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Wenig Aufmerksamkeit wurde bisher der Tatsache geschenkt, dass sowohl in muslimischen Staaten als auch in muslimischen Gesellschaften mehrheitlich nicht-muslimischer Staaten unter islamischen Rechtsgelehrten und Theologen lebhafte Debatten bezüglich des Klonens, der Stammzellforschung oder auch der Gentechnologie geführt werden.
In islamisch geprägten Gesellschaften ist es das islamische Recht (Scharia), welches auch eine große Rolle bei der Beurteilung und Diskussion bioethischer Fragestellungen spielt. Grundlage und Quelle der islamischen Rechtssprechung bilden zwei religiöse Textquellen, der Koran und die Sunna, die überlieferte Lebenspraxis des Propheten Muhammad. Der Koran stellt die wichtigste aller Rechtsgrundlagen der Scharia dar, ist das heilige Buch des Islams und gilt als Wort Gottes. Der Anteil religiöser und rechtlicher Bestimmungen im Koran ist, gemessen an seinem Gesamtumfang, relativ gering. Es wird geschätzt, dass etwa 500 von den insgesamt über 6000 Versen rechtliche Aspekte beinhalten. Nur etwa 200 Verse lassen sich nach modernem islamischem Rechtsverständnis in rechtliche Normen umwandeln. Da der größte Teil des islamischen Rechts sich deshalb nicht allein auf der Grundlage des Korans erschließen lässt, ziehen muslimische Juristen bei Rechtsfragen auch die Sunna heran, die prophetische Tradition. Diese beinhaltet nicht nur die Lebenspraxis des Propheten Muhammad, sondern auch Aussprüche und Handlungen einer Anzahl von Prophetengefährten, die als Vertreter und Garanten der Tradition des Propheten anerkannt werden. Ferner besteht die Sunna aus weitaus mehr juristischem Material als der Koran und enthält eine Vielzahl von Rechtsurteilen. Die Beschäftigung mit den Bestimmungen der Scharia und wie diese auf die Handlungen der Menschen anzuwenden seien bzw. wie die menschlichen Handlungen durch die Scharia zu lenken seien, nennt man fiqh. Die für diese Tätigkeit ausgebildeten Rechtsspezialisten heißen fuqaha (Sg. faqih). Die fuqaha, die heutzutage zu bioethischen Fragen Stellung nehmen und Antworten in Form von Rechtsgutachten (fatwa) erteilen, spielen bei der Formulierung einer medizinischen Ethik in Staaten mehrheitlich muslimischer Bevölkerung oder Staaten mit großen muslimischen Minderheiten, wie beispielsweise Indien, eine bedeutende Rolle.
In Indien ist es die Islamic Fiqh Academy (IFA), die im muslimischen Bioethikdiskurs präsent und maßgeblich ist. Sie versucht Antworten auf konkrete Herausforderungen der heutigen Zeit im Licht des islamischen Rechts zu geben und dieses auf die Probleme der Gegenwart anzuwenden. Die IFA beschäftigt sich aber nicht ausschließlich mit medizinischen Themen, da es sich bei ihr um ein Gremium handelt, das explizit der Fortentwicklung der Scharia in der modernen Welt dient. So werden auch wirtschaftliche Themen wie das Bank- oder Finanzwesen innerhalb der IFA von Rechtsgelehrten diskutiert. Regelmäßig veranstaltet die IFA Seminare zu jeweils drei bis vier ausgewählten Themen pro Sitzung, die nach islamischem Recht beurteilt und bewertet werden. Die Verfahrensweise innerhalb der Seminare bis zur endgültigen Beschlussfindung verläuft prozessartig und soll hier kurz skizziert werden. Vor der Veranstaltung der Seminare sendet die IFA den Rechtsgelehrten detaillierte Fragebögen zu ausgewählten Themen zu, die von der islamischen Jurisprudenz in ausführlichen Studien