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Die Santals sind mit einer Bevölkerung von mehr als sechs Millionen eine der größten Adivasi-Gruppen in Südasien. Mehrheitlich sind sie in den indischen Unionsstaaten Jharkand und Westbengalen anzutreffen. In Bangladesch leben etwa 250.000 Santals. Diese werden allerdings von den Institutionen der nationalen und internationalen Zivilgesellschaft kaum wahrgenommen, da diese auf die ethnischen Konflikte in den Chittagong Hill Tracts fokussiert sind.
Auch wenn es vereinzelt entwicklungspolitische Projekte säkularer Organisationen in Santal-Dörfern Bangladeschs gibt, so werden diese immer häufiger Ziele von christlich missionierenden Einrichtungen. Zu den missionierenden Gruppen gehören unter anderem die Siebenten-Tags-Adventisten, die den Santals Bildung, dazu aber auch den Weg Jesu bieten. Ihre Bestrebungen stoßen sowohl unter der Zielgruppe als auch bei Teilen der Mehrheitsbevölkerung zunehmend auf Ablehnung.
Heute leben in Indien etwa 25 Millionen und in Bangladesch etwa eine halbe Million Christen. Die Geschichte der ältesten christlichen Gruppe in Südasien, die der Thomaschristen im heutigen Kerala, geht bis in das erste Jahrhundert unserer Zeitrechnung zurück. Neben christlichen Einwanderern aus Persien und Syrien waren es vor allem Europäer; Portugiesen, Franzosen, Dänen und Deutsche, die durch ihre Aktivitäten ab dem 15. Jahrhundert die Zahl der einheimischen Christen erhöhten. Am aktivsten und erfolgreichsten waren in Bengalen die portugiesischen Eroberer und Missionare. So bekennen sich heute auch viele bengalische Christen zum römisch-katholischen Glauben und tragen Familiennamen wie Gomez und Rosario.
Seit Beginn des 19. Jahrhunderts gab es unter britischer Herrschaft verstärkte, vornehmlich protestantische Missionierungsversuche unter verschiedenen Adivasi-Gruppen. Nach dem anti-kolonialen Aufstand der Santals in der Grenzregion zwischen Bengalen und Bihar im Jahr 1855 setzte auch unter diesen eine mit Alphabetisierung verbundene Missionarstätigkeit ein. Während die Kolonialregierung anfänglich säkulare Bildung unter den Santals bevorzugte, arrangierte sie sich bald mit den Missionaren und unterstütze diese auch finanziell. Die Santal-Bevölkerung zeigte sich jedoch recht immun gegen die Missionierungsversuche. Allerdings konnten Missionare unter den verschiedenen Völkern im Nordosten Südasiens mit Hilfe dieser Strategie immense Erfolge verbuchen – so bekennt sich heute die Mehrheit der Bevölkerung in den indischen Unionsstaaten Mizoram, Nagaland und Meghalaya zum Christentum.
Auch in den Chittagong Hill Tracts und den Ebenen Ostbengalens gab es unter den insgesamt fast 30 verschiedenen Adivasi-Gruppen ab Beginn des 19. Jahrhunderts erfolgreiche Missionierungsversuche. So sind heute Teile der Marmas und Chakmas und die Mehrheit der Bawms, Lushai und Pankho in den Chittagong Hill Tracts sowie Teile der Santals und Oraons und die Mehrheit der Garos in den Ebenen Christen. Während sich die Adivasis in den Chittagong Hill Tracts mehrheitlich zum Buddhismus bekennen, sind die Adivasis in den Ebenen hauptsächlich Anhänger so genannter Naturreligionen. Teilweise bekennen sie sich aber auch zum Hinduismus oder haben hinduistische Elemente in ihre Religion und Kultur integriert.
Auch wenn schon vor der Gründung Bangladeschs im Jahr 1971 Teile der Santal-Bevölkerung zum Christentum konvertierten, ist seit den 1970er Jahren eine neue Dimension von Missionarstätigkeiten zu beobachten. Zu den aktivsten Missionaren der Gegenwart zählen die Siebenten-Tags-Adventisten, die schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts immer wieder auch in Ostbengalen in Erscheinung getreten sind. Obwohl die Adventisten auch unter weiteren Adivasi-Gruppen in ganz Bangladesch tätig sind, liegt der Fokus in diesem Artikel auf deren Missionarstätigkeiten in den Santal-Dörfern des Distrikts Joypurhat im Nordwesten.
Die Siebenten-Tags-Adventisten sind eine evangelische Freikirche, die im Jahr 1863 im US-amerikanischen Bundesstaat Michigan begründet wurde. Wie auch bei den anderen adventistischen Gruppen sind ihre Wurzeln in der Erweckungsbewegung zu Beginn des 19. Jahrhunderts und dem damit verbundenen Glauben an die Wiederkunft Jesu Christi zu finden. Mit angeblich mehr als 15 Millionen Mitgliedern weltweit sind die Siebenten-Tags-Adventisten eine der größten Freikirchen. Zu verdanken ist diese hohe Mitgliederzahl unter anderem auch ihrer erfolgreichen Missionsarbeit in Südamerika, Afrika und Asien.
Nach eigenen Angaben besteht die Gemeinde der bangladeschischen Siebenten-Tags-Adventisten aus zirka 105 Kirchen mit insgesamt 24.500 Mitgliedern. Welche Altersgruppen in dieser Mitgliederzahl enthalten sind, geht aus keiner Statistik hervor. Der Leitfaden der Mutterkirche in den USA besagt, dass nur Erwachsene getauft und als Mitglieder gezählt werden dürfen. In Bangladesch scheint die Praxis jedoch anders auszusehen.
