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Es soll in diesem Beitrag versucht werden, eine kurze Einführung in die zivile Luftfahrt Indiens zu geben. Zuallererst werden die beiden bis dato staatlichen indischen Fluglinien Air-India und Indian Airlines vorgestellt. Im Anschluss wird kurz auf private Fluglinien in Indien eingegangen. Im nächsten Teil werden exemplarisch einige ausländische Fluglinien, die nach Indien fliegen, behandelt. Im letzten Teil, dem Ausblick, werden einige Vorschläge unterbreitet, die darauf abzielen, die indischen Fluglinien Air-India und Indian Airlines zu reformieren, damit sie im harten globalen Wettbewerb bestehen können.
Indien hat zwei staatliche Fluglinien. Air-India bedient vorwiegend internationale, Indian Airlines vorwiegend nationale Ziele. Wo früher strikt getrennt wurde, findet in letzterer Zeit eine Verschmelzung statt. Da die Air-India mit momentan 30 Flugzeugen über zuwenig Fluggerät verfügt, um den internationalen Anforderungen gerecht zu werden, fliegt inzwischen auch die Indian Airlines die Nachbarländer an. So kommt es zwischen den beiden staatlichen Linien ungewollt zu einer Konkurrenzsituation, da die Flugpläne oft nicht miteinander abgestimmt sind. (2) So werden z.B. die Ziele Bangkok, Singapur und Dubai oft innerhalb weniger Stunden von beiden Linien von denselben Staedten angeflogen, was die Auslastung auf den Maschinen und damit den Umsatz verringert.(3)
Während in den meisten Ländern die Fluglinien bereits privatisiert wurden, scheiterte eine Privatisierung der beiden Fluggesellschaften an verzögerten politischen Entscheidungen und fehlenden Investoren. Fluglinien wie die Singapore Airlines (4) und die Deutsche Lufthansa hatten zwar ihr Interesse bekundet, Anteile an den Fluglinien zu erwerben, jedoch machte das bürokratische Vorgehen der indischen Regierung und die weiterhin starke Regulierung des indischen Flugmarktes den Plänen der Airliner ein Strich durch die Rechnung. (5) Damit werden dringende Entscheidungen über die Zukunft der angeschlagenen Fluggesellschaften weiter aufgeschoben. Im Folgenden werden nun die beiden Fluglinien im Einzelnen betrachtet.
Die Air-India ist das "Flagschiff Indiens". Noch heute fliegen der indische Premier und der indische Präsident mit der AI 001, während in den meisten anderen Ländern die Luftwaffe diese Aufgabe übernommen hat. Die Air-India wurde 1932 von dem indischen Unternehmer JRD Tata als Tata Airlines gegründet. 1946 wurde die Linie in Air-India umbenannt. 1948 fand schließlich der erste internationale Flug nach London über Kairo und Genf statt. (6) Von dieser Zeit an ist die Air-India stets gewachsen und konnte sich noch während der Siebziger Jahre zu den besten Linien der Welt zählen. Es wurden unter anderem auch Ziele wie Nandi auf den Fiji Inseln außer Konkurrenz angeflogen, weil die Air-India eine staatliche Aufgabe, nämlich die Verlinkung Indiens zu seiner Diaspora, zu erledigen hatte. (7)
Während sich der weltweite Flugmarkt aber in der folgenden Zeit eher liberalisiert hat, ist man in Indien restriktiv geblieben, damit die Air-India im harten internationalen Wettbewerb nicht untergeht. (8) Andere Fluglinien haben sich deutlicher an Wirtschaftlichkeit ausgerichtet, aber die Air-India flog gerade wegen dieser nationalen Aufgabe auch weiterhin unattraktive Ziele an und konnte ohne starke Subventionierung nicht bestehen. Viel zu hohe Kosten belasten die Fluglinie noch heute: Während international 150 Arbeitnehmer pro Flugzeug bei manchen Linien ausreichen, sind es bei der Air-India 700! (9) Durch die umständlichen Entscheidungsprozesse der indischen Regierung, konnten solche Zustände - wenn überhaupt - nur sehr spät beseitigt werden. Jede Entscheidung muss eine Vielzahl von Gremien durchlaufen, und nicht nur einmal passierte es, dass wichtige Entscheidungen verzögert wurden, weil Wahlen anstanden. Dies sind nur einige Gründe, warum die Air-India nie tiefgreifend reformiert wurde und damit nicht wettbewerbsfähig werden konnte.