behandelt werden. Zusammenfassungen dieser Studien werden an alle Seminarteilnehmer geschickt und innerhalb der Seminare präsentiert. Die Rechtsgelehrten ziehen zu den einzelnen Themengebieten sowohl Fachleute, die in geringer Anzahl dem eigenen akademischen Gremium angehörig sind, als auch externe Experten heran. Mediziner oder Ökonomen liefern die zugehörigen Fakten und bringen ihre fachliche Meinung zum Ausdruck. Zu den Seminaren werden aufgrund langjähriger institutioneller Beziehungen der IFA zur Jamia Hamdard und Delhi University vor allem Naturwissenschaftler dieser sich beide in Delhi befindenden Universitäten geladen. Von den Medizinern ist hier Aslam Pervez zu nennen, der Mitglied im akademischen Gremium der IFA und gleichzeitig Herausgeber eines urdusprachigen Wissenschaftsmagazins ist. Auf dem zehnten Fiqh-Seminar, das vom 24. bis zum 27. Oktober 1997 in Mumbai stattfand, lieferte er die naturwissenschaftlichen Grundlagen zum Themengebiet des Klonens. Nach Präsentation der naturwissenschaftlichen Zusammenhänge beraten die Rechtsspezialisten ohne die Experten über die behandelten Themengebiete und verfassen die Ergebnisse der Diskussion in entsprechenden Resolutionen. Verhandlungssprache innerhalb dieser Seminare ist fast ausschließlich Urdu, die Sprache der Muslime Nordindiens und Staatssprache Pakistans. Nehmen an den Seminaren Rechtsgelehrte aus dem arabischen Raum oder Iran teil, finden die Konferenzen auch in arabischer oder persischer Sprache statt.
Die Publikationen, die auf den innerhalb der Seminare vorgetragenen Repräsentationen und entstandenen Resolutionen basieren und die Arbeit der IFA dokumentieren, liegen in Druckform in Urdu, Englisch, Arabisch und indischen Regionalsprachen, wie beispielsweise Malayalam, vor. Die Resolutionen sind im Internet auf der Homepage der IFA in vollständiger Form sowohl in englischer als auch arabischer Sprache einsehbar. Von den bisher mehr als siebzig entstandenen Werken wurde die Mehrzahl in Pakistan verlegt.
Die IFA hat sich im Zeitraum von 1989 bis 2005 vornehmlich durch die Veranstaltung von Seminaren, die in unregelmäßigem Abstand im gesamtindischen Raum bisher fünfzehn Mal stattgefunden haben, entwickelt. Fanden die Seminare anfangs in nationalem Rahmen statt, sind heute auf den Seminaren immer mehr Rechtsgelehrte aus dem nicht-indischen Raum zu verzeichnen. Islamische Jurisprudenz aus arabischen und SAARC-Ländern und in wenigen Fällen auch aus den USA, Kanada oder Großbritannien ist auf den Seminaren vertreten, die sich aus bis zu dreihundert Teilnehmern zusammensetzen.
Auf nationalstaatlicher Ebene besitzt die IFA keinen rechtlichen, institutionalisierten Einfluss, um ihre Resolutionen umzusetzen. Wohl aufgrund der säkularen Verfassung Indiens als auch des Minderheitenstatus der muslimischen Bevölkerung, spielen die Entscheidungen der IFA im nationalstaatlichen Gesetzgebungsverfahren lediglich in der Debatte um das separate muslimische Personenstandsrecht eine Rolle. An Sanktionierungsmöglichkeiten auf nationaler Ebene seitens der indischen Regierung bei Verstoß gegen die Resolutionen der IFA ist nicht zu denken. Dennoch dürfen - vor allem im südasiatischen Kontext - die Verlautbarungen der IFA nicht vernachlässigt werden. Beispielsweise hat sich der Supreme Federal Shariat Court in Pakistan 1991 in seiner Urteilsfindung bezüglich des Zinsverbots auf eine Rechtsentscheidung der IFA berufen.
