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Zum Auftakt seines Besuchs würdigte Rau in einem Grußwort für die Tageszeitung Financial Express (India) die Errungenschaften Indiens. Indiens säkulares Staatssystem beherberge so viele Kulturen, Sprachen, Religionen und Völker wie kein anderer Staat und habe sich seit der Unabhängigkeit als stabil erwiesen. Dies zeige zugleich, dass Demokratie nicht lediglich ein westliches, sondern ein universelles Modell sei. Rau drückte aber bei dieser Gelegenheit seine Besorgnis über die anhaltenden religiösen Spannungen aus. Er sei sich aber sicher, dass Indien stark genug sei, um aus eigener Kraft mit ihnen fertig zu werden. Weiter hob Rau die Bedeutung Indiens in den Bereichen Wirtschaft und Technologie hervor. Die Bundesrepublik kooperiere bereits in vielen Bereichen eng mit Indien, als Beispiel nannte er den Raumfahrtsektor. Viele deutsche Unternehmen hätten das Potential des indischen Marktes und der indischen Arbeitskräfte erkannt und nähmen bereits Dienstleistungen aus Indien in Anspruch. Firmen wie DaimlerChrysler und Lufthansa seien bereits weit auf dem indischen Markt etabliert und ein fester Bestandteil dessen geworden. Dies sei unter anderem durch die Wirtschaftsreformen der 1990er Jahre möglich geworden. Rau zeigte sich zuversichtlich, dass die deutsch-indische Kooperation in den kommenden Jahren deutlich zunehmen werde, weil der rapide anwachsende indische Markt für deutsche Unternehmen sehr attraktiv sei.
Am Rande eines von seinem indischen Amtskollegen A.P.J. Abdul Kalam gegebenen Abendessens betonte Rau die gemeinsame Haltung Indiens und Deutschland zu den andauernden Spannungen im Mittleren Osten. Indien sei "gleichermaßen kritisch gegenüber einer militärischen Intervention" und sei sich über die momentane Irak-Politik der US-Regierung im Unklaren. Vor allem herrsche auf indischer Seite Sorge darüber, wie sich die Zukunft der Region gestalten werde. Es müsse in erster Linie versucht werden, die Sicherheitsratsresolutionen friedlich mit Hilfe der UN-Waffeninspekteure durchzusetzen und auf diesem Wege zu der dringend erforderlichen Entwaffnung des Iraks zu kommen.
Der Irak-Konflikt und die drohende Kriegsgefahr beschäftigten den Bundespräsidenten während seines ganzen Besuches. Einen Tag vor dem Staatsbankett hatte der Bundespräsident bei einem Treffen mit dem indischen Ministerpräsidenten A.B. Vajpayee und dem indischen Außenminister Yashwant Sinha die deutsche Position bereits bekräftigt und Unterstützung von der indischen Regierung erhalten. Die Bundesregierung unterstützt im Gegenzug den Wunsch der indischen Regierung nach einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat.
Rau nutzte seinen Besuch auch dazu, um auf die Gefahr eines eskalierenden Kashmir-Konfliktes hinzuweisen. Er betonte, dass dieser Konflikt durch die Dimension, welche er inzwischen angenommen habe, den Weltfrieden gefährden könne, sollte es zu einer weiteren Eskalation kommen. Sollten beide Konflikt-Parteien einverstanden sein, könne die Bundesrepublik oder die EU als Vermittler agieren. Allerdings blieb es angesichts der Aktualität der Irak-Krise bei dieser eher beiläufigen Erwähnung.
In seinen Reden vor den indischen Wirtschaftsverbänden Federation of Indian Chambers of Commerce and Industry (FICCI) und Confederation of Indian Industry (CII) in Delhi und vor der Deutsch-Indischen Handelskammer (mit 6.500 registrierten Unternehmen die größte deutsche Außenwirtschaftsvertretung) in Hyderabad zog Rau eine positive Bilanz der deutsch-indischen Wirtschaftszusammenarbeit. Es sei das Ziel, weitere Brücken zwischen den Kontinenten zu bauen und die Zusammenarbeit zu verstärken. Indien sei aufgrund seiner großen Mittelschicht ein interessanter Partner für Europa und werde in der Zukunft auf dem Weltmarkt immer bedeutender. Insofern werde die Bundesregierung in Zukunft stärker auf den Markt Indien bauen. Als aktuelles Beispiel für gelungene Wirtschaftszusammenarbeit nannte er den Verkauf von deutschen Produkten im Bereich Umwelt- und Energietechnik. Rau legte aber auch Wert darauf klarzustellen, dass die deutsch-indische Kooperation vor allem vom Mittelstand her komme. Dicht hinter dem Vereinigten Königreich ist Deutschland der zweitgrößte europäische Investor in Indien. Auch der deutsch-indische Handel nehme immer stärker zu. Momentan bezieht Indien sechs Prozent seiner Importwaren aus Deutschland. Damit steht Deutschland nach den USA und Hong Kong an dritter Stelle.
Es liege nicht zuletzt an den enormen Fortschritten, die Indien in den letzten Jahren im Bereich Wissenschaft und Technologie zu verzeichnen habe, dass die deutsch-indischen Beziehungen in allen Bereichen Fortschritte aufwiesen. Indien habe sich zu einem Ort mit hervorragenden Universitäten entwickelt. Es entstehe eine neue Elite im Bereich Technologie, welche in der ganzen Welt gefragt sei. Rau stellte zwar fest, dass es die meisten indischen Spitzenwissenschaftler in die USA ziehe – was nach seine Einschätzung vor allem an den Sprachbarrieren liege, erwähnte jedoch, er habe Hoffnung, dass in Zukunft viele der gebildeten Inder auch eine Tätigkeit in Deutschland in Erwägung ziehen würden. Bewusst habe er einen Besuch an der Universität Hyderabad – eine der besten Universitäten Indiens, wie ihm mitgeteilt wurde – eingeplant, um sich ein Bild von der Situation zu machen. In seiner Rede vor den Studierenden warb er mit Nachdruck für den Studienstandort Deutschland und erwähnte, dass es bereits vierzig Hochschulkooperationen zwischen Indien und Deutschland gebe. Stolz wies er auf die Verdienste des akademischen Austausches in der Vergangenheit hin, in der Hoffnung, dass sich der Erfolg in der Zukunft um ein Vielfaches erhöhen werde. Er betonte, dass bereits jetzt indische Stipendiaten der Alexander-von-Humboldt-Stiftung die zweitgrößte Gruppe darstellen, was für die neue Bildungspolitik der letzten Jahre spreche.
Rau hob während der gesamten Rede den Verdienst der Wissenschaft heraus. Sie habe schon in der Vergangenheit geholfen, Brücken zwischen den Kulturen zu bauen. Gerade im Globalisierungsprozess seien die Chancen groß. Er rief aber auch zu mehr Verantwortung durch die Wissenschaft auf. Damit wollte er vor allem auf die negativen Nebenfolgen im Bereich Gentechnik ansprechen.
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