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Bis 1947 bezeichnete der Name Jammu & Kashmir ein zu beiden Seiten des oberen Indus gelegenes Fürstentum in der nordwestlichen Himalaya-Region, die umgangssprachlich häufig als Kashmir bezeichnet wird. Der Name leitet sich sowohl vom Kashmir-Tal, das vom Jhelum-Fluss durchzogen wird, und der südlich davon bereits in der Ebene gelegenen Stadt Jammu ab. Die von Indien, Pakistan und zu Teilen auch von China beanspruchte Region hat eine Gesamtfläche von 222.236 qkm.
Obwohl Indien Anspruch auf die Gesamtregion erhebt, verwaltet es faktisch nur einen Teil des Gebietes, der im folgenden als der Unionsstaat Jammu & Kashmir beschrieben wird. Die anderen Teile werden von Pakistan und China kontrolliert.
Der Unionsstaat wird im Westen und Norden durch die Line of Control (LoC) vom pakistanisch kontrollierten Teil Kashmirs getrennt. Im Südwesten grenzt Jammu & Kashmir sowohl an den pakistanischen als auch indischen Teil des Punjab. Der südliche Nachbarstaat ist Himachal Pradesh, und im Südosten bzw. Osten liegt die Autonome Republik Tibet, die seit den 1950er Jahren von der Volksrepublik China kontrolliert wird.
Von der Sommerhauptstadt Srinagar sind es bis New Delhi knapp 900 Kilometer. Die Winterhauptstadt Jammu liegt etwa 300 Kilometer von der indischen Hauptstadt entfernt.
Von Südwesten nach Nordosten lässt sich die Region in sieben geographische Zonen einteilen. Der Tiefebene, in der Jammu liegt und die sich weder landschaftlich noch klimatisch vom benachbarten Punjab unterscheidet, folgen Berghänge. Diese steigen von ca. 600 m auf bis zu 2.300 m an und zeichnen sich durch ihre regenreichen fruchtbaren Tälern und Flüsse, die sich tief in die Landschaft geschnitten haben, aus. Nordöstlich der bis zu 5.000 m hohen Pir Pinjal Bergkette befindet sich das fruchtbare Hochtal von Kashmir, mit seiner durchschnittlichen Höhe von 1.800 m, das landwirtschaftlich intensiv genutzt wird. Die landwirtschaftlich ungenutzten Flächen sind durch Zedernwälder, Pinien, Rhododendron, Walnussbäume und Wiesen geprägt.
Dem Kashmirtal folgen der zentrale Himalaya mit seinen Bergspitzen von über 6.500 Metern und entlegenen, sehr trockenen Tälern. Das obere Indus-Tal in dem auch Leh die Hauptstadt Ladakhs liegt, hat eine alpine Vegetation, die extremer Kälte und Trockenheit entspricht. Die letzte der sieben geographischen Zonen, das Karakorum-Hochgebirge mit mehreren der höchsten Gipfeln der Erde, die mehrheitlich im nördlichen, pakistanisch kontrollierten Gebiet liegen. Die Gletscher des Karakorum binden zugleich die größten Wasserreserven außerhalb des Südpols.
Die Bevölkerung des Unionsstaates zählt dem Zensus von 2001 zufolge über 10 Millionen Menschen. Dabei macht das Kashmirtal mit seinen sechs überwiegend von Muslimen bewohnten Distrikten lediglich 15% der Fläche aus, stellt aber 52% der Bevölkerung. In den sechs Tal-Distrikten Anantnag, Badgam, Baramula, Kupwara, Pulwama und Srinagar haben Muslime einen Anteil von über 95 Prozent.
Die südlich des Chenab-Flusses gelegenen Regionen um Jammu, wo knapp 45% der Bevölkerung leben, werden meist als "hinduistisch geprägt" dargestellt. Allerdings sind nur zwei Drittel der Einwohner der Region mit den Distrikten Jammu, Kathua, Udhampur und Doda Hindus.
