Beiträge willkommen: suedasien.info versteht sich als vorwiegend deutschsprachiges Informationsportal für die Region Südasien. Wir freuen uns über externe Beiträge zu allen Aspekten der Gesellschaft, Politik, Geschichte und Kultur des Subkontinents bzw. auf die gesamte Bandbreite des vielfältigen und vielschichtigen Lebens in der Region überhaupt. ... [mehr ...]
Call for Papers: Liebe Leserinnen und Leser, in loser Folge möchten wir Spezialisten vorstellen, die langjährig in der und über die Region gearbeitet haben - sowohl im akademischen als auch im nicht-akademischen Bereich - und daher fundierte Einblicke eröffnen können. Ziel ist es dabei entgegen den Trends einer oft schnelllebigen Mediengesellschaft das zumeist Jahre und Jahrzehnte umfassende Schaffen von Wissenschaftlern und Fachleuten in möglichst umfassender Bandbreite sichtbar zu machen, d.h. ein Werk durchaus mit unterschiedlichen Akzentsetzungen, Brüchen oder theoretischen Ansätzen vorzustellen. Die Redaktion freut sich wie immer auf Ihre Vorschläge, Ideen, Anregungen und Mitarbeit an dieser Reihe! ... [mehr ...]
M | D | M | D | F | S | S |
---|---|---|---|---|---|---|
1 | 2 | 3 | 4 | |||
5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 |
12 | 13 | 14 | 15 | 16 | 17 | 18 |
19 | 20 | 21 | 22 | 23 | 24 | 25 |
26 | 27 | 28 | 29 | 30 | 31 |
Die Sprengsätze, von denen einer auf dem Hauptbahnhof- und der andere auf dem angrenzenden Hong Kong Markt detonierte, töteten 36 Menschen und verwundeten über 100. Über das gesamte Staatsgebiet des benachbarten Assam verteilt wurden am selben Tag weitere Bombenanschläge auf Märkte, Gas-Pipelines und das Elektrizitätsnetz verübt, bei denen weitere elf Menschen starben und mehr als 40 verletzt wurden. In den vier folgenden Tagen kam es in Assam noch zu 17 weiteren Vorfällen, die von neuerlichen Bombenexplosionen bis zu willkürlicher Feuereröffnung auf Menschenmengen reichten. Mindestens 40 weitere Menschen fanden auf diese Weise den Tod. Für fünf der Vorfälle erklärte sich die United Liberation Front of Asom (ULFA) für verantwortlich, von der Regierung werden darüber hinaus die Rebellen der National Democratic Front for Bodoland (NDFB) beschuldigt. Die genannten Rebellengruppen stellen einen Teil des schwer zu überblickenden Mosaiks von militanten Widerstandsbewegungen im ethnisch, sprachlich und kulturell sehr heterogenen indischen Nordosten dar, die mit unterschiedlichsten Zielen seit Jahren ihren Kampf gegen die indische Regierung und untereinander führen.
Der indische Nordosten genoss über Jahrhunderte hinweg ein hohes Maß an Eigenständigkeit. Aufgrund der Entfernung vom indischen Kernland war es für sämtliche Herrscher in der Geschichte ein schwieriges Unterfangen, zentralstaatliche Kontrolle über die Gebiete auszuüben. Einige Rebellengruppen begründen ihre Ideologien und Ziele mit den kulturellen und ethnischen Unterschieden zwischen der Bevölkerung des Nordostens und derjenigen des indischen Kernlands, andere betonen die Unterschiede innerhalb der Region. Der indische Staat geht seit Jahren mit Waffengewalt gegen die bewaffneten Rebellengruppen vor, über Jahrzehnte entstand so ein Teufelskreis der Gewalt, der die Entwicklung der Region nach wie vor lähmt. In den letzten Jahren änderte der Staat seine Politik dahingehend, dass er den Rebellengruppen gegenüber vermehrt Gesprächsbereitschaft durchblicken ließ, was in einigen Fällen bereits Erfolge mit sich gebracht hat.
