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15. Mai 2008. Aus dem Netzwerk: Südasien - Natur & Umwelt SÜDASIEN 2/2008

Das aktuelle Heft (2/2008) der vom Südasienbüro e.V. (Bonn) herausgegebenen Zeitschrift SÜDASIEN zum Thema "Ökologische Perspektiven" erschien am 9. Mai 2008.

Kuhhirte mit seinem Vieh in südasiatischer Trockenregion vor Windrädern – so könnte die technische Beschreibung des Titelbilds in einem Archiv lauten. Ländliche Hirtenidylle und Öko-Stromerzeugung, Subsistenzwirtschaft und Entwicklungsfortschritt: Gelungene Synthese oder Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen?

Jeder, der nach Südasien reist, wird immer wieder davon verblüfft, wie hier verschiedene, oft scheinbar völlig disparate Welten aufeinander stoßen. Schwer zu sagen, ob diese Welten sich aufeinander zu bewegen oder immer mehr auseinanderdriften. Gewiss: Der Wirtschaftsboom, der Indien und teilweise auch die anderen Länder Südasiens mitreißt, deckt manche Konfliktzonen zu. Doch auch im prosperierenden Indien ist die bittere Armut allgegenwärtig.

Cover Südasien 2/2008
Cover der vom Südasienbüro e.V. (Bonn) herausgegebenen Zeitschrift SÜDASIEN, Nr. 2/2008, mit dem Thema "Ökologische Perspektiven". Foto: Südasienbüro e.V. (Bonn)

Der überraschende Wahlsieg der Maoisten in Nepal und die zunehmende Agitation der Naxaliten in Indien geben zu denken. Politische und soziale Unzufriedenheit meldet sich zu Wort. In Nepal wie überall in Südasien hat nur ein kleiner Teil der Gesellschaft Zugang zu Bildung und Fortschritt, Wohlstand, Mobilität, ärztliche Versorgung. Der Kuhhirte auf dem Bild hat wahrscheinlich keinen Zugang zu Strom und Wasser. In seinem Haus wird am offenen Feuer gekocht, die Latrine ist das offene Feld.

Der viel bewunderte Wirtschaftsboom in Indien und anderen südasiatischen Ländern geht mit einem gigantischen Ressourcenverbrauch einher. Ein weltgeschichtlich einzigartiges Experiment explodierender Urbanisierung ist in vollem Gang: Die Städte wachsen ins Unendliche. Eine junge, immer noch wachsende Bevölkerung will mit Wohnraum, Strom, Wasser und Lebensmitteln versorgt werden – und auch mit elektronischen Geräten, Autos, Klimaanlagen. Mahatma Gandhis zivilisationskritische Rückkehr zum einfachen Leben wird zwar gelegentlich weltweit bewundert, hat aber praktisch keine Relevanz mehr für das eigene Leben.

Durch die volkswirtschaftliche Brille gesehen stellt sich Indien vor allem ein gigantisches Marktpotential dar. Doch es führt kein Weg an der Erkenntnis vorbei, dass das Ressourcen fressende weltweite Modell der Wohlstandsvermehrung ein Experiment mit ungewissem Ausgang ist. Was heute als Sieg über Armut und Unterentwicklung erscheint, könnte sich morgen als Ruhephase vor der großen ökologischen Katastrophe erweisen.

Dass Böden wegen unsachgemäßer Bewässerung versalzen, Brunnen versiegen und die Städte im Smog ersticken, ist schon schlimm genug. Vor allem die Klimaerwärmungsszenarios machen noch ganz andere, ungeheuerliche Dimensionen der von Menschen gemachten Umweltveränderungen deutlich. Immerhin: Auch in Südasien regt sich das Bewusstsein für die Krise. Auf der Weltklimakonferenz in Bali hat die indische Regierung einen Politikwechsel zugunsten des Klimaschutzes angedeutet. Man darf auf die Implementierung der angekündigten Klima-Strategie Indiens gespannt sein.

Ökologie bezeichnet im heutigen Sprachgebrauch alles, was mit der Umwelt und deren Schutz in Zusammenhang steht. Man bedenke, wie lange es in der westlichen Welt gedauert hat und immer noch dauert, bis sich das Bewusstsein für die existentielle Notwendigkeit einer ökologischen Politik durchsetzt. Als in den 1980er Jahren die Grünen die Forderung nach konsequenter Förderung erneuerbarer Energien aufbrachten, ernteten sie damit vielerorts nur Hohn und Spott. Heute ist in Deutschland immerhin mehr als 14 Prozent der Stromerzeugung regenerativ, die Windradproduktion ist längst ein Exportschlager und die Bundeskanzlerin setzt sich zumindest rhetorisch vehement für einen konsequente internationale Klimaschutzpolitik ein.

