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Aus Sorge um die demokratische Zukunft Bangladeshs, so Hasina kürzlich auf einer Kundgebung, habe die AL beschlossen, den Parlamentssitzungen zukünftig beizuwohnen. Anlass zur Sorge hatten in den letzten Tagen und Wochen vor allem erhebliche personellen Umstrukturierungen in öffentlichen Ämtern zugunsten von Anhängern der Regierung gegeben. Damit stünde laut Hasina die Demokratie in Bangladesh auf dem Spiel.
Tarique Rahman, Schwiegersohn der amtierenden Premierministerin Khaleda Zia, wurde zum Generalsekretär der regierenden Bangladesh Nationalist Party (BNP) ernannt, worauf ihr die AL Vetternwirtschaft vorwarf. AL-Chefin Hasina verdankt ihre Karriere übrigens auch dem Prestige ihres Vaters, dem Staatsgründer Mujibur Rahman.
Am 21. Juni wurde dann der Rücktritt des Präsidenten Badruddoza Chowdhury bekannt, einem Mitbegründer der BNP. Angeblich war er von Khaleda Zia gezwungen worden zurückzutreten, weil er sein Amt über die Loyalität zur Partei stellte. Bei einer Feier zu Ehren des verstorbenen Mannes von Khaleda Zia, dem ehemaligen Militärmachthaber und späteren Präsidenten Bangladeshs Zia-ur Rahman, hatte Chowdhury angemessenen Respekt vermissen lassen und sich geweigert, eine Rede zu halten.
Ähnlich Sheik Hasina, die von ihren Gefolgsleuten verlangt, ihren Vater Mujibur Rahman als den Gründer der Nation anzuerkennen, verlangt Khaleda Respekt von ihren Anhängern für Rahmans herausragende Rolle im Unabhängigkeitskrieg gegen Pakistan.
Weiterhin wurden mit den Oberbefehlshabern von Armee und Marine Spitzenposten beim Militär sowie etliche zivile Ämter bis hin zu Universitätsprofessuren mit regierungsfreundlichen Leuten besetzt.
Als Grund für den Einzug ins Parlament nannte die AL außerdem die Schließung der Adamji Jute Fabrik und die erhöhten Steuern auf Nahrungsmittel und andere wichtige Güter. Die Jute-Fabrik musste laut Regierung geschlossen werden, um weitere Verluste abzuwenden. Die Arbeiter hätten Entschädigungen bekommen und könnten nun woanders ihre Arbeitskraft anbieten. Die AL hatte hingegen einen Sanierungsplan für die Fabrik erstellt und moniert nun den erhöhten Wettbewerbsvorteil für indische Jute-Produkte. In der anstehenden Haushaltsdebatte will die AL auch die massive Benachteiligung der Armen durch Steuererhöhungen thematisieren.
Entscheidender für den Einzug ins Parlament scheint jedoch ein anderer Grund: In Kürze wäre die 90-tägige Frist, binnen derer ein Abgeordneter seinen Platz einnehmen muss, damit er nicht vakant wird, für die AL-Mitglieder ausgelaufen. Der drohende Verlust der Abgeordneten-Privilegien – nicht zuletzt der Immunität vor Strafverfolgung – ließ der Parteichefin offensichtlich keine Wahl, wollte sie die Loyalität "ihrer" Mandatsträger nicht verlieren.
Paradoxerweise beeinflusste Hasinas Entscheidung, den Parlamentssitzungen beizuwohnen, ihre Forderung nach Neuwahlen jedoch nicht. In ihren Augen hat die Vier-Parteien-Koalition von Khaleda Zia in fast allen Punkten – unter anderem der Sicherheit sowie der Terrorismus- und Armutsbekämpfung – versagt. Die Regierung wehrt sich gegen diese Anschuldigungen und spricht von einer Verschwörung der Opposition, um sie zu stürzen.
Der Einzug der AL ins Parlament ist zu begrüßen, sollte aber nicht überschätzt werden. Schon nach den Wahlen im Oktober 2001 hatten Beobachter vorhergesagt, dass die AL bis zum letztmöglichen Zeitpunkt die neue Regierung boykottieren werde. Auch jetzt kann von konstruktiver Oppositionsarbeit kaum die Rede sein: Seit dem 24. Juni haben die Abgeordneten den Sitzungssaal bereits mehrere Male wieder verlassen. Einmal kritisierten sie ungenügende Redezeit, ein anderes Mal protestierten sie gegen die Festnahme eines ihrer Parteimitglieder.
Der Boykott des Parlaments durch die Opposition ist den Bangladeshis ebenso vertraut wie die Vetternwirtschaft der Regierung und die wortgewaltige Empörung des jeweiligen Gegners. Die Demokratie in Bangladesh leidet unter der Fehde seiner zwei dominierenden politischen Figuren – der Premierministerin und der Oppositionsführerin – die das Land in seiner Entwicklung lähmt und die Politisierung der Verwaltung verstärkt.
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