Die Islamic Fiqh Academy wurde 1988 in Neu-Delhi gegründet und befindet sich in Jamia Nagar, einem Stadtteil Delhis mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung, in dem eine Vielzahl weiterer juristischer und politischer islamischer Institutionen beheimatet sind. Auch das All India Muslim Personal Law Board (AIMPLB) besitzt dort seine Zentrale, das sich als Interessenvertretung der indischen Muslime versteht und in enger institutioneller Beziehung zur IFA steht. Die IFA agiert als Organisation auf nationaler Ebene, ihre Gremien sind mehrheitlich von indischen Muslimen besetzt. Die Rechtsgelehrten der IFA gehören überwiegend der Rechtsschule der Hanafiten an, deren Rechtslehre in Nordindien und einigen Teilen Südindiens verbreitet ist. Die personelle Spitze der IFA setzt sich aus Präsident, General- und Verwaltungssekretär zusammen und besteht aus verschiedenen Gremien, welche die akademische, administrative und exekutive Arbeit der Rechtsakademie organisieren und überwachen. Die Gremien der IFA setzen sich nicht ausschließlich aus muslimischen Rechtsspezialisten zusammen. Neben den Rechtsgelehrten, die innerhalb der IFA ständige, leitende Mitglieder sind, sind in den Gremien Fachleute bestimmter Themengebiete vertreten. Diese Themenbereiche betreffen vornehmlich bio- und medizinethische Fragen sowie den Komplex des islamischen Bankwesens bzw. Wirtschaftssystems. Die Rechtsakademie besitzt eine eigene Verfassung in gedruckter Form, der zufolge alle Mitlieder in einem Zyklus von 5 Jahren neu gewählt werden. Die nächsten Amtswahlen finden 2007 statt.
Eine besonders ausgeprägte institutionelle Verbindung von Religions- und Rechtsgelehrten (Ulama) der IFA lässt sich über deren gemeinsame Zugehörigkeit zu Darul Uloom in Deoband illustrieren, eine 1880 errichtete theologische Hochschule, deren Ideologie sich netzwerkartig über den gesamten Subkontinent erstreckt und die heute die muslimische Bildungslandschaft in Indien dominiert. Die Mehrheit der Religions- und Rechtsgelehrten setzt sich aus Angehörigen und Absolventen der Darul Uloom Deoband zusammen, die in der organisatorischen Struktur der IFA stark vertreten sind. Diese doktrinäre Kongruenz wird ferner von der IFA durch regelmäßig durchgeführte Veranstaltungen und Vorlesungen an der Darul Uloom in Deoband und anderen Orten islamischer Gelehrsamkeit, die der Ausbildung und Förderung der jungen Ulama dienen, gefördert.
Der gegenwärtige Präsident der Islamic Fiqh Academy, Muhammad Zafeerudin Miftahi, dessen Funktion hauptsächlich in Repräsentationszwecken und der Beaufsichtigung der Akademie besteht, ist als Mufti (Erteiler von Rechtsauskünften) an der Darul Uloom in Deoband tätig. Auch der Generalsekretär der IFA, Khalid Saifullah Rahmani, der die Hauptverantwortung für die Rechtsakademie trägt und deren wichtigster Funktionsträger ist, übt das Amt des Muftis in Darul Uloom Sabeesussalam, Hyderabad, aus. Ferner war er Mitbegründer des All India Muslim Personal Law Board. Da zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder der Präsident noch der Generalsekretär der IFA in Delhi präsent sind, liegt - nach Angaben der Islamic Fiqh Academy - die Hauptverantwortung für die Leitung der IFA in den Händen des Verwaltungssekretärs Amin Usmani.