In den nur dünn besiedelten Hochgebirgsregionen von Zanskar und Ladakh - mit ihren beiden Distrikten Leh und Kargil - hingegen leben Buddhisten und Muslime zu etwa gleichgroßen Bevölkerungsanteilen. Dennoch ist die starke Orientierung an Tibet, die sicherlich auf ihren kulturellen und wirtschaftlichen Austausch mit der östlich gelegenen Nachbarregion beruht, heute Vergangenheit.
Der sprachliche Unterschied zwischen den Regionen ist gegenwärtig immer noch wichtig. Mit dem Kashmiri, einer dem Urdu verwandten Sprache, ist eine indo-europäische Mundart offizielle Amtssprache des Unionsstaates. Es wird ebenfalls wie das Urdu in persischen Schriftzeichen geschrieben. Das verwandte Hindi, das aber in der aus dem Sanskrit abgeleiteten Devanagari Schrift geschrieben wird, wird vor allem von der Hindubevölkerung benutzt. Weitere lokal genutzte Sprachen sind Dogri und Pahari. In weiten Teilen Ladakhs werden Purig und Ladakhi gesprochen, westtibetische Dialekte die auch in der Hochgebirgsregion Zanskar verwendet werden. Ladakhi besitzt dementsprechend eine eigene Schrift.
Jammu & Kashmir ist ein weitgehend agrarischer Staat ohne größere Industriebetriebe. Das Kashmirtal ist die fruchtbarste Region des Staates. Dennoch bleiben die Einkommen durch die durchschnittlich recht kleinen landwirtschaftlichen Besitzungen niedrig. Die Landwirtschaft ist daher überwiegend auf den Eigenbedarf ausgerichtet. Angebaut wird Reis, Weizen und Mais. Durchaus kommerziell genutzt wird der Anbau von Obst, insbesondere Äpfeln, Wein und Nüssen. So ist die Verarbeitung von Nahrungsmitteln die einzig bedeutende Industrie. Die begrenzte Viehzucht mit einer Almwirtschaft (besonders Ziegen und Yaks) beinhaltet in den niedrigeren Höhenlagen auch Seidenraupenzucht.
Handwerkliche Erzeugnisse, wie das Knüpfen von Teppichen, die Herstellung von Schals aus Ziegenhaar (Pashmina) und Seidengewebe, Silberarbeiten und Holzschnitzereien sind weit über die Grenzen Südasiens hinaus bekannt und begehrt. Auch Handwerk aus dem buddhistisch geprägten Ladakh erfreuen sich wachsender Beliebtheit.
Die Bodenschätze Eisen, Kohle, Bauxit, Blei, Nickel und Mangan werden in geringen Mengen abgebaut. Große Teile der Berghänge und des Kashmirtals bestehen aus Wäldern, die etwa ein Achtel der Gesamtfläche des Tals ausmacht. Sie liefern wertvolle Hölzer.
Ein Großteil der Energie in den Dörfern und Städten stammt aus Wasserkraftwerken.
Größtes Problem für den Tourismus und die gesamte wirtschaftliche Entwicklung ist die politische Situation. Bis zum Beginn des gewaltsamen Widerstandes Ende der 1980er Jahre war der Tourismus ein wirtschaftlicher Hauptpfeiler und wichtiger Devisenbringer. Mehrere hinduistische Heiligtümer, etwa Vaishnodevi in den Trikuta Hills oder Amarnath, locken allerdings auch noch heute Pilger aus ganz Nordindien an. Ein wahres Touristenzentrum war aber stets das Kashmirtal mit der malerisch am Dal See gelegenen Hauptstadt Srinagar. Daneben bot im südwestlich von Srinagar gelegenen Gulmarg im Sommer der höchstgelegene Golfplatz der Welt und im Winter ein Skiparadis den in- und ausländischen Gästen eine Alternative. Die idyllisch anmutende Natur des Kashmirtals lockte Wanderer und selbst Filmemacher aus Bollywood an.
