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Inzwischen haben sich die Maoisten zu dem Mord bekannt, doch es kursiert auch die Vermutung, dass die Täter im Umfeld von rivalisierenden Hindugruppen zu suchen sind. Jedenfalls war der Mord an Swami Lakshmananda Saraswati der Anlass für die hindunationalen Gruppierungen, gegen die Christen in Orissa gewaltsam vorzugehen. Dabei wurden sie durch die Untätigkeit der Landesregierung von Orissa indirekt unterstützt.
Lakshmananda Saraswati, 83 Jahre, war ein überzeugter Gegner der Muslime und vor allem der Christen. Seit 1969 betrieb er aktiv in Orissa die Rekonvertierung von Christen zu Hindus. Er gehört der Führungsriege der hindunationalen, außerparlamentarischen Vishwa Hindu Parishad (VHP) an, einer Vereinigung, die Indien in der alleinigen Hand von Hindus sehen möchte. Ihr Generalsekretär ist Praveen Togaria. Er machte öffentlich die Christen für den Mord verantwortlich und rechtfertigte damit die Greueltaten.
Unmittelbar nach Bekanntgabe des Todes des Swami kam Praveen Togaria nach Orissa, um dort die Angriffe gegen Christen zu koordinieren. Er führte den Gedenkzug an, bei dem Swami Lakshmananda Saraswati von Jalespata über 130 Kilometer nach Chakapada, einem weiteren Ashram, gebracht wurde. Tausende von Anhängern begleiteten den Zug, der in den schlimmsten Übergriffen gegen Christen endete. Die Akteure sind vor allem fanatische, lokale Hindus, die das Ziel verfolgen, das Kondhmal-Gebiet im Herzen Orissas von Christen zu säubern. Doch nicht nur hier, sondern auch in den anderen Distrikten fanden und finden vermehrt Angriffe gegen Christen und christliche Einrichtungen statt. Unterstützt wird diese Aktion auch von der führenden hindunationalen Kaderorganisation Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS).
Schon an Weihnachten 2007 kam es zu Zerstörungen von Häusern und christlichen Einrichtungen. Nach Angabe des All India Christian Council wurden über 100 große und kleine Kirchen zerstört, über 700 Häuser und 40 Läden angezündet. Mehr als 6.000 Christen suchten damals Schutz in Notaufnahmelagern. Trotz Ausgangssperre konnten seinerzeit die Hindufanatiker ungestört agieren, die Polizei griff nicht ein.
Die Landesregierung hat inzwischen zehn Camps für Flüchtlinge eingerichtet. Die Situation in den Lagern ist katastrophal. Die Zelte sind leck, es gibt fast nichts zu Essen. Hilfsorganisationen dürfen nicht in das Gebiet. Die Regierung schafft es nicht, die mehr als 22.000 Menschen, die in Camps Zuflucht gesucht haben, mit Reis zu versorgen. Es gibt kaum sanitäre Anlagen. Man hat Angst vor Seuchen, da es kontinuierlich regnet. Bis heute wurden 3.932 Häuser in 163 Dörfern zerstört, 13 kirchliche Einrichtungen, 84 Kirchen, und es gab 35 Tote.
Doch auch in den Camps sind die Menschen nicht sicher. Vor einigen Tagen hat ein Mob von ca. 2.500 Hinduextremisten versucht, das Camp in Tikabali anzugreifen und anzuzünden. Sie stahlen alle Essensvorräte. Noch immer sind ca. 50.000 Menschen auf der Flucht, viele verstecken sich im Wald, sind bei Bekannten untergetaucht oder suchen Schutz in einem der hastig errichteten Relief Camps.
Die meisten Christen im Kondhmalgebiet leben an der Armutsgrenze. Einige jedoch konnten durch Fleiß und gute Schulbildung einen bescheidenen Wohlstand schaffen, dazu gehört ein Haus, ein Fernseher und ein Motorrad. Führungspositionen und hohe Regierungsposten erhalten die Christen jedoch kaum.
Die Gründe für die Gewalt gegen Christen sind verschieden: Die Christen sind sehr stark an der Schulbildung der Kinder interessiert ist, was dazu führt, dass viele junge Christen nun in Berufe drängen, die ihnen noch vor einem Jahrzehnt mangels Bildung nicht offen standen. Die Frauen nehmen aktiv ihr Leben in die Hand. Unterstützt durch viele Nichtregierungsorganisationen und die staatliche NABARD-Bank, haben sie sich zu Spargruppen zusammengeschlossen und leihen sich untereinander Geld aus. Das profitable Geschäft der privaten Geldverleiher mit einem Zinssatz von 120 Prozent pro Jahr läuft nicht mehr wie bisher. In der gegenwärtigen, von hoher Arbeitslosigkeit geprägten Zeit, massiv steigenden Lebensmittelpreisen und einer Inflation von circa zehn Prozent pro Jahr sehen viele Geldverleiher nun in der Verweigerung der Christen nun eine Bedrohung ihrer Existenz.
Zudem stehen im nächsten Jahr in Orissa Wahlen an. Die hindunationale Bharatiya Janata Party (BJP) hat mit der als gemäßigt geltenden Biju Janata Dal (BJD) mit ihrem Ministerpräsident Naveen Patnaik eine Regierungskoalition gebildet. Durch die Angriffe auf die Christen erhofft sich die BJP, die Stimmen von Hindus zu gewinnen, die vorher die BJD gewählt haben, während die BJD hofft, durch Schweigen ihre Hinduwählerschaft zu erhalten.
Verschärfend kommt hinzu, dass es Auseinandersetzungen zwischen den kastenlosen Dalits und Stammesangehörigen um den Status als Scheduled Tribe gibt, der mit bestimmten staatlich garantierten Fördermaßnahmen verbunden ist. Die Kondh, die 52 Prozent der Bevölkerung im Kondhmal-Distrikt stellen und als Scheduled Tribe gelistet sind, argwöhnen, dass die christlichen Kui-Domanga, die dafür kämpfen als Scheduled Tribe anerkannt zu werden, nun zusätzlich auf die für die Scheduled Tribes reservierten Stellen im öffentlichen Dienst und in Bildungseinrichtungen drängen. Dies betrachten die Kondh als eine Bedrohung ihrer materiellen Situation. In dieser Gemengenlage war die Agitation der Hindunationalisten, die der Ermordung Swami Lakshmananda Saraswati folgte, der Funken, der einen Flächenbrand entfachte.
Wenn Sie gegen die Pogrome protestieren wollen, können ein Fax oder eine E-mail direkt an den Chief Minister von Orissa, Mr. Naveen Patnaik, schicken und darum bitten, dass die Ausschreitungen gegen Christen sofort unterbunden und noch nicht zerstörte Dörfer und ihre Bewohner staatlicherseits geschützt werden.
Siehe
Muster - Protestschreiben an CM Patnaik
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