Die Gründung der Islamic Fiqh Academy geht auf die Initiative von Maulana Qazi Mujahidul Islam Qasmi zurück, der in mehreren Institutionen islamischer Gelehrsamkeit tätig war. Qasmi hatte mit dem Amt des Generalsekretärs bis zu seinem Ableben am 04. April 2002 eine führende Stellung innerhalb der IFA inne. Die Darstellung seiner Biografie kann dienlich sein, weitere institutionelle Verflechtungen der IFA zu anderen Zentren religiöser Funktionseliten zu illustrieren, wie dem bereits erwähnten AIMPLB oder der Imarat-e-Sharia, einem Gerichtshof in Phulwari Sharif, Patna, der für die Leitung der Scharia-Gerichte in Bihar, Jharkhand, Orissa und Westbengalen zuständig ist. Qasmi wurde 1936 geboren und hat an der Darul Uloom in Deoband studiert. 1962 wurde er in das Amt des Richters an der Imarat-e-Sharia in Phulwar-i Sharif in Patna berufen. 1972 war er Gründungsmitglied des AIMPLB, darin allen wichtigen Gremien angehörig und wurde im Jahr 2000 zum Präsidenten gewählt. Ferner war er 1992 Gründungsmitglied des All India Millia Councils. Neben Mujahidul Islam Qasmi war Syed Abul Hasan Ali Nadwi, zweiter Präsident des AIMPLB, treibende Kraft bei der Etablierung der Islamic Fiqh Academy. Der 1999 verstorbene Gelehrte (Alim) pflegte Beziehungen zu unterschiedlichen indo-muslimischen Reformbewegungen, wie beispielsweise der islamistischen Jamaat-i-Islami, besaß gelehrte Kontakte zur arabischen Welt, wie etwa zu der Islamischen Weltliga (MWL), und wurde in verschiedene transnationale Gremien und Foren berufen, die ihren Sitz im Nahen und Mittleren Osten haben. Anfangs wurde die IFA von Qasmi und Nadwi als indischer Ableger der islamischen Rechtsakademie der Islamischen Weltliga (MWL) verstanden, da Nadwi auch Gründungsmitglied der 1973 in Mekka gegründeten Rechtsakademie der islamischen Weltliga war. Heute ist Syed Rabey Hasani Nadwi, Neffe und Schüler Nadwis, Patron der IFA und wurde nach dem Tod Qasmis 2002 Präsident der AIMPLB. Nadwi hat in dieser Funktion das zuletzt in Mysore an der Darul Uloom Siddiquia vom 11.-13. März 2006 durchgeführte Seminar der IFA eröffnet. Die Gesamtstruktur der IFA und das innerhalb der Akademie bestehende institutionelle Geflecht aus AIMPLB, der Imarat-e-Sharia für Bihar, Jharkhand, Orissa und Westbengalen, der Darul Uloom in Deoband und weiteren im südasiatischen Raum verteilten Zentren islamischer Gelehrsamkeit, verdeutlicht die Komplexität der südasiatischen Gelehrtenkultur.
Im Gegensatz zu den vielschichtigen Beziehungen der IFA innerhalb des nationalen Kontexts ist die Verflechtung und Kooperation der Akademie zu internationalen islamischen Organisationen und Instituten, wie beispielsweise der Islamischen Weltliga (MWL), die in Mekka residiert, und der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) in Jeddah und deren Fiqh-Akademien anders geartet. Diese beiden Rechtsinstitutionen der größten internationalen islamischen Organisationen MWL und OIC beschäftigen sich, ähnlich der IFA, mit Frage- und Problemstellungen des islamischen Rechts, welche durch neue naturwissenschaftliche, medizinische und technische Entwicklungen hervorgerufen werden. Die IFA ist eine nationale, unabhängige Organisation, die keiner dieser größten internationalen islamischen Organisationen angehörig ist, auch wenn sie in ihrer Entstehungsphase als indischer Ableger der Fiqh-Akademie in Mekka, die 1973 von der Islamischen Weltliga (MWL) gegründet wurde, verstanden wurde. Auch steht sie heute in keiner institutionellen Verbindung zu der Fiqh-Akademie in Jeddah, die 1981 von der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) gegründet wurde, obwohl Qasmi, Gründungsmitglied der IFA, seiner Zeit sogar Exekutivmitglied der Fiqh-Akademie der OIC in Jeddah war. Die 1969 gegründete OIC stellt eine internationale Staatenorganisation dar, die auf Regierungsebene operiert und aus insgesamt 56 Mitgliedstaaten besteht. Obwohl darunter nicht nur Staaten mehrheitlich muslimischer Bevölkerung, sondern auch Staaten mit großen muslimischen Minderheiten vertreten sind, wie beispielsweise Nigeria, stellt Indien keinen Mitgliedstaat der Organisation der Islamischen Konferenz dar. Der Zugang Indiens zur OIC wurde durch die Vertretung Pakistans bei einer Sitzung der Organisation der islamischen Konferenz in Rabat/Marokko 1979 verhindert. Trotz der unabhängigen Position der IFA zu den Rechtsakademien der OIC und MWL, bedeutet dies nicht, dass sie sich innerhalb ihrer Publikationen nicht auf Beschlüsse der Fiqh-Akademien der OIC oder MWL beruft und diese als Vorlage für die eigenen Resolutionen dienen. Rechtsgelehrte der IFA haben die Resolutionen der Fiqh-Akademien der MWL und OIC ins Urdu übersetzt und der muslimischen Bevölkerung Indiens zugänglich gemacht. Trotz der immer wieder seitens der IFA hervorgehobenen Kooperation und Wertschätzung der Fiqh-Akademien der Organisation der Islamischen Konferenz als auch der Islamischen Weltliga, fußt diese Einstellung jedoch auf eher einseitiger, indischer Basis.