Durch die alltägliche Gewalt im Tal und der Ebene bei Jammu ist heute nur das Hochland von Ladakh - zumeist in den schneefreien Sommermonaten von Juni bis Oktober - touristisch besucht. Die Region ist für ausländische Touristen erst seit 1974 geöffnet. Einige Teilregionen sind aus Sicherheitsgründen immer noch militärische Sperrgebiete. Die meistbesuchten Sehenswürdigkeiten sind die Hauptstadt Leh mit ihren Klöstern Shey und Tikse, sowie die 45 km südöstliche gelegenen Hemis Gompa (das größte Kloster Ladakhs). In Ladakh wie Zanskar werden nur kleine Parzellen entlang der Flüsse und Bäche landwirtschaftlich genutzt. Sie ermöglichen eine ausreichende Lebensmittelversorgung nur begrenzt. Das große Verkehrsaufkommen in den Sommermonaten wird daher zumeist durch Lebensmittellieferungen aus den übrigen Landesteilen verursacht.
Das geographisch von Westen (also dem heutigen Pakistan) leichter zu erreichende Kashmirtal mit Srinagar wurde durch eine Strasse über den Banihal-Pass und einem 1957 eröffneten 2,5 km langen Tunnel mit Indien verbunden. Insgesamt sind die Verkehrsverbindungen in der Region doch sehr schwierig, da viele Strassen einen großen Teil des Jahres unpassierbar bleiben. In vielen Teilen des Unionsstaats gibt es überhaupt keine Straßenverbindungen, da die Berglandschaft unüberwindbar scheint. So verfügt Jammu & Kashmir mit nur knapp 13.000 Straßenkilometern beispielsweise lediglich über ein Drittel der Straßennutzbarkeit des benachbarten Himachal Pradesh. Immerhin beträgt die Länge der National Highways von Jammu & Kashmir 648 km.
Sowohl Srinagar, Jammu als auch Leh verfügen über zivil genutzte Flughäfen. Die einzige Eisenbahn führt ganze 84 km von Jammu in südliche Richtung.
Es heißt, die Region sei wegen ihrer Erdöl- und Erdgasvorkommen von Interesse und wegen der zahlreichen bereits realisierten Pipelines. Kashmir hat also nicht nur für die Anrainerstaaten strategische Bedeutung. Die Konflikte haben die Region aber zweifelsohne zum Armenhaus gemacht.
Nachweislich siedelten verschiedene Völker seit langer Zeit in Kashmir. Viele wanderten aus den umliegenden Gebieten ein. Entsprechend mischten sich hier auch die Kulturen und Religionen.
Bereits früh wurde dieser nördlichste Teil Indiens von indischen Königen beherrscht. Im 3. Jahrhundert v. Chr. bildete er einen Teil des großen Ashoka-Reichs. Damit war auch in Kashmir einst der Buddhismus "Staatsreligion".
Insbesondere durch den Einfluss und das Wirken islamischer Mystiker, den Sufis, kam die Bevölkerung des Kashmirtals ab dem 13. Jahrhundert mit dem Islam in Berührung. Bereits Mitte des 14. Jahrhunderts bekannt sich die Bevölkerung mehrheitlich zum Islam.
In den 1580er Jahren wurde das Kashmirtal vom damaligen Mogul- Herrscher Akbar erobert. Dies war nicht nur der Beginn einer kulturellen Blütezeit, sondern auch Anfang der Beherrschung durch äußere Mächte, was von kashmirischen Nationalisten heute noch bedauert wird.
Die erneute Eroberung Kashmirs durch den afghanischen Herrscher Ahmed Shah Durrani 1752 (Siehe: Afghanistan Geschichte) sorgte für erhebliche Unruhen und Kämpfe. Durrani forderte höhere Steuern und verstand es, religiöse Differenzen zu schüren. Selbst zwischen Schiiten und Sunniten kam es dadurch in Kashmir erstmals zu erbitterten Kontroversen.
1819 geriet das Kashmirtal unter die Kontrolle des Sikh-Maharajas Ranjit Singh. Er vergrößerte sein Herrschaftsgebiet in den Jahren darauf weit über das Tal hinaus und eroberte Baltistan, Gilgit und Ladakh. Bereits in den 1840er Jahren wurden die Sikhs von den Truppen der britischen Ostindiengesellschaft geschlagen. Die europäischen Händler verkauften das Gebiet anschließend an den Hindu-Maharaja von Jammu, Gulab Singh, für 7,5 Millionen Rupien.