Mitte der 90er war der Tiefpunkt angelangt. Nur 23 Flugzeuge zählten zur Flotte, Ziele wie Toronto, Perth, Durban, Manchester, Rom, Frankfurt etc. verschwanden von den Flugplänen. Die Verluste schossen in die Höhe, weil die Passagierzahlen dementsprechend sanken, die Auslastung kaum über 60 % betrug (10), das Fluggerät sehr alt ist und damit hohe Kosten verursacht. Gleichzeitig verhinderte das Ministerium für zivile Luftfahrt aber, dass die internationale Konkurrenz die Lücken füllt, welche die Air-India hinterlassen hatte. (11) Damit sollte verhindert werden, dass der Passagierverkehr von und nach Indien in internationale Hände gerät. Doch Air-India war nicht in der Lage zu expandieren, und die Anzahl internationaler Verbindungen mit anderen Fluglinien wuchs weit unter Bedarf. Dies bewog die indische Regierung dazu, ein neues, durchaus raffiniertes Modell zu entwickeln.
Die Air-India entschied sich, einige ihrer Rechte an andere Fluglinien zu "verkaufen". Man schloss eine große Anzahl bilateraler Code-Sharing Abkommen mit anderen Fluglinien. (12) Das heißt, andere Fluglinien bedienen eine Strecke nach Indien, und die Air-India verkauft auf den Fliegern der Partner Tickets mit Air-India-Flugnummer, ohne den Fluglinien Geld dafür zu zahlen, dass Plätze in den Flugzeugen für eigene Kunden in Anspruch genommen werden. So existiert eine "all-win-situation": Die Fluglinien, die die lukrativen Strecken nach Indien bedienen, machen Gewinn auf den Flügen, während die Air-India natürlich auch Gewinn mit den verkauften Tickets macht, ohne operationellen Kosten zu unterliegen. Dieses raffinierte Geschäftsmodell wurde in den Jahren erheblich ausgebaut (s. Tabelle) und verhalf der Air-India, im finanziellen Jahr 2001 zum ersten Mal seit 1993 wieder Gewinne zu verbuchen, nämlich Rs. 15,44 Cr. (ca. € 3,1 Mio.). 2002 fielen die Gewinne mit Rs. 133,85 (ca. € 27 Mio.) noch höher aus - beachtet man die Krise der zivilen Luftfahrt nach dem 11. September 2001 und den Konkurs vieler renommierter Fluglinien wie der Sabena oder Swissair, ist dies ein sehr stolzes Ergebnis. Davon unberührt, erwirtschaftet das operationelle Geschäft der Air-India, also das Geschäft, welches mit eigenen Flugzeugen durchgeführt wird, jedoch weiterhin hohe Verluste. In ihrer Gesamtbilanz hat es die Air-India dennoch geschafft, trotz hoher Verluste im eigenen Geschäft, Gewinne zu erwirtschaften. (13)
Parallel zu dieser Entwicklung dachte man daran, wie man möglichst günstig expandieren kann. Hochprofitabel für die Air-India ist der Markt Indien-Mittlerer Osten, wo sich viele Inder niedergelassen haben. Man begann, vorwiegend diese Routen zu bedienen und andere Strecken, vor allem die der Code-Sharing Partner, vom Flugplan zu verbannen. Dennoch fehlte es an Fluggerät. Es gab aber nicht genügend Geld, neues zu erwerben. Also entschied man sich für die Option des "Dry Leasing". Dies ist eine geschickte Möglichkeit, um Flugzeuge für einen festen Zeitraum zu mieten und im Anschluss zu entscheiden, ob man es erwerben will oder nicht. Air-India leaste vierzehn Flugzeuge (vor allem die Typen A310 und B747), um den hohen Bedarf auf Strecken von und nach Indien zu decken. So konnte auch die Bilanz im operationellen Geschäft verbessert werden. Inzwischen hat sich die Situation der Air-India so verbessert, dass heftig diskutiert wird, Flugzeuge der neuesten Generation zu erwerben, was fraglos dringend notwendig ist. Nun kommt man aber wieder zum anfänglichen Problem. Das potentielle lukrative Geschäft, um das sich Boeing und Airbus nun seit fast zwei Jahren eine erbitterte Schlacht liefern und bezeichnenderweise von der internationalen Presse als "the longest battle in aviation history" bezeichnet wird, wird wieder ein Opfer der indischen Bürokratie. Gremium um Gremium studiert die Vorschläge, 35 Flugzeuge (18 Kurzstrecken- und 17 Langstreckenflieger) zu erwerben. Eine Entscheidung ist inzwischen gefallen. Man hat sich entschlossen, 10 Langstreckenflieger des Typs Airbus A340-300 und 18 Kurzstreckenflieger des Typs Boeing 737-800 zu erwerben, ist also mit der Zahl nach intensivsten Studium leicht runtergegangen. (14) Dies ist vorbehaltlich der Zustimmung des Indischen Ministeriums für zivile Luftfahrt, da die Finanzierung mittels Kredite durch europaeischen und amerikanische Banken bereits gesichert sind, handelt es sich hier nur noch um eine Formsache.