Der Rhein, der hier ein paar Meter von meinem Büro aus in Richtung Holland fließt, ist vertraut und prägt das Bild einer Kulturlandschaft mit Fluss, das wir Rheinländer im Herzen mit uns herumtragen. Ich erinnere mich noch an den üblen Geruch des Rheins, an die Schaumkronen und die Massen von Plastikmüll, die in meiner Kindheit noch viel aufdringlicher als heute waren. Die Qualität des Rheinwassers hat sich seit den 1960er Jahren dank eines zunehmend strikten Gewässerschutzprogramms der Rhein-Anliegerstaaten spürbar verbessert. 63 Fischarten, so heißt es, bevölkern den Fluss, darunter zahlreiche Rückkehrer wie der Lachs und die Meeresforelle, die zum laichen in den Oberrhein schwimmen. Eine ökologische Erfolgsgeschichte mit Vorbildcharakter? Schwer zu sagen. Für den Klimaschutz jedenfalls dürfte die Verbesserung der Wasserqualität wenig gebracht haben. Jeder Erfolg ist und bleibt relativ.

Einst waren die Untiefen des Rheins, etwa an der Loreley, bei den Schifffahrern gefürchtet. Dort schippern inzwischen gewaltige Schubschiffe problemlos durch die ausgebaggerte Fahrrinne. Wir haben akzeptiert, dass der Rhein durch die Flussbegradigung des 19. Jahrhunderts in großen Teilen praktisch zu einem Kanal verkommen ist. Nur gelegentlich erinnert Vater Rhein beim Hochwasser die Menschen in den Dörfern und Städten an seinen dicht besiedelten Ufern, wie fragil die Fundamente unserer Lebenswelt eigentlich sind.

Heinz Werner Wessler

 

Inhaltsverzeichnis SÜDASIEN 2/2008

Editorial

Tendenzen der Gegenwartsliteratur

Snehmayi Chaudhri - Gedichte
Pudumaipitan - Der Kali-Tempel
Pudumaipitan - Die Straßenlaterne
Pudumaipitan - Das Bett spricht
Pitschamurti - Die Halluzination
Kogila Tangasami - Gedichte

Indien

Thomas Bärthlein - Im Überblick
Thomas Schmitt - Indiens Andamanen und Nicobaren
Rainer Hörig - Gespräch mit Chandra Bhushan, CSE
Gerhard Klas - Interview mit Tara Gandhi Bhattacharjee
Thomas Schmitt - New Delhis Währungspolitik
Friedel Hütz-Adams - Natursteine aus China und Indien

Nepal

Thomas Döhne - Im Überblick
Thomas Döhne - Nepal wird Maosthan
Thomas Döhne - Interview mit Dev Raj Dahal
Thomas Döhne - Gletscherschmelze im Himalaya

Bhutan

Dieter Brauer - Im Überblick
Dieter Brauer - Vom Absolutismus zur Parlamentsmehrheit
Dieter Brauer - Umweltschutz in Bhutan

Sri Lanka

Jürgen Clemens - Im Überblick
Bernhard Schorn - Interview mit Alfons Schabarum
Jürgen Clemens - Kommunalwahl im Batticaloa Distrikt

Bangladesh

Patrizia Heidegger - Im Überblick
Patrizia Heidegger - Müll als Ressource
Peter Rottach - Wirbelstürme und Klimawandel
Anna Heringer - Ressourcenschonendes Bauen

Afghanistan

T . Ruttig und H.W. Wessler - Im Überblick
Iskandar Abdullayev und Usman Shah - Wasser und nachhaltige Entwicklung
Andreas Buro - Vorschlag für zivile Afghanistan-Strategie

Pakistan

Thomas Bärthlein - Im Überblick
Thomas Bärthlein - Demokratischer Neuanfang in Pakistan
Matthias Paukert - Umweltengagement an der Wasserscheide
Christian Lorenz - Talfahrt der Wirtschaft?

Südasien

Udo Schickhoff - Energie und Umwelt in Südasien
Sven Harmeling - Politikwandel im Klimawandel?
Christina Kamp - Wie viele Planeten für Entwicklung?
Rixa Schwarz - Bildung für nachhaltige Entwicklung
Christina Kamp - "Verantwortlicher Tourismus" in Kerala
Wolfgang Schonecke - Indien und Afrika – eine lange Geschichte
Asghar Ali Engineer - Islam - Globalisierung und Herausforderungen
Toni Scheibe - Interview C. Bigdon und G. Taube

Buchrezensionen

Gelbe Seiten - Adivasi-Rundbrief

 

(Das Einzelheft kostet 6,50 Euro, weitere Informationen auf der Homepage des Südasienbüro e.V.)

Kontakt

Name:
Südasienbüro e.V. (Bonn)
Telefon:
+49-176-26100979
E-Mail:
suedasienbuero@suedasien.de

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