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Auf unserer Indienreise anlässlich der Wahlen ist Ahmedabad ein passender erster Zwischenstopp, denn in dieser Stadt scheinen sich so viele der Fragen und Widersprüche der weltgrößten Demokratie wieder zu spiegeln. Schon als wir in den Bahnhof der größten Stadt Gujarats einfahren, scheinen sich auf den ersten Blick viele der gängigen Annahmen über diesen Ort zu bestätigen. Wir steigen aus dem Zug und sind wie gelähmt von der hier typischen Hitze vor Beginn der Regenzeit. Sowohl Träger als auch Transportsmittel für unser nicht gerade kleines Team scheinen sich in der glühenden Mittagssonne in Luft aufgelöst zu haben.
Und doch befindet sich Ahmedabad, wie fast ganz Indien, sichtlich im Wandel. Armut und Reichtum drängen sich hier auf unangenehm engem Raum wie zwei Fremde, die sich ein Taxi teilen müssen. Neue Straßen und strahlend glänzende Wohnhäuser sind wie überall im Land ein klarer Beweis für den viel zitierten Wirtschaftsboom Indiens. Durch die Sonder-Wirtschaftszone der Stadt profitiert Gujarat von der hier traditionellen Offenheit und dem immensen Geschäftseifer – 20 Prozent von Indiens Exportgütern stammen aus diesem einen Staat. Das oft diskutierte Nano-Auto wird hier in Gujarat hergestellt.
Wie Wohlstand zu erreichen und auszuweiten ist, gilt als eine der zentralen Fragen bei dieser Wahl. Wir sind im „Modi-Land“ – schließlich wird der Staat von einem der Stars der oppositionellen Bharatija Janata Party regiert: Chief Minister Narendra Modi. Der Kongress setzt jedoch alles daran, das Volk daran zu erinnern, dass Manmohan Singh es war, der sich als Finanzminister in den 1990er-Jahren beschleunigte Niedrigsteuer-Zonen einsetzte. Es klingt vor allen Dingen nach einem Streit über Ehre und Anerkennung.
Mit Einführung von Sonder-Wirtschaftszonen schaute sich Indien natürlich einiges von Deng Xiao Ping ab. Erfolgreich brachte China den stotternden Motor seiner Binnenwirtschaft mit Hilfe von Energie, Investitionen und Liquidität erneut zum Laufen. Es scheint zu funktionieren, wenngleich es widersprüchlich erscheint, dass Niedrigsteuern kaum dazu beitragen, den Wohlstand zu verbreiten. Diejenigen, die neben einer stetig wachsenden Mittelschicht zurückbleiben, kommen sich nun umso ausgegrenzter vor.
Neben aller Politik ist Ahmedabad auch noch berühmt für seinen Ashram, wo Gandhi viele Jahre lebte und arbeitete. Noch immer ist es eine friedliche Zufluchtsstätte am Fluss Sabarmati, und die Einfachheit des Lebens, die sich hier offenbart, ist faszinierend und lässt einen zugleich bescheiden werden. Doch auf der anderen Flussseite, dort wo der Vater Indiens einst in stiller Meditation saß, steht bereits der Rohbau eines neuen Einkaufszentrums, dessen Betonfundamente sich wie Türme über dem Flussufer erheben. Die Inder selbst müssen derzeit entdecken, dass wirtschaftliches Wachstum manchmal in ungeahnte Richtungen führt.
Quelle: www.bbc.com/india
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