Parallel dazu liebäugelt die Air-India, einer der führenden globalen Allianzen im internationalen Flugverkehr beizutreten (im Gespräch sind Star Alliance, Skyteam und One World). Eine Allianzzugehörigkeit ist inzwischen fast eine Voraussetzung für eine Airline, die für sich den Anspruch erhebt, Weltstandard zu haben, weil durch diese Zugehörigkeit stets neue Märkte erschlossen werden und vorhandene Frequenzen durch die Partnerschaften verbessert werden können. Allerdings steht dies noch in den Sternen, zumal die Air-India ob aller positiven Zahlen zum Trotz aufgrund des bedauerlichen Managements noch keinen verlässlichen Partner darstellt.
Wie bereits erwähnt bedient die Indian Airlines vor allem innerindische Ziele. Sie wurde 1953 gegründet und ist mit einer Flotte von 54 Flugzeugen die zweitgrößte inländische Fluglinie weltweit. Da die Indian Airlines auch Ziele in Indiens Nachbarländern anfliegt, ohne die Flugpläne mit der Air-India ausreichend zu koordinieren, ist sie eine Art Konkurrenz der von ihr geworden, was absurd ist, beachtet man, dass beide Linien staatlich sind. Anders als die Air-India schreibt die Indian Airlines aber starke Verluste, unter anderem wegen des Alters der Flotte und der damit verbundenen Ineffektivität des Verkehrs und teueren Wartung, der Bedienung von unrentablen Zielen und der immer stärkeren Konkurrenz privater Fluglinien innerhalb Indiens.
Die indische Regierung bemüht sich,, das Image der Indian Airlines zu verbessern. So hat man sich entschieden, insgesamt 43 Flugzeuge der Typen Airbus A319, A320 und A321 zu erwerben, auch um die alternde Flotte zu modernisieren. (15) Diese Entscheidung wurde bereits im Februar 2003 getroffen, aber "awaits final government approval", was übersetzt heißt, dass es sich noch um Jahre handeln kann (wenn überhaupt mal eine Entscheidung getroffen wird). Damit sind wir wieder bei der zuvor erwähnten Bürokratie angelangt. Hier ist es ebenfalls fraglich, ob vor den Wahlen eine endgültige Entscheidung getroffen wird.
Erst seit 1991 sind private Fluglinien in Indien erlaubt. Inzwischen sind sie ein fester Bestandteil des indischen Flugmarkts geworden (ca. 40 prozentiger Anteil, Tendenz steigend). (16) Was einst mit ModiLuft (mit Hilfe der Lufthansa) und East West Airlines begann, sind heute Jet Airways und Sahara India Airlines, die beide der Indian Airlines ein Dorn im Auge sind, zeichnen sie sich doch durch deutlich besseren Service und effektivere Entscheidungsprozesse aus. Beide expandieren stark. Wenn sich ihr Wachstum weiter so fortsetzt, wird das Streckennetz der beiden Linien bald an das der Indian Airlines heranreichen. Bisher dürfen sie noch keine Orte außerhalb Indiens bedienen, aber auch hier wird über weitere Liberalisierung nachgedacht. Gerade für Unternehmer sind diese Linien eine Alternative, weil sie den Standards besser gerecht werden.
Seit August 2003 beginnt sich auch in Indien eine neue Art der Fluggesellschaften herauszubilden, welche in den USA und Europa inzwischen zum Alltag gehört: die der Billigflieger. Air Deccan mit Sitz in Bangalore und im Besitz von sechs Turboprop-Flugzeugen bietet Flüge innerhalb Südindiens mit Tarifen an, die teils 50 Prozent billiger sind als die der Indian Airlines. Es wird mit Spannung erwartet, ob sich Air Deccan behaupten kann. Mit Gewissheit kann aber gesagt werden, dass der Indian Airlines eine harte Zeit bevorsteht.
