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30. Mai 2002. Nachrichten: Politik & Recht - Pakistan Bombenattentat in Karachi

Bei einem Terroranschlag auf französische U-Boot-Spezialisten in Karachi sind am 8. Mai 2002 vierzehn Menschen getötet worden. Weitere 23 Menschen wurden bei dem Selbstmordanschlag in der südpakistanischen Hafenmetropole schwer verletzt.

Zur Tat hat sich bisher niemand bekannt, doch Frankreich, die USA und Pakistan vermuten das Terrornetzwerk Al-Qaida von Osama Bin Laden als Drahtzieher der Tat. Die pakistanischen Behörden reagierten prompt, indem sie eine Großrazzia gegen Islamisten einleiteten. In den folgenden Tagen wurden über 100 Verdächtige verhaftet. Als weitere Reaktion auf diesen bisher blutigsten Anschlag gegen Ausländer in Pakistan hat Präsidentengeneral Pervez Musharraf eine neue Sondereinheit zum Kampf gegen den Terrorismus einrichten lassen.

Der Selbstmordattentäter lenkte laut Medienberichten ein mit Sprengstoff beladenes Auto gegen einen Bus der pakistanischen Marine, den gerade französische Ingenieure vor ihrem Hotel bestiegen. Die Techniker waren am Bau eines pakistanischen U-Boot des Typs Agosta 90-B beteiligt und elf von ihnen fielen dem Attantat zum Opfer.

Pervez Musharraf wies nach dem Anschlag entschuldigend darauf hin, daß sich das Land in einer schwierigen Situation befände. Im staatlichen Fernsehsender PTV betonte er, daß das "innenpolitische Umfeld" durch die Zusammenarbeit seiner Regierung mit der "Koalition gegen den internationalen Terrorismus" bestimmt sei. "Pakistan unternimmt bereits jetzt alles und wird auch künftig alles zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus unternehmen". Seine Regierung benötige dafür aber weiterhin die notwendige internationale Unterstützung. Gegenüber der Nachrichtenagentur AAP äußerte Musharraf am 11. Mai, daß eine neue gerichtsmedizinische Behörde künftig dazu beitragen soll, Terroranschläge rascher aufzuklären. Das Selbstmordattentat in Karachi verstärkte anderseits den Druck auf den General, der Verlagerung des Krieges von Afghanistan nach Pakistan Rechnung zu tragen. Die US-amerikanischen Spezialtruppen opperieren bereits seit dem Vormonat auch auf pakistanischen Boden gegen flüchtige Taliban- und Al-Qaida-Kämpfer.

Als mögliche Urheber des Anschlags vermutete die Militärregierung die Terrororganisation Al-Qaida, da der Ablauf des Attentats "extrem professionell" gewesen sei. Der vermutlich selbstgebaute Sprengkörper habe eine große Zerstörungskraft gehabt. Die Polizei der Provinz Sindh nimmt an, daß Al-Qaida-Mitglieder solche Bomben herstellen können. Zudem gelten Selbstmordattentate in Pakistan als äußerst selten. So trage der Anschlag "sämtliche Merkmale einer gut trainierten internationalen Terrororganisation", sagte Innenminister Tasnim Nurani. Pakistan verdächtigt aber durchaus auch andere extremistische Organisationen aus dem Inland oder gar den Erzrivalen Indien hinter der Tat zu stecken.

Musharraf wertete die Tat als Vergeltung für seine Unterstützung des Kampfes der USA gegen die Taliban- und Al-Qaida-Kämpfer in Afghanistan. Er vertritt die Ansicht, daß der Anschlag von jemandem verübt worden sei, der sein Land "intern destabilisieren" wolle.

Über hundert mutmaßliche Mitglieder extremistischer Organisationen, die in Verbindung zu den afghanischen Taliban und der Terrororganisation Al-Qaida stehen sollen, wurden in den folgenden Tagen bei Razzien im ganzen Land festgenommen. Der pakistanische Geheimdienst Inter Services Intelligence (ISI) warnte unterdessen vor einer weltweiten Anschlagsserie der Al-Qaida.

Bei der Trauerfeier am 13. Mai für die elf französischen Todesopfer hat Frankreichs Präsident Jacques Chirac in Cherbourg die entschiedene Fortführung des weltweiten Kampfes gegen den Terrorismus bekräftigt. Der kürzlich wiedergewählt Staatschef hob hervor, daß Frankreich in diesem Kampf an der Seite der europäischen Partner, der USA und von deren Alliierten stehe. An der Trauerfeier nahmen auch der neue Premierminister Jean-Pierre Raffarin, die Verteidigungsministerin und hohe Militärs teil.

Chirac forderte Musharraf auf, die Sicherheit der in Pakistan lebenden Franzosen zu gewährleisten. Die Sorge unter westlichen Ausländern wächst, da der Bombenanschlag in Karachi bereits die dritte Attacke auf westliche Ausländer in diesem Jahr war. Ende Januar war Daniel Pearl, Reporter des amerikanischen Wall Street Journal, entführt und ermordet worden und am 17. März wurden fünf Menschen in der "Internationalen Protestantischen Kirche" in Islamabad getötet, als Unbekannte eine Handgranaten in das Gebetshaus warfen.

Bundesaußenminister Fischer drückte in einem Beileids-Telegramm an seinen französischen Amtskollegen seine tiefe Anteilnahme aus, dennoch sei nicht geplant, Deutsche aus Karachi in Sicherheit zu bringen oder eine Reise-Warnung für Pakistan auszuschreiben.

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