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Call for Papers: Liebe Leserinnen und Leser, in loser Folge möchten wir Spezialisten vorstellen, die langjährig in der und über die Region gearbeitet haben - sowohl im akademischen als auch im nicht-akademischen Bereich - und daher fundierte Einblicke eröffnen können. Ziel ist es dabei entgegen den Trends einer oft schnelllebigen Mediengesellschaft das zumeist Jahre und Jahrzehnte umfassende Schaffen von Wissenschaftlern und Fachleuten in möglichst umfassender Bandbreite sichtbar zu machen, d.h. ein Werk durchaus mit unterschiedlichen Akzentsetzungen, Brüchen oder theoretischen Ansätzen vorzustellen. Die Redaktion freut sich wie immer auf Ihre Vorschläge, Ideen, Anregungen und Mitarbeit an dieser Reihe! ... [mehr ...]
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Mit einem Zitat aus der preisgekrönten Gedichtsammlung 'Gitanjali' von Rabindranath Tagore widmet die Autorin ihr 'Büchlein' ihren Wegbegleiter_innen, die sie "[...]wie selbstverständlich als eine der ihren in ihre Lebenswelt aufgenommen [...]" (S. 11) haben.
Marlis Sander, wie die Autorin freundschaftlich von Torsten Oertel im Vorwort genannt wird, zeigt ein Bangladesch, das wir so nicht immer in den deutschen Nachrichten finden. Liebevoll und im Detail einfallsreich erschafft Marlis Sander meist positive Bilder, die uns in ihren Bann ziehen. Zwischen zahlreiche Gedichte streut die Autorin witzige, traurige und kritische Kurzgeschichten. Den größten Teil machen Gedichte aus, die mal nur aus einigen Zeilen bestehen und mal über drei Seiten lang, teils aber recht abstrakt sind. Die Kurzgeschichten am Ende der jeweiligen Kapitel lockern die abstrakte Strenge der Gedichte auf. Die Kombination verschiedener literarischer Formen bietet die Möglichkeit, tiefer in das Buch und das Land einzutauchen. Nicht alle Gedichte erschließen sich gleich, und manche lassen auch noch nach mehrmaligem Lesen einige Fragen offen. Dies ist eine der vielen Stärken des Buches, die den Lesenden Platz für eigene Interpretationen lässt. Alles in allem ergibt sich eine gute Mischung, die leichtfüßig unterhält, dabei aber nicht oberflächlich ist.
In den ersten beiden Kapiteln befasst sich die Autorin mit den Naturelementen und nennt diese 'Wasser' und 'Monsun'. Dabei setzt sie sich mit einem der auffälligsten Merkmale Bangladeschs auseinander: dem Wasser. Bangladesch ist als Land des Wassers bekannt, geprägt durch die vielen Flüsse, die im Himalayagebirge ihren Ursprung haben, das Flussdelta und den Mangrovenwald am Golf von Bengalen sowie den starken Monsunregen im Sommer. Besonders in Erinnerung bleibt die Kurzgeschichte 'Strandgut', in der - einem Krimi gleich - der Mord an einer deutschen Touristin durch ihre Begleiterin erzählt wird. Ein Gegenstück bilden abstrakte Geichte, wie 'Regen':
"Striche, Senkrechte, von oben nach unten, senkrecht, federnd, springend, ins Fließende, schwimmen […]" (S. 33)
Insgesamt bedient die Autorin mit ihrem Buch zwei Ebenen. Zum einen liefert sie einen Einblick in das Land abseits von Klischees über Armut, Überschwemmungen und einstürzende Fabriken. Dabei gelingt es ihr in einer bildhaften Sprache die schönen und unschönen Seiten Bangladeschs darzustellen. Zugleich reflektiert sie auf einer weiteren Ebene ihr eigenes Dasein in einem Land, das von ihrem Geburtsland nicht nur auf der Landkarte weit entfernt ist. Davon zeugen die Kapitel 'Fremdheit' und 'Deutsche'. In beiden Kapiteln übt die Autorin Kritik am Verhalten einiger Ausländer_innen in Bangladesch. So heißt es in 'Botschaft aus Deutschland':
"Hier sitzen wir wie die Maden im Speck. Die einen mauern sich ein mit kleinlichem Sinn, interessiert sie die Welt da draußen 'nen Dreck. [...]" (S. 61)
Die Reflexion mit der eigenen Fremdheit im Ausland liest sich nachvollziehbar und gliedert sich plausibel in die anderen Beobachtungen ein.
