Beiträge willkommen: suedasien.info versteht sich als vorwiegend deutschsprachiges Informationsportal für die Region Südasien. Wir freuen uns über externe Beiträge zu allen Aspekten der Gesellschaft, Politik, Geschichte und Kultur des Subkontinents bzw. auf die gesamte Bandbreite des vielfältigen und vielschichtigen Lebens in der Region überhaupt. ... [mehr ...]
Call for Papers: Liebe Leserinnen und Leser, in loser Folge möchten wir Spezialisten vorstellen, die langjährig in der und über die Region gearbeitet haben - sowohl im akademischen als auch im nicht-akademischen Bereich - und daher fundierte Einblicke eröffnen können. Ziel ist es dabei entgegen den Trends einer oft schnelllebigen Mediengesellschaft das zumeist Jahre und Jahrzehnte umfassende Schaffen von Wissenschaftlern und Fachleuten in möglichst umfassender Bandbreite sichtbar zu machen, d.h. ein Werk durchaus mit unterschiedlichen Akzentsetzungen, Brüchen oder theoretischen Ansätzen vorzustellen. Die Redaktion freut sich wie immer auf Ihre Vorschläge, Ideen, Anregungen und Mitarbeit an dieser Reihe! ... [mehr ...]
M | D | M | D | F | S | S |
---|---|---|---|---|---|---|
1 | 2 | 3 | 4 | |||
5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 |
12 | 13 | 14 | 15 | 16 | 17 | 18 |
19 | 20 | 21 | 22 | 23 | 24 | 25 |
26 | 27 | 28 | 29 | 30 | 31 |
Erstmalig haben die USA gleichzeitig mehrere Männer offiziell aus dem Internierungslager Camp Delta in Guantánamo Bay heimkehren lassen. Im April 2002 ließen die USA schon einmal einen Gefangenen frei. Ärzte hatten bei ihm eine schwere Geisteskrankheit diagnostiziert. Laut Pentagon-Sprecherin Victoria Clarke hat sich bei den am 26.Oktober 2002 entlassenen vier Männern ihre Unschuld herausgestellt - ihnen konnten keine wichtigen Verbindungen zur Al-Qaida-Organisation Osama Bin Ladens und zum ehemaligen Taliban-Regime nachgewiesen werden. Die drei afghanischen Ex-Gefangenen waren zunächst noch in das Militärhospital auf dem Luftwaffenstützpunkt Bagram bei Kabul verbracht worden und wurden dann den afghanischen Sicherheitsbehörden übergeben. Über ihren Gesundheitszustand gab es widersprüchliche Angaben: Der Kabuler Polizeichef Bashir Salangi sagte, dass die Männer bei ihrer Ankunft einen sehr erschöpften und kranken Eindruck auf ihn gemacht hätten. Sie seien bei guter Gesundheit und könnten zu ihren Familien zurückkehren, entgegnete jedoch der afghanische Innenminister Tadsch Mohammad Wardak. Außerdem ließ er verlauten, dass die Freigelassenen von den USA keine Entschädigung für die Dauer ihrer Gefangenschaft verlangen würden.
Der 35-jährige Jan Mohammed, den anscheinend von den Taliban zwangsrekrutiert worden war, beschrieb drei Tage nach seiner Rückkehr nach Afghanistan die Situation der Internierten: "Sie haben uns wie Tiere in Käfigen gehalten. Wir durften nur zweimal in der Woche für eine halbe Stunde ins Freie." Die beiden anderen Afghanen sind über 70 Jahre alt. Der greise Hadji Faiz Mohammed ist fest davon überzeugt, sogar 105 Jahre alt zu sein - seine Identifikationskarte aus Guantánamo Bay gibt allerdings das Jahr 1931 als Geburtsjahr an. Alle drei Männer versicherten, dass sie nicht von ihren US-amerikanischen Wachen misshandelt worden seien. Sie hätten genug zu essen bekommen, sie hätten sich waschen und fünfmal täglich das Gebet verrichten können. Allerdings hätte man sie oft stundenlang verhört, dabei hätten sie auch Fußfesseln tragen müssen. Die längste Zeit ihres Aufenthaltes hätten sie keinen Kontakt zu ihren Verwandten in Afghanistan aufnehmen dürfen, dieses sei ihnen aber im letzten Monat ihrer Gefangenschaft erlaubt worden. Unter denen weiterhin im Camp Delta Internierten befänden sich auch Dutzende Taliban von eher niedrigem Rang.