Wie bereits erwähnt ist Indien aufgrund des großen Passagieraufkommens ein sehr lukrativer Flugmarkt. Flüge sind in der Hochsaison oft schon über Monate ausgebucht. Aufgrund der Reglementierung des indischen Flugmarkts dürfen ausländische Fluglinien den Bedarf aber nicht decken. (17) Einige der wichtigsten Linien sollen hier genannt werden.
Am meisten Flüge nach Indien wird in naher Zukunft die Lufthansa anbieten. Bisher bedient sie Delhi, Mumbai, Chennai und Bangalore. Laut Presseberichten sollen im Rahmen der erst kürzlich bekannt gegebenen neuen strategischen Partnerschaft mit der Air-India, schon bald Hyderabad und Kochi hinzukommen. (18) Indien ist für die Lufthansa einer der wichtigsten Märkte, denn Inder aus Nordamerika entscheiden sich aufgrund der günstigen Verbindungen immer häufiger für einen Lufthansaflug über das internationale Drehkreuz Frankfurt.
Eine weitere wichtige Linie ist die British Airways. Sie bedient Delhi, Mumbai, Chennai und Kolkata. Die British Airways würde gerne weitere Ziele wie Bangalore bedienen, jedoch gibt es seit Jahren Differenzen mit der indischen Regierung, weil die Air-India ihrer Meinung nach nicht genügend Landegenehmigungen für London und weitergehende Flüge nach Nordamerika (beide Ziele zählen zu den Hauptzielen der Air-India) (19) erhält, so dass der British Airways der Zugang ins indische IT-Zentrum bis auf weiteres verwehrt bleibt. (20)
Natürlich dürfen die Fluglinien aus dem Mittleren Osten nicht fehlen. Emirates fliegt neben den beiden Gateways Delhi und Mumbai u.a. auch Hyderabad und Kochi an. Gulf Air bietet auch immer mehr Verbindungen in kleinere indische Städte an, genauso wie Quatar Airlines und Kuwait Airways.
Vom Fernen Osten fliegen die Singapore Airlines und die Malaysian Airlines sehr häufig nach Indien. Singapore Airlines - einer der wichtigsten Partner der Air-India - hat erst kürzlich die Genehmigung für Bangalore erhalten. Malaysian Airlines hatte für eine Weile die einzige Direktverbindung zwischen Indien und Pakistan, nämlich einen Flug Kuala Lumpur - Delhi - Karachi, im Angebot. SilkAir, ein Ableger der Singapore Airlines, darf inzwischen auch nach Hyderabad fliegen.
Merkwürdigerweise fliegen momentan nur zwei amerikanische Fluglinien Indien an. Delta Airlines, die täglich von New York über Paris nach Mumbai fliegt und die Northwest Airlines, die in Kooperation mit dem niederländischen Partner KLM Delhi und Mumbai bedient. Im Gespräch ist inzwischen eine Nonstop-Verbindung mit der Continental Airlines von Newark nach Delhi. Ganz neu ist ein Angebot der Air Canada. Mit einem Airbus A340-600 wird ab Oktober 2003 die Strecke Delhi-Toronto, dem Zuhause vieler Inder (v.a. Sikhs) nonstop (11.647 km) bedient, was den längsten Passagierflug der Welt bedeuten müsste. (21)
Inzwischen gibt es auch direkte Verbindungen zwischen den beiden bevölkerungsreichsten Staaten der Erde. China Eastern Airlines fliegt Delhi von Peking an (während im Rahmen des bilateralen Abkommens von 2002 Air-India ab Oktober zweimal die Woche Shanghai bedienen wird).
Auch kleinere Fluglinien, die auf dem ersten Blick mit Indien nicht soviel zu tun haben, freuen sich, Indien anfliegen zu dürfen. Für die Austrian Airlines hat sich das Geschäft mit Delhi als sehr lukrativ erwiesen. Bald fliegt auch Turkish Airlines Delhi von Istanbul an. Uzbekistan Airlines hat sogar die Genehmigung bekommen, Amritsar von Tashkent anzufliegen. Eine Alternative, die immer mehr Sikhs nutzen. Bald kommen noch Ahmedabad und Trivandrum hinzu.