Dieser Dogra-Herrscher errichtete im Rahmen der britischen Raj eine blutige Herrschaft, bei der die Bauern beispielsweise zu Leibeigenen degradiert wurden. Die Installation einer unumschränkten, auspresserischen und menschenverachtenden Macht führte bei weiten Teilen der Bevölkerung zu einer starken Ablehnung der Dogra-Dynastie.
Als sich das Ende der Kolonialherrschaft 1947 abzeichnete, wurden die zahlreichen Vasallen-Fürstentümer vom britisch-indischen Vizekönig aufgefordert, sich zu entscheiden, ob sie dem zukünftigen Pakistan oder Indien beitreten möchten. Während in der von Vizekönig Lord Mountbatten gesetzten Frist von zwei Monaten 564 Fürstentümer ihre Entscheidung trafen, ließ Maharaja Hari Singh, der Herrscher von Kaschmir, die Frist verstreichen und erklärte seine Unabhängigkeit.
Das Fürstentum Jammu & Kashmir, das sowohl an Indien als auch an Pakistan grenzte, und in dem ein Hindu-Maharaja über eine mehrheitlich muslimische Bevölkerung regierte, war für beide Seiten von erheblicher Bedeutung. Ihrer Staatsidee entsprechend betrachtete die Pakistan-Bewegung unter Muhammad Ali Jinnah die Bergregion mit ihrer mehrheitlich muslimischen Bevölkerung von Beginn an als festen Bestandteil des zukünftigen Staates. Für Indien waren strategische und sicher auch emotionale Beweggründe ausschlaggebend: So lagen z.B. die Wurzeln der Familie des indischen Premierministers Pandit Jawaharlal Nehru lagen in Kashmir.
Im August und September 1947 begann im Distrikt Poonch ein Aufstand gegen Maharaja Hari Singh. Durch eine Kooperation zwischen den Aufständischen, muslimischen Soldaten der Armee des Maharajas und den von Pakistan unterstützten pathanischen Kriegern aus dem pakistanisch-afghanischen Grenzgebieten drohte ab Oktober, die Situation zu Ungunsten Hari Singhs zu kippen. Dies veranlasste den Hindu-Monarchen zu reagieren.
Kurz vor der Einnahme Srinagars durch die Rebellen wandte er sich mit der Bitte um militärische Unterstützung an Indien. Indien gewährte die angeforderte Hilfe angeblich, nachdem Kashmir seinen Anschluss an die Indische Union erklärt hatte. Der genaue zeitliche Ablauf ist bis heute umstritten. Am 27. Oktober 1947 begann der Lufttransport von indischen Truppen nach Srinagar und damit der Beginn des ersten indisch-pakistanischen Kriegs. Erst am 1. Januar 1949 kam es zu einem Waffenstillstand unter der Aufsicht der Vereinten Nationen und der De-facto-Zweiteilung Kashmirs in das pakistanische "Azad" Kashmir und die Northern Areas und den indischen Bundesstaat Jammu & Kashmir. Die damalige Waffenstillstandlinie (Line of Control - LoC) bildet auch noch heute die Grenze zwischen den von beiden Ländern kontrollierten Teilen Kashmirs.
Am 26. Januar 1950 trat die indische Verfassung in Kraft. Artikel 370 bezeichnet Jammu & Kashmir als Teil Indiens und räumte der Region Sonderrechte ein. Seit dieser Zeit ist die Zugehörigkeit des indischen Teils von Kashmir immer wieder Anlass für politische und militärische Auseinandersetzungen zwischen Indien und Pakistan.
In der ersten Wahl von 1951 gewann die Regionalpartei National Conference [1] unter Führung Sheikh Abdullahs alle 75 Sitze der verfassungsgebenden Versammlung von Jammu & Kashmir. Erst 1952 wurde mit dem Delhi Agreement zwischen Sheikh Abdullah und Nehru offiziell die Erbmonarchie abgeschafft. Schon davor gelang Abdullah eine tief greifende Landreform. Er erhielt zudem die Zusage von Premierminister Nehru für das 1948 durch die UNO vorgeschlagene Referendum. Mit ihm sollte die Bevölkerung über den zukünftigen Verbleib Kashmirs entscheiden.
