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11. Juni 2007. Nachrichten: Indien - Politik & Recht Kastenlose mit absoluter Mehrheit

Sie lässt sich gern mit einem Krönchen bekränzen, und ihre Vorliebe für Diamanten ist legendär. Auch sonst stellt Mayawati, die mit ihrer Partei der Kastenlosen Mitte Mai einen spektakulären Wahlsieg im bevölkerungsreichsten indischen Bundesstaat Uttar Pradesh errang, gern die Symbole erfolgreicher indischer Politiker zur Schau.

Zwölf Häuser allein in Delhi und über sechzig Bankkonten wurden bei einer Korruptionsuntersuchung festgestellt. Doch Mayawati, die fortan mit absoluter Mehrheit regieren kann, schert sich wenig um die Vorwürfe. Krasse Symbolik und moralische Zeigefinger hin oder her - für die Dalits am Rand der Gesellschaft repräsentiert sie den Aufstieg ins politische Zentrum.

Mayawati positioniert sich in direkter Linie zu Ambedkar, dem Apostel der Unberührbaren, und Kanshi Ram, ihrem politischen Mentor. Er lehrte sie, den oberen Kasten nicht zu trauen, sondern ihnen aus einer Position der Stärke zu begegnen. Einer seiner Leitsprüche war: "Wir brauchen eine Leiter, um nach oben zu kommen. Dann stoßen wir sie ab." Um in Indien politische Macht zu erringen, braucht auch eine große Minderheit wie die Dalits "Leitern" in Form von Allianzen mit Parteien höherer Kasten.

Die 51-jährige unverheiratete Mayawati weist eine typische Dalit-Herkunft auf. Ihr Vater hatte dank eines Quotensystems einen bescheidenen Staatsjob ergattert. Die Familie lebte zwar in einem Slum in Delhi, aber Mayawati und ihre neun Geschwister konnten - dank Quote - die Schule besuchen. Sie wurde Lehrerin und begann früh, für die Rechte der Dalits zu kämpfen. Als sie Kanshi Ram traf, der 1984 die Bahujan Samaj Party - die "Partei der Mehrheit" - gegründet hatte, sah er in Mayawati die Mischung, die er brauchte: lächelnd, hart, skrupellos und eine glänzende Organisatorin.

Mayawati hat gelernt, mit "Leitern" umzugehen. Dreimal war sie in Allianz mit größeren Parteien bereits Regierungschefin von Uttar Pradesh. Sie war die erste Dalit und die erste Frau in dieser Position. Dreimal ließ der Koalitionspartner sie nach kurzer Zeit fallen.

Mayawati zog ihre Lehren. Nach dem Tod Kanshi Rams wurde sie Parteichefin. Sie, die früher gegen höhere Kasten gewettert hatte, nahm Brahmanen in die Partei auf und sicherte sich so neue Wähler. Die heftigsten Gegner der Unberührbaren waren ohnehin nicht die obersten Schichten, sondern Dorfnachbarn, mit denen sie im täglichen Überlebenskampf standen. Bereits die Kongresspartei hatte dies erkannt und sich jahrzehntelang die Macht gesichert. Mayawati tut das Gleiche. Doch es ist nicht dasselbe. Denn nun ist es eine Dalitfrau, die die Krone auf dem Kopf hat.

Quellen

Der Artikel erschien im Orginal am 15.05.2007 in der tageszeitung (taz).

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