Es wurde versucht, einen kleinen Überblick über den indischen Flugmarkt zu geben, indem die verschiedenen Teilnehmer, die staatlichen und privaten indischen sowie die internationalen Linien vorgestellt wurden. Nun sollen Vorschläge unterbreitet werden, die darauf abzielen, den staatlichen indischen Linien Air-India und Indian Airlines zu helfen, auf dem harten Markt gegen die Konkurrenz zu bestehen.
Die Konkurrenz besteht für die Air-India in den internationalen Fluggesellschaften sowie zwangsläufig auch in der Indian Airlines. Die Indian Airlines selbst muss sich gegen die wachsende innerindische private Konkurrenz behaupten.
Am Sinnvollsten erscheint es dem Autor, dass Air-India und Indian Airlines zu einer einzigen Fluglinie unter dem Namen Air-India zusammengelegt werden, und zwar aus den folgenden Gründen:
Das Streckennetz ist völlig unkoordiniert. Wie gezeigt wurde, arbeiten beide Linien leider auch gegeneinander. Eine Zusammenlegung würde ein viel größeres Streckennetz unter dem Namen einer Fluglinie zur Folge haben, mit dem sich die Linien besser national als auch international behaupten könnten. So könnte man auch leichter aus dem Ausland Flüge in weiter entlegene Regionen Indiens buchen, was momentan nicht so leicht ist, weil man eine Buchung mit zwei autonomen Linien unternehmen muss. Ein besserer "Shuttle-Service" zu den Hauptflughäfen Delhi und Mumbai mit kürzeren Umsteigezeiten und besseren Anschlussflügen nach Übersee wäre durch eine Zusammenlegung möglich. Auch könnte man die Flughäfen Delhi, Mumbai und Chennai besser zu internationalen Luftverkehrsdrehkreuzen ausbauen, so dass Indien auch für die Durchreise in andere Länder in Betracht käme. Darüber hinaus würde ein gemeinsames Management ermöglichen, dass die Fluglinien besser zusammen expandieren könnten.
Eine große Fluglinie Indiens - ob staatlich oder privat bleibt hier zunächst außer Betracht - hätte bessere Chancen, sich einer globalen Allianz anzuschließen.(22) Gerade seit Beginn der Neunziger Jahre haben sich zahlreiche große Allianzen herausgebildet, und in der Fachliteratur besteht Einigkeit, dass eine Zugehörigkeit zu Allianzen für große Fluggesellschaften inzwischen fast ein Muss ist. (23) Für ein Land wie Indien, welches so ein hohes Passagieraufkommen hat und dazu auch noch so günstig gelegen ist, ist es an der Zeit, dass sich die nationale Linie einer Allianz anschließt. Die großen Allianzen suchen auch Partner in Indien, sie finden aber niemand, der angemessenen ist, weil sie natürlich einen Partner wünschen, der internationalen Standards erfüllt, sich gleichzeitig auch Zugang zum innerindischen Markt wünschen und einen Partner haben wollen, der ein anständiges Management hat. (24) Interessant sind indische Linien auch für Allianzen aus dem Grund, weil sie das Gebiet vom Mittleren Osten nach Fernost abdecken könnten. Darüber hinaus wäre ein Zugang von Indien nach Afrika - auch ein wachsender Flugmarkt - ein großes Plus.(25)
Die Zusammenlegung würde auch bedingen, dass die "neue indische Air-India" sich gegen die privaten indischen Anbieter besser behaupten könnte. Sie wäre größer und hätte ein viel besseres Streckennetz über Indien hinaus. Damit hätten private Anbieter Probleme, mitzuhalten und würden sich vermutlich auf regionale Angebote beschränken müssen.
Ein Schritt in diese Richtung ist das kürzlich von Air India unterzeichnete Memorandum of Understanding mit der Deutschen Lufthansa, welches sich noch auf bilateraler Ebene bewegt. Schafft es die Air-India, die Lufthansa mit einem großen Streckennetz, mit unbürokratischen Entscheidungen und mit besserem Service und Fluggerät zu überzeugen, wäre sie garantiert ein gerngesehener Partner für die Star Alliance.
