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30. August 2001. Nachrichten: Wirtschaft & Soziales - Indien Kastendiskriminierung als Thema der UN-Konferenz gegen Rassismus?

Trotz der Weigerung der indischen Regierung, sich zur Unterdrückung großer Teile der Bevölkerung aufgrund ihrer Kastenzugehörigkeit auf der UN-Konferenz gegen Rassendiskriminierung zu äußern, bemühen sich Dalit-Aktivisten weiterhin, das Thema im südafrikanischen Durban zu platzieren.

Neben der strikten Weigerung der indischen Regierung scheint vor allem die Dominanz der beiden Hauptthemen, der Streit um die Bezeichnung des Zionismus als rassistisch und die Anerkennung der Sklaverei als widergutmachungspflichtige Rassendiskriminierung, die Thematisierung des Kastenwesens zu verhindern. Im Vorfeld der achttägigen Konferenz, die am 31. August 2001 begann, hatte Indiens Regierung ihre Ablehnung mit der Verschiedenheit von Konzepten wie Rasse und Kaste begründet und darauf beharrt, es handele sich allein um eine interne Angelegenheit. Daneben werde die Regierung weiterhin alles tun, um den Betroffenen einen Platz in der Mitte der Gesellschaft zu ermöglichen.

Aktivisten der National Campaign on Dalit Human Rights (NCDHR) argumentieren dagegen, dass Kastenordnung und Rassismus ganz offensichtlich zu ähnlichen Diskriminierungsformen führten, unabhängig von dem akademischen Streit um die Herkunft des Kastensystems. Betroffen von der fast alle Lebensbereiche umfassenden Unterdrückung seien etwa 160 Millionen Menschen in Indien und weitere 100 Millionen in anderen, auch muslimischen Ländern Südasien. Internationale Ächtung und der Druck wichtiger Kreditgeber seien Möglichkeiten, Südasiens "versteckte Apartheid" zu bekämpfen.

Trotz staatlicher Maßnahmen wie des Verfassungsverbots, Unberührbarkeit zu praktizieren, und verschiedener Quotierungen zur Einstellung sogenannter Backward Castes und Kastenloser im öffentlichen Dienst, ist das Leben der Kastenlosen, die sich selbst vielfach Dalits nennen, noch immer von ihrer Stigmatisierung durch die Mehrheitsgesellschaft geprägt. Fast täglich berichtet die Presse über Verbrechen aufgrund von Kastenzugehörigkeit. Vergewaltigungen, Brandstiftungen und Überfälle werden selten polizeilich verfolgt und bezeugen die weitgehende Rechtlosigkeit.

Neben diesen spektakulären Fällen ist es aber die alltägliche Diskriminierung, die Dalits zu Außenseitern stempelt: Dalits müssen am Rande der Ortschaften wohnen, vielfach wird ihnen der Zutritt zu Brunnen und Tempeln verweigert, in Gaststätten müssen sie getrenntes Geschirr verwenden. Aber auch in der Sphäre direkten staatlichen Einflusses hält die Unterdrückung an: In vielen Schulen sitzen Dalit-Kinder getrennt vom Rest der Klasse und die fehlende Förderung des maroden staatlichen Schulsystems sorgt dafür, dass Dalits im Gegensatz zu Absolventen privater Schulen auch in Zukunft mit schlechtbezahlten und minderwertigen Hilfsarbeiten ihr Leben fristen werden.

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