Der Begriff Klonen bezeichnet im allgemeinen Kontext die natürliche oder künstliche Entwicklung zweier oder mehrerer genetisch identischer Zellen oder Organismen. Die heute verwendete Methode des Klonens beruht auf der natürlichen Entwicklung eines neuen Organismus nach Kerntransfer des Erbmaterials in eine zuvor entkernte Eizelle. Für einen Nukleustransfer wird dem zu klonenden Organismus eine Zelle entnommen und daraus der Zellkern isoliert. Dieser Zellkern wird in eine Eizelle, deren Zellkern entnommen worden ist, eingesetzt. Zur Anregung des natürlichen Programms der weiteren Entwicklung wird die Eizelle entweder einem chemischen Stimulus oder einem Stromstoß ausgesetzt und dazu gebracht, sich selbstständig zu teilen und sich wie eine normale Zygote zu verhalten. Die genetische Information der erzeugten Zygote ist mit der des Zellkernspenders identisch. Auf dieser Grundlage existieren zwei Möglichkeiten des Klonens, die man einerseits als "reproduktives Klonen", das der künstlichen Fortpflanzung dient, und andererseits als "therapeutisches Klonen", das innerhalb biologisch-medizinischer Verfahren Verwendung findet, bezeichnet.
Beim therapeutischen Klonen handelt es sich nicht direkt um therapeutische Maßnahmen, sondern um Forschungsanstrengungen mit dem Fernziel einer Heilung bestimmter Krankheiten. Der sich noch in der Frühphase der Entwicklung befindende Embryo wird nach wenigen Zellteilungen zerstört und die einzelnen Zellen in eine Kultur zum weiteren Wachstum gebracht. Mit Hilfe geeigneter chemischer oder biologischer Stimuli lassen sich aus diesen Stammzellen möglicherweise jede Gewebeart und ganze Organe züchten oder die Stammzellen werden direkt in den Körper des Patienten eingebracht. Durch die Verwendung genetisch identischer Zellen oder Organe wird die von Natur aus hervorgerufene Abstoßung von transplantiertem Fremdgewebe durch das Immunsystem verhindert. Zellen, die aufgrund eines Herzinfarktes abgestorben wären, könnten so durch neue, geklonte Zellen ersetzt werden und zur Geweberegeneration beitragen. Bis heute ist noch von keiner erfolgreichen Behandlung mit dieser Methode berichtet worden. Die Kritik am therapeutischen Klonen bezieht sich auf die Mittel, die angewandt werden, um Krankheiten zu heilen. Gegner der Stammzellforschung und des therapeutischen Klonens vertreten die Ansicht, dass der frühe Embryo schon bald nach der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle die Fähigkeit hat, sich zu einem Subjekt zu entwickeln, damit muss ihm auch der damit verbundene Schutzanspruch zuerkannt werden. Es stellt sich somit die Frage nach der Legitimität der Erzeugung von Embryos, wenn diese mit einer anschließenden Zerstörung verbunden ist.
Beim reproduktiven Klonen wird der Embryo im Lauf der Entwicklung in eine Leihmutter eingepflanzt und die natürliche Entwicklung zum vollständigen Organismus abgewartet. Die Kritik der Gegenseite besteht darin, dass das reproduktive Klonen eine Instrumentalisierung des geklonten Menschen bedeuten könnte und somit gegen das Prinzip der Menschenwürde verstoßen würde. Diese verpflichtet dazu, den Menschen niemals bloß als Mittel, sondern auch als "Zweck an sich" (Immanuel Kant) zu betrachten.