Dies leitet gleich zum nächsten Punkt hin: die Erweiterung der Flotte. Es wurde bereits erwähnt, dass seit Jahren ausgiebigst über die Erweiterung der Flotte von Air-India und Indian Airlines diskutiert wurde. Es ist nun an der Zeit zu realisieren, dass eine Diskussion nicht über die Verantwortung hinwegstiehlt, eine Entscheidung zu treffen. Das Ministerium für zivile Luftfahrt sollte sich bewusst sein, dass der Zug bald abgefahren - besser, der " Flieger bald abgeflogen - ist", wenn nicht bald eine Entscheidung getroffen wird. Hier kann nur empfohlen werden, das Geschäft bald unter Dach und Fach zu bringen, egal ob mit Boeing oder Airbus. Dies sollte nur von den Kosten abhängig gemacht werden. Wenn eine Entscheidung getroffen wird, müssen für die Zeit bis zur Auslieferung (ca. ein Jahr später) Maschinen u.a. im "Dry-Leasing"-Verfahren angeschafft werden, damit man die neuen Routen bereits im Voraus "austesten" kann.
Die Kritik, die an der Entscheidungsfindung der indischen Regierung geäußert wurde, führt zum letzten Punkt hin. Die viel diskutierte Privatisierung der staatlichen indischen Linien. Am 12. September 2003 wurde beschlossen, die Flughäfen Delhi und Mumbai zu 75 % zu verkaufen (26), was sicherlich die Ausstattung der beiden heruntergekommenen und nicht den internationalen Standards genügenden Flughäfen erhöhen wird, so dass sie weltweite Umsteigflughäfen wie Bangkok und Singapur werden könnten. Allerdings soll hier die Skepsis geäußert werden, diese Vorteile einer Privatisierung analog auf die indischen Fluglinien zu beziehen. Anders als in anderen Ländern bleibt Fliegen in Indien wie das Bahnfahren eine nationale Aufgabe, weil Indien viel zu groß ist (27) und darüber hinaus die indische Diaspora weltweit zu stark verstreut ist. Reine Wirtschaftlichkeit darf hier nicht das alleinige Kriterium sein, es bedarf einer Subventionierung seitens der indischen Regierung, um dieser nationalen Aufgabe gerecht zu werden. Die Privatisierung wurde erstmal auf Eis gelegt, u.a. um mit der Flottenerweiterung voranzuschreiten (28), aber auch, weil sich kein Käufer gefunden hat, der mit den vorgegebenen Bedingungen kämpfen will. (29) Dies ist aufgrund der genannten Argumente zu begrüßen. Es soll jedoch im Auge behalten werden, dass die Entscheidungsfindung im Ministerium für den zivilen Flugverkehr deutlich verbessert werden muss!
Die Regierung stellt sich diesen Debatten und setzte in bewährter Weise zunächst eine Kommission ein (in diesem Fall, wie bereits gezeigt, nicht zum ersten Mal). Die Ergebnisse des Naresh Chandra Commitee (30) werden mit Spannung erwartet.
(1) Vgl. auch den Schlussbericht der Enquete-Kommission: Globalisierung der Weltwirtschaft - Herausforderungen und Antworten, BT-Drs, 14/9200, S. 357 (online unter http://dip.bundestag.de/btd/14/092/1409200.pdf [15.09.2003]).
(2) Es hat einige Zeit gedauert bis die indische Regierung dieses Problem ernst genommen hat. Erst kürzlich haben die beiden Linien bekannt gegeben, dass sie, statt gegenseitig Konkurrenten sein zu wollen, gemeinsam gegen die Konkurrenz angehen wollen. Um dieses Problem anzugehen, wurde die Naresh Chandra Kommission (siehe auch letztes Kapitel) gegründet. Für eine weitere Vertiefung siehe u.a. G Ganapathy Subramaniam, "IA, A-I join hands to take on foreign carriers", in: Economic Times of India, 15. September 2003.
(3) Man hat dieses Problem bereits erkannt. So hat man Ziele im Golf zwischen den Fluglinien verteilt. Als Beispiele seien Sharjah, Fujairah und Ras Al Kaihmah genannt welche nun lediglich von Indian Airlines bedient werden, waehrend Ziele in Saudi Arabien (Jeddah und Ryadh) nur von Air-India angeflogen werden.
