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27. Juli 2007. Analysen: Indien - Politik & Recht Pratibha Patil

Ein Porträt der neuen indischen Präsidentin

Die 72-jährige Pratibha (Devisinh) Patil, Anwaltstochter, Mutter von zwei Kindern und ehemals selbst praktizierende Anwältin, wurde in eine wohlhabende Familie von Maratha-Rajputen (Solanki) geboren. Sie ist mit Devisinh Shekhawat aus der Shekhawati-Region, dort kommt auch Bhairon Shekhawat her, in Rajasthan verheiratet. Pratibha Patil begann bereits 1962 ihre politische Karriere im Congress in Maharashtra und bekleidete während einer Spanne von 20 Jahren verschiedene Ministerämter – unter anderem Gesundheit und städtische Entwicklung – in von den Zuckerbaronen geführten Congress-Landesregierungen. Indira Gandhi setzte sie bereits als Oppositionsführerin gegen Ministerpräsident Sharad Pawar ein, der in seinen jungen Jahren mit der Janata Party den mächtigen Congress besiegte, bevor er sich dieser Partei anschloss, um sie danach wieder zu verlassen (Nationalist Congress Party, NCP).

Ende der 80er Jahre wurde Pratibha Patil für zwei Jahre stellvertretende Vorsitzende des indischen Oberhauses (Rajya Sabha). Obwohl 1991 als Lok Sabha-Abgeordnete gewählt, spielte sie danach bis zu ihrer Ernennnung 2004 als Gouverneurin von Rajasthan keine prominente Rolle.
Nachdem sechs männliche Congress-Kandidaten mangels Zustimmung der Kommunisten sich als nicht konsensfähig erwiesen, forderte Sonia Gandhi ihre Parteistrategen im Vorfeld der Präsidentenwahl auf, die verschiedenen erst dann in Aussicht genommenen Kandidatinnen unter die Lupe zu nehmen, obwohl sie dabei möglicherweise die Schwachstellen von Pratibha Patil übersahen: 1. Eine von ihr kurzzeitig geführte Frauenbank ging Pleite und konnte die durchaus beachtlichen Kredite nicht zurückzahlen. 2. Ihre politischen Gegner unterstellten ihr persönlich ein indirekt verzögerndes Einwirken im Zusammenhang mit ihrem unter Verdacht geratenen Bruder, der der Beihilfe in einem Mordfall gegen einen innerparteilichen Widersacher beschuldigt wird. Auch das oberste Gericht von Bombay äußerte kürzlich Bedenken wegen schleppender Ermittlungen durch das Central Bureau of Investigation (indischer Geheimdienst, CBI) in diesem Fall.

Die neue Präsidentin betont den notwendigen Kampf gegen die Armut, um möglichst allen InderInnen ein Leben oberhalb der Armutsgrenze zu ermöglichen. Sie fordert eine praxisorientierte Anwendung von Wissenschaft und Technologie, die Ermächtigung (empowerment) von Frauen sowie die Wichtigkeit ländlicher Entwicklung und einer produktiveren Landwirtschaft. Nur wenn die sozialen Übel wie die Abtreibung weiblicher Föten und Kinderheiraten beseitigt seien, könne wirkliche Frauenemanzipation beginnen. (Interview, The Hindustan Times, 16.6.2007, S.1)

Pratibha Patils Familie betreibt im Distrikt Jalgaon im Norden des Unionsstaates Maharashtra zahlreiche Erziehungseinrichtungen, darunter Schulen, Colleges und technische Ausbildungseinrichtungen. Neben der erwähnten Frauen-Bank konzipierte sie Herbergen für arbeitende Frauen und förderte eine Fabrik für Zuckerrohr anpflanzende Bauern. Einige dieser Aktivitäten erwiesen sich nicht als erfolgreich und führten zu den gezielten Anschuldigungen seitens der BJP/NDA, u. a. über den Missbrauch von Geldern zugunsten von Verwandten, während der Wahlkampagne.

Pratibha Patil hat aber auch innerparteiliche Gegner. Vilas Patil, Congress-Sprecher in Jalgaon, charakterisierte seine Parteigenossin wie folgt: "Tai, as she is referred to, is a meethi churi (sweet knife). Although she speaks very sweetly, her intentions are never noble. She has always tried to crush promising people in the party and promoted her own kin." (Pratibha Patil. Embarrassing Choice. India Today, 9.7.2007, S.21)

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