Im Anschluss erfolgt in dem Kapitel 'Straße' die Auseinandersetzung mit verschiedenen Begegnungen im öffentlichen Raum. Auf der Straße begegnen wir u.a. einem 'Hund', einem 'Bettler' und dem 'Wind'. Das letzte Kapitel 'Frauen' beschreibt vor allem die vorherrschenden Geschlechterrollen, welche im Gedicht 'Von Scham und Schande' erkennbar werden:
"Schande des Mannes, die Schamlosigkeit der Frau, Schamlosigkeit der Männer, die Schändung von Frauen. [...]" (S. 84)
Diese Auslegung spiegelt nur eine Seite der Realität, weist aber gleichzeitig auf eine tiefe Verwurzelung von Geschlechterrollen hin, welche sowohl auf Frauen in Hausarbeit als auch Erwerbstätige zutreffen können. Wie bei den Kapiteln zuvor, nimmt sich die Autorin die künstlerische Freiheit, Themen teilweise nur anzureißen und im nächsten Gedicht zu einem anderen Gedanken zu springen.
Über die Autorin und das Entstehen des Buches erfahren wir nicht viel. Sie wurde 1957 in Berlin geboren, absolvierte eine Ausbildung zur Weberin, studierte zudem Germanistik und Geschichte und lebte später 15 Jahre in Indien und Bangladesch. Inzwischen lebt und arbeitet Maria-Elisabeth Sander in Jena. Verleger und Autorin ist es gelungen, Torsten Oertel, den ehemaligen Leiter des Goethe Instituts in Dhaka für das Vorwort ins Boot zu holen. Er ist somit eine kompetente Referenz für den reflektierten europäischen Blick 'von außen' auf das Land. Das Bild für das Cover liefert wiederum Lalon Sander, bekannt als Redakteur der taz. In dem leider verpixelten Bild sehen wir eine 'typische' Szene des ländlichen Bengalen: den Teil eines Dorfes mit getrockneten Strohbergen und ein Reisfeld umgeben von grünen Palmen und Bäumen.
‚Augenblicke in Asien‘ spricht unterschiedliche Leser_innengruppen unabhängig von den Kenntnissen der Region an. Es eignet sich für diejenigen, die einen ersten anderen Eindruck von Bangladesch erhalten wollen. Landeskundige erkennen ihnen bekannte Erlebnisse, Begegnungen und Bilder. Das Buch verleitet öfters zum Schmunzeln ob der ähnlichen Erfahrungen. Dabei gelingt es der Autorin dem Erlebten eine einmalige Ausdrucksform zu verleihen, anders als in erzählenden Reiseberichten. Insgesamt liest sich das Buch flüssig und bietet den Leser_innen Raum für eigene Gedanken und Interpretationen. Das Buch erschien im Draupadi Verlag, der sich ein umfassendes Repertoire mit dem Schwerpunkt Südasien erarbeitet hat. 'Augenblicke in Asien' fügt sich nahtlos in das Verlagsprogramm ein.
Wer Bangladesch noch nicht kennt, dem sei neben diesem Buch auch Willem van Schendels 'A History of Bangladesh' 1 sowie 'Bideshi – Begegnungen mit Bangladesch' 2 ans Herz gelegt. Van Schendel liefert mit seinem Werk eine gute Grundlage zum Verständnis der Geschichte, Politik und Kultur Bangladeschs. 'Bideshi' ist ebenfalls im Draupadi Verlag erschienen und eine literarisch aufbereitete Dokumentation von drei jungen Deutschen, die als sogenannte Freiwillige das Land ausgiebig bereist haben und ihre persönlichen Eindrücke schildern.
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1 ] van Schendel, Willam (2009): A History of Bangladesh. Cambridge; New York: Cambridge University Press.
[
2 ] Böhme, Kathrin, Heiko Herold, Dirk Saam (2006): Bideshi. Begegnungen mit Bangladesch. Heidelberg: Draupadi Verlag.
Quelle: http://draupadi-verlag.de/Buecher/Buchinfo_Augenblicke.pdf
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