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Die Vernichtung der 36 und 53 Meter hohen Statuen, die von der UNESCO als Weltkulturerbe ausgewiesen waren, begann am 1. März und geht auf ein Dekret des geistigen Führers der Taliban, Mullah Mohammed Omar, zurück. Dieser ordnete die Zerstörung aller bildlichen Darstellungen menschlicher Körper an, da der Koran jede Darstellung des Menschen verbiete.
Der Bildersturm der Taliban löste weltweite Proteste aus. Selbst islamische Länder verurteilten den Angriff auf die Statuen - darunter Pakistan, der engste Verbündete der Gotteskrieger. Die Islamische Weltkonferenz erklärte, dass die Existenz der Statuen dem Islam keineswegs schade. Der indische Regierungschef Atal Bihari Vajpayee verurteilte die Taten und betonte, "wahre" Muslime würden anderen Religionen gegenüber Respekt erweisen. Auch die Volksrepublik China schloss sich der weltweiten Kritik an: Das Vorgehen beleidige zutiefst die Gefühle der Buddhisten, hieß es in einer Erklärung der Buddhistischen Vereinigung Chinas.
Der Außenminister der Taliban, Wakil Achmed Muttawakil, wies jedoch alle Vorwürfe zurück: "Wir sind nicht gegen Kultur, aber wir glauben nicht an diese Dinge. Sie sind gegen den Islam gerichtet."
Alle Bemühungen zur Rettung der Kunstwerke, so z.B. Vorschläge der indischen Regierung und des New Yorker Metropolitan Museum of Art die beiden Statuen zu kaufen, blieben unbeachtet. Auch die zahlreichen Appelle der UNESCO und eine von Deutschland eingebrachte und von über 100 Ländern unterstützte Resolution der UN-Vollversammlung zum Erhalt der Statuen, verhalten ungehört. Der Sondergesandte der UN-Kulturorganisation, Pierre Lafrance, der sich in Islamabad mit dem Taliban-Botschafter Mullah Abdul Salam Zaif in Pakistan und Außenminister Wakil Ahmed Muttawakil traf, versuchte vergeblich, die Zerstörung der Kunstschätze zu verhindern. Zaif erklärte, es handle sich um eine Anordnung der höchsten geistlichen Führung, die von der Regierung nicht gestoppt werden könne.
Die Buddha-Statuen von Bamiyan, stammten aus vorislamischer Zeit, dem dritten und fünften Jahrhundert. Der Islam breitete sich erst 600 Jahre später in dieser Gegend aus. Die höhere der beiden Statuen galt als die weltweit größte Darstellung eines stehenden Buddhas.
Seine kulturelle Bedeutung verdankte das Bamiyan-Becken im zentralen Hochland Afghanistans den seit Jahrhunderten durch diese Region führenden Handelswegen. Die Stadt Bamiyan, etwa 125 Kilometer westlich von Kabul gelegen, war eine wichtige Rast- und Handelsstation für Karawanen auf dem Weg von Zentralasien nach Nordwestindien, was aller Voraussicht nach, ihren Aufstieg zu einem religiösen Zentrum begründete. Die Buddha Figuren gehörten zu einer Klosteranlage, die bis zum achten Jahrhundert existierte.
Ursprünglich waren die Statuen von Bamiyan bemalt bzw. vergoldet. Neben den Statuen waren es aber besonders die Malereien, die den kulturellen Wert dieses Ortes begründet haben. Die beiden Nischen, in den die Buddhas standen, waren mit Freskomalereien überzogen, die sich insbesondere im Bereich des Kopfes gut erhalten hatten. Die Verschmelzung indischer, persischer und griechischer Elemente, aber auch das Nebeneinander von Klosteranlage, Monumentalplastik und Malerei bildete laut der Orientalistin Eva Orthmann "ein einmaliges Ensemble buddhistischer Kultur", "ein wichtiges Zeugnis kultureller Blüte und überregionaler Beziehungen" (NZZ, 3.3.2001).
Neben den Statuen in Bamiyan sind aber auch zahlreiche kleinere Statuen der Vernichtung durch die Taliban anheim gefallen, darunter eine einzigartige Sammlung von Buddhas im Nationalmuseum der Hauptstadt Kabul. Allerdings haben Plünderungen von Museen und Kultstätten bereits seit Beginn des Bürgerkrieges eine riesige Lücke in das afghanische Kulturerbe gerissen. Teilweise wurden Kunstobjekte von unschätzbarem kunsthistorischen Wert ins Ausland geschmuggelt und dort verkauft. Auch die Taliban finanzierten ihre Kämpfe seit 1996 durch den Verkauf von Antiquitäten und Kunstschätzen, darunter waren unter anderem bis zu 2 000 Jahre alte Statuen aus der hellenistisch-buddhistischen Gandhara-Epoche und wertvolle Goldmünzen.
Über die Motive, die Statuen gerade jetzt zu zerstören, lassen sich nur Mutmaßungen anstellen. Viele Beobachter verweisen auf die Frustration mancher Taliban über ihre Isolation, die mit den kürzlich verschärften UNO-Sanktionen weiter zugenommen hat. Angesichts der Perspektivlosigkeit für das von Krieg, Dürre und Hunger geplagte Land, das fast vollständig von ausländischer Hilfe abhängig ist, haben die Taliban so gut wie nichts mehr zu verlieren. Auch wenn es den Taliban mit ihrer Zerstörungsaktion kurzfristig gelungen ist, auf Afghanistan aufmerksam zu machen, so haben sie zumindest im Westen ihre letzte politische Glaubwürdigkeit verspielt.
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