Inhalt

24. August 2007. Nachrichten: Bangladesch - Politik & Recht Der Zorn der Studenten

Eine Schlägerei zwischen Soldaten und Studenten der Dhaka Universität während eines Fußballspiels führte zu einem landesweiten Aufstand und Chaos. Bangladeschs Militärregierung reagiert mit einer allgemeinen Ausgangsperre. Der Vorfall spiegelt das wachsende Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der militärgestützten Interimsregierung wider.

Studenten-Bodengraffity (Dhaka)
Studenten fordern die Schließung von Militärcamps auf dem Campus und die Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse. Foto: Markus Keck

Die Nachricht von drei verletzten Studenten und einem Dozenten nach einem Fußballspiel zwischen dem Institut für Öffentliche Verwaltung und dem Institut für Journalismus auf dem Sportplatz der Dhaka Universität (DU) am Nachmittag des 20. August 2007 verbreitete sich schlagartig in der Hauptstadt. Noch am frühen Abend versammelten sich tausende Studenten der DU und zahlreicher weiterer Universitäten und Colleges auf dem Universitätsgelände, errichteten Straßenblockaden und forderten die öffentliche Entschuldigung der verantwortlichen Soldaten sowie die sofortige Schließung der Militärbaracken auf dem Uni-Campus. In der darauf folgenden Nacht kam es zu zahlreichen gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Polizei und Studenten.

Militärpräsenz auf dem Campus

Die am 10. Dezember letzten Jahres auf dem Universitätssportplatz errichtete Kaserne war den Studenten der DU seither ein Dorn im Auge. Immer wieder forderten sie den Abbau des Lagers. Die jüngsten Ereignisse führten dann zur Eskalation der Situation. "Erst besetzen sie unseren Sportplatz und hindern uns daran Sport zu treiben. Und jetzt haben sie auch noch begonnen uns zu schlagen", erklärt ein Student. In einem Gespräch mit Prof. Yusuf Haider, dem Vizekanzler der DU, entschuldigte sich der leitende Offizier der auf dem Campus stationierten Militäreinheit. Doch auch sein Versprechen entsprechende Maßnahmen gegen die verantwortlichen Soldaten einzuleiten konnte die Studenten nicht beruhigen. Mit Slogans und Bannern zogen diese Richtung Armeestützpunkt, wo es zu ersten gewaltsamen Auseinandersetzungen kam. Bis in die frühen Morgenstunden gab es an zahlreichen Orten in und um den Campus weitere Zusammenstöße. Ein massives Aufgebot an Polizei ging mit Tränengas, Wasserwerfern und Gummigeschossen gegen die Aufständischen vor.

Straßenschlachten und Chaos

Am folgenden Tag gingen die Protestaktionen der Studenten weiter. Lautstark forderten sie nun auch den Rücktritt der Militärregierung und die Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse. Nach dem harten Vorgehen der Polizei bewaffneten sich zahlreiche junge Männer mit Ziegelsteinen und Bambusstöcken, griffen öffentliche Gebäude, Polizeistationen und Militärstützpunkte an und setzten zahlreiche PKWs, Motorräder und Busse in Brand. Im Laufe des Mittwochs (22.8.) wurde von Demonstrationen und Aufständen auch in anderen Landesteilen berichtet. Insgesamt wurden mehrere hundert Personen verletzt. Ein junger Mann kam an der Rajshahi Universität im Nordwesten des Landes ums Leben. Der Rikschafahrer erlag seinen Verletzungen, nachdem er von mehreren Gummigeschossen in die Brust getroffen worden war. In Dhaka beschränkte sich die Gruppe der Randalierer nicht mehr allein auf Studenten und entsprechende Dachverbände, so dass die Festnahme zahlreicher Studentenanführer nicht die erwünschte Wirkung zeigte. Stattdessen verschlechterte sich die Lage weiter. Es kam zu Diebstählen und Plünderungen von unbeteiligten Trittbrettfahrern.

Ausgangssperre

Um dem Chaos auf den Straßen Bangladeschs Einhalt zu gebieten, ließ die armeegestützte Übergangsregierung unter Fakhruddin Ahmed am Mittwochabend alle Universitäten des Landes und die Colleges in den sechs Divisionshauptstädten schließen. Nach offiziellen Angaben wurden alle Universitäts- und College-Studenten dazu aufgefordert ihre Wohnheime mit sofortiger Wirkung zu räumen. "Die Regierung verhängt in der Hauptstadt und fünf weiteren Divisionshauptstädten ein allgemeines Ausgehverbot, um Recht und Ordnung zu erhalten, Frieden im öffentlichen Leben wiederherzustellen und das Leben und den Besitzstand der Bevölkerung zu schützen", so offizielle Mitteilung in den Tageszeitungen des Folgetages.

Niedergebranntes Auto (Dhaka)
Es kam zu Straßenschlachten und chaotischen Zuständen in Dhaka und darüber hinaus. Foto: Markus Keck

Nachdem die Lage in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag weitgehend ruhig blieb, wurde die Ausgangssperre am frühen Abend für drei Stunden aufgehoben. Sofort strömten die Bewohner Dhakas auf die Straßen um notwendige Einkäufe zu tätigen. Es wurde von Engpässen insbesondere in der medizinischen Versorgung berichtet, da viele Apotheken und Geschäfte trotz der vorübergehenden Aufhebung des Ausgehverbots geschlossen blieben. Am Freitagmorgen wurde die Ausgangssperre dann auf die Abendstunden zwischen 22.00 Uhr abends und 8.00 Uhr morgens reduziert um das öffentliche Leben nicht zu stark einzuschränken.

Die Studentenunruhen sind die erste große Herausforderung für Fakhruddin Ahmeds Übergangsregierung, die nach der Absage der für Ende Januar geplanten Parlamentswahlen am 12. Januar die Macht übernommen hatte. Zunächst war die Übergangsregierung bei der Bevölkerung aufgrund einer groß angelegten Kampagne gegen zahlreiche korrupte Politiker des Landes auf positive Resonanz gestoßen. In den vergangenen Wochen häuften sich jedoch die öffentlichen Klagen wegen zu hoher Lebenshaltungskosten, insbesondere wegen stark gestiegener Preise für Grundnahrungsmittel. Dies dürfte mit ein Grund für das wachsende Misstrauen und das harsche Vorgehen der Studenten gegenüber der Regierung sein.

Kommentare

Als registriertes Mitglied können Sie einen Kommentar zu diesem Beitrag verfassen.