Der Umgang der USA mit ihren Gefangenen aus dem "Anti-Terror-Krieg" im Internierungslager Guantánamo Bay widerspricht nach der Betrachtungsweise vieler Juristen und Menschenrechtsorganisationen dem Völkerrecht: Den Internierten wird der Status von Kriegsgefangenen (prisoners of war) verweigert, folglich gelten für sie nicht mehr die Schutzrechte, welche durch die Genfer Konvention zum Schutz der Kriegsgefangenen definiert sind. Stattdessen betrachtet man sie als "illigale Kämpfer" (illegal combatants) und will sie später vor geheimen Sondergerichten aburteilen, was aber auch im Strafrecht der USA nicht zugelassen ist.
In dieser Situation kommt den USA gelegen, dass Guantánamo Bay, von US-Militärs meistens liebevoll "Gitmo" genannt, nicht auf US-amerikanischem Boden liegt. Die 116 qkm große Militärbasis im Süden der großen Antilleninsel gehört eigentlich zu Kuba. 1898 hatten US-Marines im Spanisch-Amerikanischen-Krieg hier eine Basis errichtet und waren nach ihrem Sieg geblieben. Das Gebiet wurde 1901 vom kubanischen Staat an die USA verpachtet (Platt Amendment). Allerdings weigert sich die kubanische Regierung seit der Revolution im Jahre 1959 beharrlich den jährlichen Pachtscheck in Höhe von 4.085 US-Dollar für den "Dolch in Kubas Herzen" (so der kubanische Staatspräsident Fidel Castro) einzulösen. Sie fordert den Abzug des US-Militärs und die Rückgabe an den kubanischen Staat. Gekündigt werden kann der Pachtvertrag aber nur in gegenseitigem Einverständnis.
In den neunziger Jahren wurde der Stützpunkt zur Internierung von kubanischen und haitianischen Bootsflüchtlingen genutzt. Die Basis ist von einem breiten Todesstreifen umgeben. Seitdem sich die kubanischen Armee jedoch in einem äußerst desolaten Zustand befindet werden die Stacheldrahtzäune und Minenfelder fast nur noch seitens der US-Marines intensiv bewacht. Eine Flucht auf dem Landweg gilt als nahezu unmöglich und die Bucht von Guantánamo ist eines der haiverseuchtesten Gewässer der Welt. Strategisch dient "Gitmo" zur Wartung von US-Kriegsschiffen und zur Überwachung der Drogenkurierflüge von Kolumbien in die USA.
Die durch die Fernsehbilder bekannten Drahtkäfige für die hier internierten Gefangenen wurden inzwischen durch feste Zellenbauten ersetzt. Angesichts der sengenden Sonne und des tropischen Platzregens zumindest eine Erleichterung für die Internierten. Die US-Administration lässt in ihren Aussagen keinen Zweifel an einer langjährigen Nutzung des Camp Delta aufkommen.
Der gleichzeitig freigelassene Pakistaner Mohammed Saghir traf am 27.November 2002 in Islambad ein. Er stammt aus der North-Western Frontier Province, jener an Afghanistan grenzenden Provinz, die teilweise als Rückzuggebiet für die entmachteten Taliban dient – und in der auch viele Geheimdienste Osama Bin Laden vermuten. Im staatlichen Fernsehen wurde über Saghirs Heimkehr berichtet und die Freilassung dreizehn weiterer auf Kuba internierter Pakistani ohne einen genauen Termin angekündigt. Ein Sprecher des Innenministeriums sagte, dass man den Heimgeschickten noch genauer befragen wolle.
In den letzten Monaten waren immer wieder pakistanische Geheimdienst- und Sicherheitsdienstangehörige ins Camp Delta geflogen. Dort verhörten sie die internierten Pakistani und assistierten den US-Nachrichtendiensten bei der Identifizierung und der Überprüfung der Aussagen.
Der afghanische Präsident Hamid Karsai ließ durch seinen Sprecher Sajid Fazl Akbar mitteilen, dass er eine Untersuchungskommission nach Guantánamo Bay zu entsenden beabsichtige. Diese solle die Identitäten der Internierten feststellen, deren Unterbringung begutachten und sich um die Freilassung möglicher weiteren Unschuldigen bemühen. Kurz zuvor hatte das Pentagon weitere Freilassungen angekündigt. Dabei soll es sich um Personen handeln, deren Verhöre abgeschlossen seien und bei denen man von einem weiteren strafrechtlichen Vorgehen absehen könne. Auch das Internationale Rote Kreuz kündigte durch einen Sprecher in Kabul die Intensivierung seiner Vermittlerrolle zwischen den Internierten und ihren Angehörigen an.
Zwei Tage nach der Freilassung der vier Männer wurden jedoch zum ersten Mal seit August 2002 wieder neue Gefangene aus einem nicht genannten Land nach Guantánamo Bay verbracht. Das US-Militär gab danach einen Anstieg der Zahl der Internierten von 600 auf 625 Männern aus 43 Nationen bekannt.
Kommentare
Als registriertes Mitglied können Sie einen Kommentar zu diesem Beitrag verfassen.