Inhalt

15. November 2001. Nachrichten: Politik & Recht - Indien Bundeskanzler Schröder wirbt in Indien für deutsch-indische Partnerschaft

Bundeskanzler Gerhard Schröder weilte am 29. und 30. Oktober 2001 zu einem zweitägigen Staatsbesuch in Indien. Im Mittelpunkt der Gespräche standen die internationale "Anti-Terror-Kampagne" und der Krieg in Afghanistan sowie eine Verstärkung des Austauschs im Bereich von Wirtschaft und Wissenschaft.

Zunächst bestimmten politische Themen die Konsultationen. Auf einer Pressekonferenz unterstrichen Schröder und Premierminister Vajpayee ihre vollständige Übereinstimmung in Bezug auf die Militäraktionen in Afghanistan und die politische Neuordnung des Landes. Darüber hinaus betonte Vajpayee, dass der Terrorismus in allen Formen und überall bekämpft werden müsse. Der indische Premier spielte damit auch auf den von Pakistan unterstützten "grenzüberschreitenden Terrorismus" in Kaschmir an. Schröder widersprach seinem Gastgeber nicht, bekräftigte jedoch die Forderung der Bundesrepublik nach einer Wiederaufnahme des Dialogs zwischen den verfeindeten Nachbarn. Anders als in Pakistan, das Schröder zuvor besucht hatte, stieß der Bundeskanzler in Indien mit diesem Anliegen auf Ablehnung. Vajpayee betonte einmal mehr, dass die bilateralen Kontakte erst wieder aufgenommen würden, wenn Pakistan seine Unterstützung der in Kashmir operierenden Terroristen stoppe. Schröder konnte sich in New Delhi persönlich davon überzeugen, wie verhärtet die Fronten zwischen Indien und Pakistan gegenwärtig wieder sind, obwohl beide Staaten in der "Anti-Terror-Allianz" mitwirken.

Die Eröffnung des deutsch-indischen Wirtschaftsforums stand am Nachmittag des ersten Besuchstages auf dem Programm. Vor hochrangigen Wirtschaftsvertretern kündigte Schröder an, dass sich die Bundesregierung bei der Welthandelskonferenz im November in Doha (Katar) für massive Erleichterungen zu Gunsten aller Entwicklungsländer einsetzen will. Er wies Befürchtungen zurück, die Industrieländer wollten Staaten wie Indien wegen ihrer mangelnden Umweltschutzpolitik einen freien Marktzugang versperren. Auf einer anschließenden Podiumsdiskussion mit Studierenden zum Thema "Indien und Deutschland - Partner in Wissenschaft und Bildung" warb der Bundeskanzler für die weltweite Kampagne "HiPotentials!", mit der mehr ausländische Studierende an deutsche Universitäten und Hochschulen gebracht werden sollen.

Am zweiten Tag seiner Visite flog Schröder in die südindische Hightech-Metropole Bangalore. In einer Rede zum 45-jährigen Jubiläum der deutsch-indischen Handelskammer sagte der Kanzler, die Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten solle sich nicht nur auf den Computerbereich konzentrieren, sondern auch bei der Telekommunikation und der Biotechnik ausgebaut werden. Deutschland sei mit seiner Green-Card-Initiative in den "Wettbewerb um die besten Leute" eingetreten, weil es das Feld nicht allein den USA und Großbritannien überlassen wolle. Die Initiative zur Anwerbung ausländischer Fachkräfte vor allem aus dem Bereich der Informationstechnologie hat bis jetzt rund 10.000 Menschen nach Deutschland gebracht, davon rund 20 Prozent aus Indien. Anschließend nahm Schröder an der Einweihung des neuen Firmenkomplexes des indischen Softwarekonzerns Wipro Technologies teil und besuchte das Entwicklungszentrum von Siemens. Von Bangalore reiste die deutsche Delegation in die Volksrepublik China weiter.

Dieser erste Besuch eines Bundeskanzlers in Indien seit acht Jahren kommt einer Wiederentdeckung des Subkontinents gleich. Schröder betonte, dass Indien mit seinem riesigen Markt und seiner funktionierenden Demokratie mehr Anerkennung verdiene. Ein erster Schritt zur Belebung der deutsch-indischen Beziehungen könnten die von Schröder angeregten jährlichen Konsultationen auf Regierungsebene sein. Für das nächste Jahr erhielt Premierminister Vajpayee bereits eine Einladung nach Deutschland.

Quellen

  • Bernhard Imhasly: Indienbesuch des deutschen Bundeskanzlers , in: Neue Zürcher Zeitung, 30.10.2001.
  • Hilmar König: Kanzler Schröder stieß auf verhärtete Fronten, in: Neues Deutschland, 31.10.2001.

Kommentare

Als registriertes Mitglied können Sie einen Kommentar zu diesem Beitrag verfassen.