Die Islamic Fiqh Academy äußerte sich auf ihrer bereits eingangs erwähnten zehnten Fiqh-Konferenz (24.-27. Oktober 1997, Mumbai) zum ersten Mal zur Problematik des Klonens. Es fällt auf, in welch kurzem Zeitraum die IFA auf das Bekanntwerden der Geburt des Schafes Dolly Anfang 1997 reagierte. Waren in durchaus drängenden Fragen, wie beispielsweise der Gentechnologie, Jahre von der Einführung der Technologie in Indien vergangen, bis die Akademie sich damit auseinander setzte, hatte die IFA nach nicht einmal einem Jahr bereits eine Resolution bezüglich der Rechtmäßigkeit des Klonens verabschiedet. Die Akademie wollte in diesem Fall möglichst schnell auf die hitzigen Debatten über das reproduktive Klonen innerhalb der Medien reagieren und ihre Meinung zum Ausdruck bringen. Das reproduktive Klonen wird in der Resolution der IFA von den Rechtsgelehrten deutlich abgelehnt. Innerhalb der Diskussionen der Rechtsgelehrten wurden aber sowohl Argumente, die einem Verbot entgegenstehen, als auch Argumente, die für ein Verbot plädieren, angeführt. Ein Argument letzterer Art, das von mehreren Rechtsgelehrten angeführt wird, beinhaltet, dass aufgrund dieser Technologie die Identität und der persönliche Status des geborenen Kindes verloren gehen werden. Ein weiteres häufig genanntes, zentrales Argument, das für ein Verbot des Klonens spricht, betraf die Frage, wie es um die Abstammungslinien und Elternschaft des Klons bestellt sei und welche Auswirkungen das reproduktive Klonen für die Gesellschaft habe. Wie ist die Beziehung zwischen Klon und Zellkernspender gekennzeichnet? Ist er der Bruder oder der Vater des Klons? Würde das Klonen auf Dauer nicht zum Zusammenbruch des Systems der Familien- und Verwandtschaftsbeziehungen führen?
Qasmi betont in seinen Ausführungen, dass die Technik des Klonens die Stabilität der islamischen Verwandtschafts- und Familienstruktur stark gefährdet und damit schwerwiegende Konsequenzen für das soziale Gesellschaftsleben verbunden seien. Nach der Scharia sind die verwandtschaftlichen Beziehungen eines jeden Individuums zu seinem sozialen Umfeld genau festgelegt. Verwandtschaftsbeziehungen bestimmen wesentlich die Interaktionen und Umgangsformen der muslimischen Bevölkerung. Durch das Klonen werden diese verwandtschaftlichen Beziehungen aber außer Kraft gesetzt. Das bedeutet, die schariatischen Erb-, Ehe- und Familienrechte verlieren ihre Funktionsfähigkeit. Im Zusammenhang damit unterstreicht ein weiterer Rechtsgelehrter, Muhammad Fahim Akhtar Nadwi, dass diese Form der Fortpflanzung zu einer Verwischung der Abstammungslinie (nasab) führe, was gegen die Gesetze der Scharia, die der Reinhaltung des nasab große Bedeutung beimisst, verstoße. Das bedeutet, die Zeugung muss in einem legitimen rechtlichen Rahmen, der Ehe, geschehen. Ein Kind, das außerhalb der Ehe gezeugt wird, hat keine Abstammungslinie zu seinem Erzeuger und ist folglich nicht dessen Kind.
Die Bewahrung der Abstammungslinie ist sogar von größerer Bedeutung als der Begriff der Menschenwürde selbst, der innerhalb der Debatte des Klonens in muslimischen Gesellschaften keine Bedeutung hat. Befürworter des Klonens argumentieren deshalb, dass das Klonen im Rahmen der Ehe, in der die familiären Beziehungen und Ordnungen gewahrt bleiben, kein Problem darstellt. Ein Rechtsgelehrter, Maulana Sultan Ahmad Islahi, empfiehlt diese Art der Fortpflanzung sogar unfruchtbaren Paaren, wenn sie der Nachkommenschaft dient. Demnach wäre es denkbar, das Klonen innerhalb einer legitimen Ehe zu erlauben, womit es nicht gegen Scharia-Regeln verstieße, da ein legaler Rahmen einer existierenden Ehe zum Zeitpunkt der Zeugung des neuen Lebens existiert. Diese Betonung der familiären Kategorien zur Bewertung des Klonens spielt sowohl in den Resolutionen der IFA als auch in denen der MWL und der OIC eine bedeutende Rolle und ist kennzeichnend für den islamischen Bioethikdiskurs. Dieser unterscheidet sich damit auch sehr von westlichen bioethischen Diskussionen, in denen der Begriff der Menschenwürde bezüglich des Klonens eine zentrale Rolle spielt.