Allein im Distrikt Joypurhat gibt es mehr als 20 Grundschulen, in denen die Kinder von sozial benachteiligten Gruppen, vor allem Adivasis, neben den üblichen Unterrichtsfächern täglich Bibelunterricht haben. Nach Aussagen der Santal-Aktivistin Basanti Murmu (siehe Interview) sowie von Bilash Sikder, dem Kodirektor des Seventh Day Adventist Maranatha Seminary in Joypurhat, werden vor allem Kinder aus diesen Schulen getauft. Während Sikder von freiwilligen Taufen spricht, kritisiert Murmu, dass auf unterschiedlichste Art Druck auf die Kinder und deren Eltern ausgeübt werde.
Neben den Aussagen von Basanti Murmu machen auch zwei Lieder, die von den Schülern der Siebenten-Tags-Adventisten auswendig gelernt werden, den exklusivistischen Charakter der Missionierung unter den Grundschulkindern in einem Santal-Dorf besonders deutlich:
Du bist Goldjuwelchen,
ich bin Sonnenjuwelchen.
Ich werde tun was Jesus will, ihn gnädig stimmen.
Das Zeichen
auf der Stirn und
den Karam-Zweig
werde ich nicht anbringen.
Das Kreuz Jesus werde ich
als Zeichen tragen.Das Schmücken des Körpers werden die Menschen sehen.
Das Schmücken im Innern wird Jesus erspähen.
Die Pata-, Chata- und Durga-Feste
sind des Teufels Netze.
Wenn du Jesus folgst, wirst du den Himmel bekommen.
Beide Lieder beinhalten Aufrufe zum Unterbinden von religiösen und kulturellen Ausdrucksformen der Santals. So sollen sie anstelle des Tilaks, dem Zeichen auf der Stirn, das Kreuz Jesu tragen. Der Tilak wird mit Sandelpaste oder Asche auf die Stirn in verschiedenen Formen, z.B. als Punkt, aufgetragen. Er gilt als Erkennungsmerkmal bei Hindus, wird aber auch von Adivasis benutzt, die hinduistische Elemente in ihre Religion integriert haben.
Neben dem Verbot von nicht-christlichen Symbolen, sollen mit Hilfe dieser Lieder aber vor allem traditionelle Feste der Santals unterbunden werden. In den Liedern wird in diesem Zusammenhang neben den Pata-, Chata- und Durga-Festen, welche wiederum einen hinduistischen Hintergrund haben, der Karam-Zweig erwähnt. Das Anbringen eines Karam-Zweiges oder von Karam-Blumen an Personen oder deren Häuser ist ein Ritual bei Santals, die so eine Freundschaft auf Lebenszeit untereinander besiegeln. Zudem wird mit dem Aufstellen eines Karam-Zweiges der Fruchtbarkeit der Erde gedankt.
Aus einer Studie von Ahsan Ali von der University of Dhaka geht hervor, dass die in den letzten Jahrzehnten christianisierten Santals im Nordwesten Bangladeschs aufgrund dieser exklusivistischen Mission fast vollständig die traditionellen Festivitäten aufgegeben haben.
Im Gegensatz dazu halten allerdings "hinduisierte" Santals weiterhin an Santal-Traditionen fest. Statt Elemente der Santal-Religion und -Kultur aufzugeben, wurden hinduistische Elemente santalisiert und hinduistische Gottheiten in den Pantheon der Santal-Bongas, der Naturgeister, aufgenommen. Auch Jesus fand einen Platz als Bonga in einigen mit dem Christentum in Berührung gekommenen Santal-Gemeinden. Diese inklusivistische Form wird jedoch von den Siebenten-Tags-Adventisten nach Aussagen von Basanti Murmu auch mit körperlicher Züchtigung bekämpft.
Auch wenn die Missionierungsversuche sowohl von Santal-Aktivisten als auch von islamisch-fundamentalistischen Kreisen, die dadurch eine Verwestlichung und den moralischen Verfall ihrer Gesellschaft befürchten, immer wieder kritisiert werden, scheint ihr Ende nicht absehbar. Allein die Siebenten-Tags-Adventisten verfügen über sechs Internatsschulen, in denen jeweils bis zu 800 Kinder einen mit Indoktrinierungselementen durchsetzten Unterricht erhalten, der teilweise von der bangladeschischen Regierung mitfinanziert wird. Da die Regierung die Verantwortung für die Bildung von sozial benachteiligten Bürgern häufig an externe Kräfte abgibt, wird zum einen der Christianisierung unter den Adivasis durch Missionarsschulen und zum anderen der Islamisierung armer Bengalen durch den aus arabischen Ländern finanzierten Bau von Madrasas Vorschub geleistet.
Anders als in Indien, wo der besonders von hindunationalistischen Kreisen geschürte Hass auf Missionare 1999 in der Ermordung von Graham Staines und seinen beiden Söhnen in Orissa gipfelte und nur wenige Jahre später verschiedene indischen Unionsstaaten so genannte Antikonversionsgesetzen eingeführt haben, sehen sich christliche Missionare in Bangladesch mit weniger Widerstand konfrontiert. Im Gegensatz zu den indischen Hindunationalisten, die Adivasis als potentielle Hindus betrachten, zeigen muslimische Fundamentalisten in Bangladesch kein Interesse an ihnen. Kontakte zwischen muslimischen Bengalen und Adivasis bestehen lediglich im Rahmen entwicklungspolitischer Projekte oder Landstreitigkeiten. Bei letzteren schreckt insbesondere die muslimische Seite auch vor Morden nicht zurück, wie z.B. an Alfred Soren im Jahr 2000.
> www.bcssbd.org
Internetauftritt einer Kinderhilfsorganisation von den Siebenten-Tags-Adventisten in Bangladesch
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