich verschiedene Teams miteinander messen und Bhangra-Schritte gerne mit westlichen Elementen vermischen, wie etwa Breakdance.
Der Sänger Kuldip Manak gilt als Legende in der Geschichte des Bhangra, wie Malkit Singh, einer der größten Bhangra Künstler derzeit meint: "Kuldip Manak war schon während meiner Kindheit ein großes Idol." Er repräsentiert die Kultur des Punjab wie kein zweiter. Manak wuchs in einer musikalischen Familie auf, sein Vater war ein singender Priester in verschiedenen Sikh-Gurudwaras (Tempeln). Kuldip Manaks erstes Lied nahm er 1968 mit gerade 14 Jahren auf. Bis dato hat er hunderte von Liedern gesungen, die bis heute gecovert und geremixed werden.
A.S. Kang ist ein weiterer Star der Szene, der schon sehr lange aktiv ist. Nach über 20 Jahren Erfahrung wird er liebevoll als "Big Daddy" des Bhangra bezeichnet. Seine Musik passte sich den Veränderungen stets an. So kombinierte er die traditionellen Bhangra-Gesänge mit Swing, Techno und anderer (westlicher) Tanzmusik.
Auch Bhujangy, Asa Singh Mastana, Surinder Kaur und Parkash Kaur, Lalchand Yamla Jat, K. Deep und Jagmohan Kaur, Alam Lohar und Chamikla zählten zu den Stars der damaligen Bhangraszene.
Bhangra-Künstler verbinden seit den 80er Jahren Bhangra mit anderen Musikrichtungen wie z.B. Hip Hop, Reggae und House. Das veranlasste Südasiaten in der Diaspora als erste Generation, Bhangra in die Clubs zu bringen.
Malkit Singh, auch bekannt als "Die goldene Stimme des Punjab" und seine Gruppe Golden Star veröffentlichten 1984 ihr erstes Album "Nach Gidhe Wich". Es war weit über den Punjab hinaus erfolgreich. Nach dem Erscheinen des Debütalbums ging Singh mit seiner Band nach England, um die Arbeit dort fortzuführen. Bis heute hat er 16 Alben veröffentlicht und ist mit seiner Show durch 27 Länder getourt.
Als weiterer wichtiger Künstler der 80er Jahre gilt Gurdaas Maan. Er begann seine Karriere 1982 mit dem Album "Dil Da Mamla". Er ist nicht nur als Musiker, sondern auch als Schauspieler ein Idol. Maan spielte im Punjabi Film "Long Da Lishkara" und sang dazu den Filmhit "Challa" (diesen Track hat Punjabi MC geremixed). Seit 1982 hat Maan mehrere erfolgreiche Alben veröffentlicht. Seine Touren, die ihn um die ganze Welt brachten, waren meist ausverkauft.
Weiterhin war zu dieser Zeit die Band Heera sehr populär, die sich mit dem Album "Diamonds" etablieren konnte. Es gilt als erstes Album, auf dem westliche Beats mit Bhangra verschmolzen werden.
Außerdem spielten damals die Gruppen Apna (aus Birmingham) und die Bhujungy Band eine große Rolle. Apna hatte mit " Mera Yaar Vajavey Dhol" einen Hit und tourt immer noch. Sie gilt bis heute als eine der besten Bhangra Live-Acts.
Die 90er Jahre stellen für Bhangra die Zeit des Durchbruchs auf internationaler Ebene dar. Zu Beginn des Jahrzehnts gingen viele der Künstler zurück zu den Wurzeln der Musik und verwendeten wieder verstärkt Dhol und Tumbi für ihre Beats. Es war auch die Zeit junger Sänger. Jazzy B aus Kanada (ursprünglich aus Namasher im Punjab) debütierte 1992 und avancierte zum beliebtesten Bhangra-Künstler. Sein zweites Album "Folk & Funky" verkaufte sich über 55.000 mal. Obwohl der Gesangsstil von Jazzy Bains (wie er mit bürgerlichen Namen heißt) an Kuldip Manak erinnert und aus puren Punjabi Beats besteht, verkörpert er den Prototyp des modernen und coolen Punjabi Künstlers.
Weiterhin sorgten in den 1990er Jahren folgende Künstler für Furore: Surinda Shinda (bekannt durch den Song "Putt Jattan Da"), Harbhajan Mann, Manmohan Waris, Sarbjit Cheema, Hans Raj Hans, Sardool Sikander, Geet the Mega Band, Anakhi, Sat Rang, XLNC, B21, Shaktee, Intermix, Sahara, Paaras, PDM, DCS, Bally Sagoo, Amar Group, Sangeet Group and Bombay Talkie, Bhindar Jatt und Balwinder Safri.
Im Jahr 2003 wurde Bhangra zur Neuentdeckung des "Mainstream-Marktes" auch in Deutschland. Die Bhangra-Industrie hat sich in den letzen 3 Jahren stark verändert, denn Labels wie Moviebox, envy / roma oder Untouchables UK und viele weitere britisch-asiatische Labels agieren sehr professionell und haben gewinnbringende Netzwerke geknüpft. Sie vertreiben ihre Musik nach wie vor in indischen Geschäften, aber auch im Internet. Sie lassen ihre Handzettel und Plakate von sogenannten "Street Teams" verteilen. Wöchentlich gibt es in englischen Städten mehrere "Desi Partys". Dort präsentieren dann die einzelnen Künstler/Gruppen ihre Songs live. Außerdem flimmern die Videoclips von Panjabi MC & Co auf den indischen Fernsehsendern ZeeTV oder B4U. Aktuelle Songs sind ein fester Bestandteil im Radio. Die BBC hat schon früh das große Potential der britisch-asiatischen Community entdeckt und unterstützt die sehr erfolgreiche Radiosendung von Bobby & Nihal auf Radio 1 und von der Panjabi Hit Squad auf BBC 1xtra.
Wie der Erfolg der Musik in Europa und den USA verdeutlicht, ist Bhangra Ausdruck der asiatisch-britischen Kultur, die sich nicht mehr nur auf Curry reduzieren lässt. Es passiert sehr viel innerhalb der Szene, die zu neuen Ufern aufbricht.
Beispielsweise hat die Panjabi Hit Squad einen Vertrag bei Def Jam bekommen, einem der größten Hip-Hop-Labels der Welt. Der indische Sänger Jay Sean schaffte es mit seinem Lied "Dance with you" direkt auf Platz zwölf in die englische Charts einzusteigen. Künstler wie Jay Z oder Timbaland machen Bhangra Tracks und US-Rapper covern indische Musik.
Quelle: Grundlage dieses Textes ist das Albumcover von Panjabi MC: The Album.
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