Beiträge willkommen: suedasien.info versteht sich als vorwiegend deutschsprachiges Informationsportal für die Region Südasien. Wir freuen uns über externe Beiträge zu allen Aspekten der Gesellschaft, Politik, Geschichte und Kultur des Subkontinents bzw. auf die gesamte Bandbreite des vielfältigen und vielschichtigen Lebens in der Region überhaupt. ... [mehr ...]
Call for Papers: Liebe Leserinnen und Leser, in loser Folge möchten wir Spezialisten vorstellen, die langjährig in der und über die Region gearbeitet haben - sowohl im akademischen als auch im nicht-akademischen Bereich - und daher fundierte Einblicke eröffnen können. Ziel ist es dabei entgegen den Trends einer oft schnelllebigen Mediengesellschaft das zumeist Jahre und Jahrzehnte umfassende Schaffen von Wissenschaftlern und Fachleuten in möglichst umfassender Bandbreite sichtbar zu machen, d.h. ein Werk durchaus mit unterschiedlichen Akzentsetzungen, Brüchen oder theoretischen Ansätzen vorzustellen. Die Redaktion freut sich wie immer auf Ihre Vorschläge, Ideen, Anregungen und Mitarbeit an dieser Reihe! ... [mehr ...]
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Das Datum der Unabhängigkeit von Pakistan und Indien vor sechzig Jahren steht für den Durchbruch der "Freiheit" der beiden größten Staaten in Südasien von der britischen Kolonialherrschaft und den damit verbunden Projekten nationaler Identitätsfindung, von Fortschritt und Wohlstand, Wiedergewinnung von durch dir Kolonialisierung verloren gegangener Würde und Rückbesinnung auf die Wurzeln (vgl. Artikel Momin und Rosemann).
Darüber hinaus war der 14. (Pakistan) bzw. 15. (Indien) August 1947 Auftaktveranstaltung für die große Welle der Entkolonisierung in Afrika und Asien. Nur Portugal hielt eisern an seinen größeren und kleineren Überseeterritorien fest, die es sich seit dem 16. Jahrhundert aufgebaut hatte. Mit dem Diktator Salazar war kein Verhandeln möglich, und so entschloss sich Indiens Premierminister Jawaharlal Nehru 1961 zu einer militärischen Überraschungsaktion gegen die portugiesischen Streitkräfte in Goa, Daman und Diu.
Südasien hat aber 2007 noch mit zwei weiteren bedeutenden Gedenkanlässen aufzuwarten. 1857, vor 150 Jahren, entwickelte sich ein Militäraufstand in Meerut rasch zu einer großflächigen Revolte der in das koloniale Gedächtnis unter dem Namen Sepoy Mutiny ("Soldatenaufstand") einging – geprägt von John Kayes A History of the Sepoy War in India, 1857-1858 in drei Bänden (1868). Aus indisch-nationalistischer Sicht handelte es sich dagegen um The first war of Independence ("Der erste Krieg für die Unabhängigkeit"), wie sie sich insbesondere im gleichnamigen Buch von Vinayak Damodar Savarkar (1883-1966) niederschlägt, einem der Vordenker der Hindutva-Ideologie (vgl. Artikel Gottlob und Übersetzung Lakshminarayan Lal). An diese Interpretation schließt auch die Dalit-Perspektive an, die sich insbesondere auf die Person der Jhalkari Bai konzentriert (vgl. Artikel Bellwinkel-Schempp). Die Debatte um die Einschätzung der Bedeutung des Aufstands bleibt aber offen: Richard Dalrymple fügt in seinem viel diskutierten Buch The last Moghul (2006) dem noch eine weitere Komponente hinzu, indem er eine großzügige "direkte Verbindung" zwischen den selbst erklärten Dschihadis von 1857-58 und den Taliban der Gegenwart zieht. Diese gegensätzlichen Einschätzungen des Aufstands spiegeln nicht zuletzt unterschiedliche identitätspolitische Horizonte der Autoren. Jede Zeit bewertet die Geschichte gemäß ihren eigenen Voraussetzungen und Bedürfnissen. Entscheidend ist die Bereitschaft, sich selbst und die eigenen Geschichtsbilder mit ihren Konsequenzen für die Gegenwart kritisch befragen zu lassen.