Ein anderes Argument, das unter den Rechtsgelehrten innerhalb des Seminars heftig diskutiert wurde und das gegen ein Verbot des Klonens spricht, betrifft die Frage, inwieweit das Klonen einen Eingriff in den Schöpfungsakt Gottes darstellt. Die Mehrzahl der Gelehrten der IFA, allen voran Qasmi, sind der Auffassung, dass die Technik des Klonens nach koranischer Aussage nicht völlig abgewiesen werden kann. Das Klonen stellt demnach keine Identifikation mit der Schöpfung Gottes dar, sondern besteht aus der Entdeckung neuer Formen der Fortpflanzung innerhalb dieser Schöpfung. Gott hat den Menschen mit Wissen und Intellekt ausgestattet und dieser darf als göttliches Geschöpf diese Fähigkeiten zur Verbesserung der Lebensqualität auf dieser Erde nutzen.
Letztendlich wird in der Resolution der IFA das reproduktive Klonen von Seiten der Rechtsgelehrten dennoch deutlich abgelehnt. Das therapeutische Klonen wurde innerhalb dieses Seminars von den Rechtsgelehrten nicht thematisiert und ist deshalb auch nicht Gegenstand der Resolution.
Vergleicht man die Resolutionen der Fiqh-Akademie der Organisation der Islamischen Konferenz und der Islamischen Weltliga mit den Beschlüssen der IFA bezüglich des Klonens, wird sehr deutlich, dass die Rechtsgelehrten der IFA sich inhaltlich auf die Beschlüsse der Rechtsakademien der größten internationalen islamischen Organisationen beziehen und mit diesen übereinstimmen, wie anhand der Erläuterung der Beschlüsse deutlich wird. Die Resolution der IFA spricht sich aufgrund oben genannter moralischer und sozialer Implikationen wie dem Verlust der Identität und der Problematik der Legitimität des Kindes absolut gegen das reproduktive Klonen aus. Allerdings gilt dieses Verbot nur für den Menschen. Das reproduktive Klonen von Tieren und Pflanzen ist erlaubt und wird ausdrücklich - wenn es dem Wohle der Menschheit dient - sogar empfohlen. Diese unterschiedliche Bewertung des Klonens bei Menschen und Tieren findet man auch in der Resolution von 1997 der Fiqh-Akademie der OIC und MWL. Im letzten Absatz der Resolution appelliert die IFA explizit an die indische Regierung, Gesetze zu erlassen, die Klonexperimente in Indien durch nationale wie internationale Institutionen verbieten. Auch diese Formulierung wurde von den Beschlüssen der Fiqh-Akademien der OIC und MWL übernommen, die innerhalb ihrer Resolution ausdrücklich davon sprachen, "dass die islamischen Staaten kein Ort der Klonforschung für regionale, nationale und fremdländische Wissenschaftler und Firmen werden dürfen". Da die Beschlüsse der IFA Indien mit den Entscheidungen der Fiqh-Akademien der OIC und MWL übereinstimmen, besteht somit hinsichtlich religiöser Rechtsmeinungen ein Konsens von islamischen Religions- und Rechtsgelehrten in Südasien und in der arabischen Welt zur Problematik des Klonens.
Abschließend lässt sich sagen, dass die Bedeutung der IFA im nationalen Kontext einerseits in der Weiterentwicklung des islamischen Rechts liegt und andererseits im Vertretungsanspruch der Interessen und Rechte der Muslime Indiens, ähnlich anderer muslimischer Organisationen wie die des All India Muslim Personal Law Boards. Im internationalen Kontext vertritt und behauptet die IFA im Vergleich zu den unzähligen weltweit existierenden islamischen Rechtsinstitutionen eine indische Position, die sich jedoch in vielen Fällen, wie beispielsweise der des Klonens, durch Konformität zu Haltungen anderer Rechtsinstitutionen auszeichnet.
Dieser Beitrag gehört zum Schwerpunkt: Islam in Südasien .
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