In Nagaland herrschte daher über die letzten Jahre eine vergleichsweise friedliche Atmosphäre, seit vor sieben Jahren ein Waffenstillstandsabkommen zwischen beiden Fraktionen der Widerstandsgruppe National Socialist Council of Nagalim (NSCN) und der indischen Regierung geschlossen worden war. Der NSCN rekrutiert seine Anhänger aus der ethnischen Gruppe der Thangkhul Nagas, die in Nagaland sowie in den Berggegenden von Manipur die Bevölkerungsmehrheit stellen. Erklärtes Ziel ist die Gründung eines unabhängigen Staates Nagalim, dessen Territorium neben Nagaland auch die von Nagas bevölkerten Teile der Unionsstaaten Assam, Arunachal Pradesh und Manipur, sowie Teile Bhutans und Birmas umfassen soll. Der NSCN, der in Friedensgesprächen mit der Regierung steht, verurteilte die jüngsten Anschläge.
Die von der Zentralregierung in Delhi für einen Teil der aktuellen Anschläge verantwortlich gemachte NDFB rekrutiert ihre Kader aus der Volksgruppe der Bodo. Die etwa 1,4 Millionen Bodo sind die Ureinwohner des Brahmaputra-Tals in Assam. Seit ihrer Gründung im Jahr 1986 kämpft die NDFB für ein unabhängiges Bodoland im Gebiet nördlich des Flusses Brahmaputra, die jüngsten Anschläge fielen exakt auf das Datum ihres 18-jährigen Bestehens. Neben Basen in verschiedenen Teilen Assams unterhält die Organisation Rückzugsgebiete im angrenzenden Bhutan. Im letzten Jahr gelang es indischen und bhutanesischen Sicherheitskräften, einen erheblichen Teil der Führungsriege des NDFB zu fassen und die Rebellen dadurch empfindlich zu schwächen. Analysten bewerteten die jüngsten Anschläge als Reaktion auf die Schwächung, mit dem Ziel, Einfluss in den Gebieten zurückzugewinnen.
Die 1979 gegründete ULFA führt im Namen aller in Assam angesiedelter Völker einen bewaffneten Kampf gegen die indische Regierung für ein unabhängiges, sozialistisches Assam. Durch die Etablierung von sozialen Hilfsprogrammen in den ländlichen Gebieten des Bundesstaates konnte sich die ULFA über lange Zeit den Rückhalt in der Bevölkerung sichern. Durch das Andauern des militärischen Konfliktes in der Region und der daraus resultierenden Stagnation der wirtschaftlichen Entwicklung Assams, hat die ULFA jedoch viel von den ihr entgegengebrachten Sympathien wieder eingebüßt. Nachdem sie in den 1980er Jahren für zahllose Morde und Entführungen auf sich aufmerksam machen konnte, und es gelungen war, in Teilen des Staates Parallelverwaltungen aufzubauen, brachten indische Militäroffensiven in den 1990er Jahren eine gravierende Schwächung der Aufständischen mit sich. Den beiden für die Anschläge verantwortlich gemachten Organisationen wird eine Kollaboration untereinander nachgesagt. Indien beschuldigt darüber hinaus den pakistanischen Geheimdienst ISI (Inter Service Intelligence), die ULFA logistisch zu unterstützen.
Innenminister Shivraj Patel stattete der Region in der Folge der Anschläge einen zweitägigen Besuch ab. In einer Reaktion auf den erneuten Gewaltausbruch beschloss die Zentralregierung die Entsendung von zusätzlichen Sicherheitskräften in die betroffenen Gebiete. Patel erklärte außerdem, dass New Delhi zu Gesprächen mit den Rebellengruppen bereit sei. Ziel sei es, die Rebellen wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Bisher signalisierte jedoch lediglich die NDFB Gesprächsbereitschaft. Ein Angebot des US-Botschafters in Indien, David Mulford, den amerikanischen Inlandsgeheimdienst FBI an der Aufklärung der Verbrechen zu beteiligen, stieß in Regierungs- wie Oppositionskreisen auf Kritik und Ablehnung. Ein Staatssekretär im Bundesinnenministerium betonte die außerordentliche Erfahrung indischer Behörden in den Bereichen der Terrorismusbekämpfung und der Aufklärungsarbeit bei Verbrechen mit terroristischem Hintergrund.
Kommentare
Als registriertes Mitglied können Sie einen Kommentar zu diesem Beitrag verfassen.