Doch nur kurz darauf installierte New Delhi eine "Marionetten-Regierung". Die Zentralregierung brachte Bakshi Gulam Muhammad 1953 an die Spitze der National Conference und ließ Sheikh Abdullah verhaften. Doch erwies sich die NC - wie Parteien in Südasien so häufig - als sehr personenorientiert. Vom Gefängnis aus organisierte Sheikh Abdullah, der "Löwe von Kashmir" (Urdu: Sher-e-Kashmir), maßgeblich den Widerstand: 1955 gründete er die parteiübergreifende Plebiszit-Front als oppositionelle Gegenbewegung zur Politik der Zentralregierung, die Jammu & Kashmir mittlerweile ihrer direkten Verwaltung unterstellt hatte. So gab er trotz seiner Inhaftierung mit kurzen Pausen (1958 und 64-65) bis zu seiner endgültigen Freilassung 1975 den Ton der oppositionellen kashmirischen Politik maßgeblich an.
1962 kam es zwischen China und Indien zum Krieg. Infolge der Kampfhandlungen in Ladakh starben einigen tausend Menschen.
Den 1965 im Rahmen der pakistanischen Armee-Operation "Gibraltar" ins indisch kontrollierte Kashmirtal 3.000 eingeschleusten Guerilla-Kämpfern gelangt es nicht, mit ihren Sprengstoffanschlägen und Schießereien einen Aufstand der Bevölkerung gegen Indien mobilisieren. Im Laufe der Kampfhandlunge kam es auch um die Region nahe der Stadt Kargil zu schweren Auseinandersetzungen. Als daraufhin im August 1965 in der "Operation Malta" reguläre pakistanische Armeeverbände aus "Azad" Kashmir und später auch weiter südlich Indien angriffen begann der zweite offizielle Krieg zwischen den Nachbarländern.
Erst durch die Boykottierung des militärischen Nachschubs durch Großbritannien und die USA erlahmten die Kriegsoperationen, und es kam im September zum Waffenstillstand. Die Friedenskonferenz vom 3. bis 10. Januar 1966 in Taschkent brachte außer dem Truppenrückzug hinter die Waffenstillstandslinie von 1949 keine Lösung des Problems um die Region.
Dem erneuten Krieg zwischen Indien und Pakistan von 1971, bei der sich der ehemalige ostpakistanische Landesteil zum unabhängigen Staat Bangladesch erklärte, folgte die Konferenz von Shimla. Auf dieser Konferenz rang die indische Premierministerin Indira Gandhi dem damaligen pakistanischen Außenminister Zulfiqar Ali Bhutto, neben dem Friedensvertrag und der Selbstbestimmung Bangladeschs auch die Verzichtserklärung auf ein Referendum der Kashmiris sowie eine Festlegung der Waffenstillstandslinie als zwischenstaatliche Grenze ab. Pakistan widerrief diese beiden letzten Punkte zwar im Nachhinein, doch hatte New Delhi mit dem Shimla-Abkommen von 1972 einen entscheidenden Vorteil für den Machtkampf um Jammu & Kashmir erhalten.