2007 ist darüber hinaus auch noch Gedenkjahr für den Beginn der großräumigen Expansion der britischen East India Company (EIC). Am 23. Juni 1757 hatte Robert Clive (1725-1774) mit dem Sieg in der Schlacht von Plassey mit seinem von der Leitungsebene der EIC nicht genehmigten Feldzug gegen den Nawab von Bengalen und den trickreich herbeigeführten Sieg Fakten geschaffen. Das Bild von der Inbesitznahme Groß-Bengalens ist vom Bild Mir Jafar als Urbild aller Vaterlandsverräter geprägt, dem Befehlshaber des Nawabs Siraj-ud-Daula. Mir Jafar wechselte während der Schlacht die Seiten – ein in damaliger Zeit durchaus nicht allzu ungewöhnliches Verhalten – und machte damit den Sieg der zahlenmäßig weit unterlegenen britisch geführten Armee möglich. Das Titelbild dieses Heftes zeigt die zeitgenössische Vorstellung der zeremoniellen Übergabe des Steuererhebungsrechts (Diwani) durch Schah Alam II an Clive am 12. August 1765 in Allahabad, ein Akt der formellen Anerkennung der EIC-Herrschaft durch das Mogulreich.
60 Jahre Unabhängigkeit sind Gelegenheit, in die Geschichte zurück zu blicken, in einer Zeit raschen Wandels in Gesellschaft und Wirtschaft, Wissenschaft und Politik einzuhalten und nach den Voraussetzungen und Folgen von Geschichtsbildern und Identitätspolitiken, Selbstbildern und Fremdprojektionen zu fragen. In Zeiten der forcierten Globalisierung und eines bemerkenswerten Wirtschaftswachstums in Südasien fährt der Zug zurzeit mit großem Tempo voran – ob die Reisenden dabei einen erträglichen Platz zugeteilt bekommen oder nicht, ist eine andere Frage. Dies scheint uns in der Redaktion das Bild des bekannten Fotografen GMB Akash aus Bangladesch auf der Umschlagrückseite symbolisch zu illustrieren (vgl. Interview).
Zum Schluss noch ein paar Nachrichten aus dem SÜDASIENBÜRO: In der zweiten Jahreshälfte finden gleich drei Tagungen unter Beteiligung des SÜDASIENBÜRO statt: 28.-30.9. in der Evangelischen Akademie Bad Boll (Thema: Pflichten und Menschenrechte im Hinduismus), 19.-21.10. in Königswinter (Thema: Indien und Globalisierung) und 24.-25.11. die traditionelle Jahrestagung des SÜDASIENBÜRO ebenfalls in Königswinter (Thema: Ökologie in Südasien, vgl. Umschlagrückseite innen).
Heinz Werner Wessler
Editorial
Kishwar Naheed - Die Geschichte einer schlechten Frau
Khaleda Niazi - Der andere Gott
Lakshminarayan Lal - De Opstand iss vorbei
Khaleda Niazi - Schlaflos
Amrita Pritam An - Waris Schah
Karl-Heinz Golzio - Unabhängigkeit - Salman Rushdie
Khaleda Niazi - Gedichte
Thomas Bärthlein - Im Überblick
Abdur-Rahman Momin - Sechs Jahrzehnte indische Unabhängigkeit
Christina Kamp - NGO-ideas
Rainer Hörig - Recht auf Entwicklung versus Klimaschutz
Sabine Schickling - Freiwillige Therapeutin im Himalaja
Stefan Mentschel - Leben mit Lepra
Thomas Schmitt - Aufstieg zur Wirtschaftssupermacht?
Maren Bellwinkel-Schempp - Begehbare Geschichte
Thomas Döhne - Im Überblick
Marc Tornow - Gleichberechtigung in Nepal
Thomas Döhne - Friedensdividende: Hoffnung stirbt zuletzt
Jürgen Clemens - Im Überblick
Bernd Basting - Unterwegs in Sri Lanka
Katrin Rehfuss - Tsunami-Wiederaufbauhilfe
Peer Bruch - Bürgerkrieg reloaded
Patrizia Heidegger - Im Überblick
Felix Kolbitz - Interview mit GMB Akash
Thomas Ruttig - Im Überblick
Conrad Schetter - Die Verselbständigung von Talibanistan
Nasim Saber - Bundesaußenminister und Durand-Linie
Babak Khalatbari - Afghanistan am Scheideweg?
Thomas Bärthlein - Im Überblick
Thomas Bärthlein - Blutbad in der "Roten Moschee"
Nils Rosemann - Ikonisierung und Trivialisierung Jinnahs
Thomas Bärthlein - Ende einer Ära?
Dietmar Rothermund - Nationalismus in Indien
Michael Gottlob - Indische Unabhängigkeit und ihr Krieg
Stephan Conermann - Betrachtung moderner Deutungen zu Akbar
Karl-Heinz Golzio - 250 Jahre Schlacht von Plassey
Annakutty Findeis - Serie Religionen: Thomaschristen
Hagen Berndt - Von Pluralität und Säkularismus
Christoph S. Sprung - Stichwort SAARC
Markus Daechsel - Muslimisches Südasien: Faschismustheorie
Sharmistha Gooptu - Indisches Kino - historische Wahrheit?
(Das Einzelheft kostet 6,50 Euro, weitere Informationen auf der Homepage des Südasienbüro e.V.)
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