(4) Die Angebote durften in Einklang mit der Liberalisierungspolitik nur in einem Joint Venture mit einem Indischen Partner gegeben werden (die indische Regierung will so verhindern, dass der indische Markt alleine in die Hände ausländischer Firmen fällt. Interessant hier ist, dass die Singapore Airlines das Angebot zusammen mit der Tata Group Ltd., dem ehemaligen Inhaber der Air-India, abgegeben hat.
(5) Um einen kurzen Überblick über die Interessenten, die einen Anteil an der Air-India erwerben wollten, zu erhalten: "Six parties to bid for Air-India stake", in: The Financial Express, 10. November 2001.
(6) Einen guten Überblick über die Geschichte der Air-India findet man auf den Seiten der Air-India: http://www.airindia.com/aiprofile/history.htm [16. September 2003], oder eine Zeitlinie auf http://www.airindia.com/aiprofile/timeline.htm [16. September 2003].
(7) Eine sehr detaillierte Darstellung gibt es auf der Zeitlinie der Air-India (http://www.airindia.com/aiprofile/timeline.htm, auf der detailliert dasteht, wann welche Stadt angeflogen wurde. Als Beispiel gilt Nandi auf den Fiji-Inseln, welches von 1964-74 angeflogen wurde. Dazu wird in einem Artikel in The Hindu dargestellt, wie die Politik der indischen Regierung ein Wachstum der Air-India verhindert hat. Siehe hierzu Gargi Parsai, "Is Govt. clipping AI's wings?", in: The Hindu, 03. Juni 2001.
(8) Auf der Seite der International Civil Aviation Organisation (ICAO) gibt es eine sehr anschaubare Präsentation mit dem Schwerpunkt Indien. In dieser Präsentation wird auf der einen Seite die Entwicklung der Air-India gezeigt, auf der anderen Seite dargestellt, wie die Voraussetzungen der Politik waren. Siehe hierzu www.icao.int/icao/en/atb/atconf5/Seminar/kaul.ppt [16. September 2003].
(9) Die Zahlen verbessern sich aber schon. Bis vor kurzem hatte die Air-India bei 16.000 Mitarbeiter 23 Flugzeuge im Betrieb, was genau 696 Angestellte pro Flieger ausmacht. Inzwischen ist die Flotte durch "Dry-Leasing"-Abkommen auf 29 Flieger gestiegen, während die Anzahl der Angestellten am 15. September 2003 genau 15.835 betrug, was einen Schnitt von 546 ausmacht. Zum Vergleich: die Deutsche Lufthansa hat ca. 90.000 Angestellte und eine Flotte von 294 Flugzeugen, was einen Schnitt von 306 pro Flugzeug ausmacht. Man muss aber vorsichtig mit diesen Zahlen sein, denn die Lufthansa hat noch eine Vielzahl kleiner Flugzeuge, während die Air-India wegen ihrer von Staatswegen zugeteilten Aufgabe nur Mittel- und Langstreckenflieger hat. Dennoch ist der Unterschied der Zahlen gravierend.
(10) Aktuelle Zahlen zu der Auslastung bei Air-India: http://www.airindia.com/news/glance.htm. Vergleichszahlen wurden vom Indischen Ministerium für den zivilen Luftverkehr veröffentlicht: http://civilaviation.nic.in/reports/an_rep98/ai.pdf [16. September 2003].
(11) Interessant ist, dass auf der Homepage des Ministeriums für zivile Luftfahrt in Delhi der Air-India Banner ganz oben steht. Siehe http://civilaviation.nic.in/ [16. September 2003].
(12) Siehe auch: Gargi Parsai, "Is Govt. clipping AI's wings?", in: The Hindu, 3. Juni 2001.
(13) Zu dieser "Finanzpolitik" siehe die Kolumne von G Ganapathy Subramaniam, "Air-India logs profits amid losses", in: The Economic Times of India, 16. August 2003.
(14) Byas Anand: "A-I board clears $2 bn aircraft purchase deal", in The Economic Times of India, 08. November 2003.
(15) Seit dem Absturz einer alten B737 in Patna (Bihar) 2001 wurde diese Frage mit Nachdruck diskutiert.
(16) Siehe u.a. den hier publizierten Artikel zu Indiens Wirtschaft von Uwe Klein-Hitpass und Martin Heimes: http://www.suedasien.net/laender/indien/wirtschaft.htm.
(17) Verwiesen sei wieder auf den Artikel von Gargi Parsai, Is Govt. clipping AI's wings?, in: The Hindu. Hier berichtet der Autor von dem Druck, den andere Länder bezüglich des Zugangs zum indischen Markt auf Indien ausgeübt haben.