Nachdem der Kongress sich die Macht in Jammu & Kashmir jahrelang durch manipulierte Wahlen (1967 und 1972) gesichert hatte, wurden mit dem Ende von Indira Gandhis Notstandsregime 1977 auch in Kashmir freie Wahlen abgehalten. Bei ihnen errang die National Conference eine große Mehrheit. Sheikh Abdullah, der zu seiner Freilassung 1975 den Verzicht auf das Referendum (Delhi Accord) anerkannt hatte, wurde Premierminister. Nach seinem Tod 1982 folgte ihm sein Sohn Farooq Abdullah auf dem Posten des Premierministers und Parteivorsitzes. Doch die Politik der Kooperation mit New Delhi und der Akzeptanz des Status Quo durch seinen Vater war Farooq nicht lange vergönnt. Bei den ebenfalls relativ freien Wahlen von 1983 gewann seine National Conference zwar abermals die absolute Mehrheit (selbst in Jammu 38% der Stimmen), doch bereits 1984 begann die Zentralregierung unter Indira Gandhi den erneuten Versuch einer Instrumentalisierung der National Conference. Die Art und Weise wie New Delhi mit den Interessen der Bevölkerung Kashmirs umging und wie die pakistanische Seite versuchte, politischen Einfluss zu gewinnen, spielte eine große Rolle in den politischen Entwicklungen der 1980er Jahre. 1989 kam es zu Beginn des bewaffneten Widerstandes im Kashmirtal. Dieser erlebte auch bald eine Ausdehnung in die Region bei Jammu.
Die Zentralregierung in New Delhi reagierte mit militärischer Härte, und es entwickelten sich bürgerkriegsähnliche Zustände, die vor allem das eigentliche Kashmirtal zu einer der gefährlichsten Regionen der Welt machte.
Zweifelsohne nimmt Kashmir eine zentrale Rolle in den indisch-pakistanischen Beziehungen ein. Schließlich wurden seit 1947 zwei weitere Kriege um Kashmir geführt. Der Konflikt in und um Kashmir besteht aus einem Komplex unterschiedlicher Konfliktlagen, was nachhaltig der bewaffnete Konflikt von pakistanischen und indischen Armeeeinheiten bei Kargil von 1999 offenbarte.
Die Positionen der vielen Gruppierungen innerhalb Kashmirs reichen von Forderungen nach mehr Autonomie (National Conference), über ein unabhängiges Kashmir (wie es mehrheitlich die 1993 gegründete All Party Hurriyat Conference fordert) bis hin zu einem Anschluss an Pakistan (meist von den islamistischen, vom pakistanischen Teil Kashmirs aus operierenden Untergrundorganisationen vertreten - den so genannten Jihadi-Groups).
Während es Farooq Abdullah mit seiner National Conference nach einem Wahlboykott der Oppositionsparteien 1996 abermals gelang, Chiefminister zu werden und den Unionsstaat ohne erkennbare Fortschritte zu führen, wendete sich die Stimmung bei den jüngsten Wahlen eindeutig gegen ihn bzw. seinen Sohn Omar, der mittlerweile die Parteiführung von seinem Vater übernommen hat.
Zwar lag die Wahlbeteiligung, vor allem im Kashmirtal, noch immer niedriger als bei historischen Urnengängen (z.B. 1977), doch die neue Koalitionsregierung in Srinagar weiß weit mehr Wähler hinter sich als zuvor die National Conference (Siehe: Wahlanalyse vom Oktober 2002). Die eindeutig externen Versuche politischer Einflussnahmen auf den Himalayastaat haben den Menschen in Jammu & Kashmir ungeheures Leid und bittere Armut beschert. Die Spur einer Hoffnung ist nach den Wahlen von 2002 nur möglich, wenn es der neuen Regierung gelingt, alle Gruppierungen zu integrieren. Das scheint jedoch immer noch weder in New Delhi noch in Islamabad ernsthaft gewollt zu sein.
[1] Zunehmende Proteste der Bevölkerung seit Ende der 1920er Jahre gegen die als ungerecht empfundene Herrschaft der Dogra-Maharajas führten 1932 zur Gründung einer politischen Organisation: Der nationalen Bewegung der All Jammu and Kashmir Muslim Conference. Sheikh Abdullah war ihr erster Vorsitzender. 1938 kam es jedoch zur Abspaltung der konfessionell orientierten Muslime unter Mirwaiz Jusuf Shah. Daraufhin gründete Sheikh Abdullah die eher als sozialrevolutionär-nationalistisch einzuordnende Partei Jammu & Kashmir National Conference. Durch Abdullahs ähnliche politische Vorstellungen mit Jawaharlal Nehru kam es damals auch zur Annährung beider und guten Beziehungen.
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