(18) Siehe u.a. " A-I, Lufthansa Tie Up For Joint India-US Flight Operations", in: The Financial Express, 26. August 2003. Siehe auch "AI, Lufthansa to enhance flights from South Indian cities, in: The Economic Times of India, 27. August 2003. Passend dazu hat die Lufthansa einen Personalwechsel ihres Managements in Indien übernommen: "Lufthansa Appoints New GM For India", in: The Financial Express, 17. September 2003.
(19) Siehe "India seeks proper landing slots at Heathrow for A-I", in: The Economic Times of India, 08. Januar 2003, und Girish Rao, " A-I plans more flights to London, eyes link-up to the US, in: The Economic Times of India, 03. Juli 2003.
(20) Siehe "A-I, Lufthansa Tie Up For Joint India-US Flight Operations", in: The Financial Express, 26. August 2003.
(21) Dies hat sich überholt. Denn erst am 12. September 2003 hat die Singapore Airlines angekündigt, bald einen Nonstop-Flug von Singapore nach Los Angeles einzuführen, mit einer Strecke von 14.141 km! Siehe "Singapore Airlines to introduce world's longest passenger flights", http://www.iii.co.uk/shares/?type=news&articleid=4743472&action=article [16.September 2003].
(22) Hier könnte vor allem die kürzlich geschlossene bilaterale Allianz mit der Lufthansa helfen. Vgl. auch Girish Rao, "Lufthansa JV to help A-I join Star Alliance", in The Economic Times of India, 28. August 2003.
(23) Siehe u.a. Frithjof Netzer, "Strategische Allianzen im Luftverkehr : nachfrageorientierte Problemfelder ihrer Gestaltung", Frankfurt am Main 1999. Oder Tae Hoon Oum, "Globalization and strategic alliances : the case of the airline industry", Amsterdam, 2000.
(24) Interessant diesbezüglich ist der Artikel "A-I plans strategic global alliances with carriers", in: The Economic Times of India, 05. April 2003. Es warden hier die Defizite der Air-India erörtert, aber auch das positive Netzwerk im Golf und in Asien erwähnt. Zugleich wird der Zustand der Air-India kritisiert, der sich ändern müsse, bevor eine Allianzzugehörigkeit in Betracht kommt.
(25) Eine gute Zusammenfassung über die Vorteile einer Allianzzugehörigkeit der Air-India und den Beitrag, den die Air-India leisten könnte, kann man hier nachlesen: Girish Rao, "Lufthansa JV to help A-I join Star Alliance", in: The Economic Times of India, 28. August 2003.
(26) Siehe u.a. "Cabinet okays 74% FDI in Mumbai, Delhi airports", in: The Economic Times of India, 12. September 2003.
(27) Das heißt nicht, dass völlig unrentable Routen eröffnet werden müssen. Die erste Nonstop-Verbindung von Assam (Guwahati) ins Ausland (Bangkok) mit Air-India wurde nach mehreren Monaten wieder eingestellt, weil der Load Factor gegen null ging. Die Entscheidung, diesen Flug einzurichten, ist wirklich schwer nachvollziehbar. Siehe auch Shantanu Nandan Sharma, " What (f)ails the North-East?, in: The Economic Times of India, 17. November 2002.
(28) Siehe u.a. "IA, A-I taken off sell-off list", in: The Economic Times of India, 15. April 2003.
(29) Interessant ist dieser Artikel: " No A-I divestment as of now: Shourie", in: The Economic Times of India, 08. April 2002. Der Indische Minister für Privatisierung Arun Shourie verkündet, dass die beiden staatlichen Linien "erst mal stark gemacht werden sollen". In derselben Rede bedauert er aber den Austritt der Singapore Airlines aus den Privatisierungs-Verhandlungen wegen deren Ungeduld. Man erkennt, dass es den ausländischen Investoren zu lästig ist, mit der indischen Regierung über eine Privatisierung der Air-India zu verhandeln. Shouris Worte sind eher euphemistisch aufzufassen. Die indische Regierung hat es versäumt, den Prozess zu beschleunigen und versucht nun, falsche Ausreden zu finden.
(30) Informationen sind unter http://www.airindia.com/NareshChandra.htm [15.09.2003] verfügbar. Naresh Chandra war auch Botschafter der Republik Indien in den USA.
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