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Die erste public-private partnership (PPP) in der Wasserversorgung einer gesamten indischen Stadt
Am Montag, den 28.11.2011, hat Orange City Water Ltd., ein Zusammenschluss des französischen Giganten Veolia und des indischen Unternehmens Vishwaraj Infrastructures Ltd., für 25 Jahre die Wasserversorgung der Stadt Nagpur übernommen. Nagpur, Winterhauptstadt des zweitgrößten indischen Bundesstaates Maharashtra, hat eine Bevölkerung von etwa 2,5 Millionen Menschen. Das PPP-Modell hier hat den Charakter eines ersten Versuchs auf dem indischen Subkontinent, dem weitere Großstädte folgen könnten.
Die Geschichte Veolias in Indien beginnt in 1999, nach den Liberalisierungsreformen. Die Firma lässt sich nieder und bleibt als einziges der großen Wasserversorgungsunternehmen, während alle anderen ihre Filialen auf dem Subkontinent wegen zu schwieriger Geschäftsbedingungen bis 2005 wieder schließen. Auf Betreiben der Weltbank wird der Wassersektor in Indien schließlich für private Anbieter geöffnet: 2004 wird eine Pilotzone in Teilen von drei Gemeinden in Karnataka eingerichtet. Sie ist zu 100% Weltbank-finanziert, und wird von Veolia betrieben. Die Idee ist dabei, zu demonstrieren, dass die Wasserversorgung einer Stadt durch ein privates Unternehmen machbar ist. Dieses Projekt ist für Veolia der Durchbruch. 2006 wird die indische Zentrale des Konzerns finanziell und personell gestärkt. Im gleichen Jahr gelingt es, in Nagpur eine Demozone im Zentrum der Stadt einzurichten; ein Projekt, das stark von dem damaligen Municipal Commissioner
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, Lokesh Chandra, unterstützt wird. Das Unternehmen sichert dabei die Versorgung der Zone Dharampeth, einem eher wohlhabenden Gebiet, mit Wasser von trinkbarer Qualität. Es ist 24 Stunden am Tag und mit einem ausreichenden Druck verfügbar. Dies stellt keine Selbstverständlichkeit dar. Wie in anderen indischen Städten auch, sind die Menschen in Nagpur an Wasser minderwertiger Qualität gewohnt, das bestenfalls mehrere Stunden täglich geliefert wird und für den Rest des Tages in verschiedenen Behältern oder Tanks auf dem Dach gespeichert werden muss.
Eine Demozone ohne Demonstrationscharakter
In der besagten Demozone sind im Laufe der letzten fünf Jahre neben Bewohnern regulärer Viertel auch Haushalte in einer Reihe von Slums mit individuellen Wasserhähnen ausgestattet worden. Alle Slum-Haushalte haben kostenlos einen Anschluss gelegt bekommen. Wasserzähler sind installiert worden, aber den Bewohnern wird nur ein minimaler Grundpreis unabhängig von ihrer Konsumption in Rechnung gestellt, der (in Abhängigkeit von der Bausubstanz ihrer Unterkunft) bei 30 oder 50 Rupien liegt. Beides betrifft allerdings nur diejenigen Slums, die von der Stadtregierung als solche anerkannt sind, d.h. den Status eines notified slum erhalten haben. Alle non-notified Slums hingegen sind von dem Projekt ausgeschlossen, und werden es wohl vorerst auch bleiben. Hier gibt es weiterhin illegale Wasseranschlüsse und öffentliche Wasserhähne, die Haushalten ohne eigenen Anschluss zur Verfügung stehen. Insgesamt ist jedoch die Anzahl solch öffentlicher Wasserstellen drastisch verringert worden: waren es vor Einrichtung der Demozone noch 129, hatte das Unternehmen bis 2011 alle bis auf sieben geschlossen (Times of India, 18 Sep 2011). Nur die Grundwasserbrunnen - offen, oder mit einer Handpumpe versehen - sind unangetastet geblieben. Die Wasserqualität dieser Quellen ist jedoch noch fragwürdiger als die des bisher städtischen Netzwerks.
In den anerkannten Slums sind die Bewohner relativ zufrieden. Die Bereitstellung von mehr Wasser steht dabei nicht im Vordergrund; auch die Qualität ist den Anwohnern weniger wichtig. Aber einen eigenen Wasserhahn zu haben und nicht mehr an der öffentlichen Pumpe Schlange stehen zu müssen, ist für viele Haushalte ein Zugewinn an Zeit und verringert Spannungen zwischen Nachbarn. Protest hingegen kam von der Mittelschicht: Verärgert, dass die Straßen, die gerade neu gemacht worden waren, für die Verlegung neuer Leitungen erneut aufgerissen wurden, kamen Nachbarn zusammen, um sich dem Projekt entgegenzustellen. Bezeichnenderweise hatte das Unternehmen weder in Slums noch in anderen Vierteln Vorabinformationen geliefert. Bewohner rechtzeitig in die Planung einzubeziehen, war völlig versäumt worden. Das Resultat war ein Streit, der mehrere Monate andauerte und schließlich nur dadurch beigelegt werden konnte, dass Veolia eine Bewohnerin des Viertels, die in der NGO-Szene aktiv und bekannt war, dafür gewinnen konnte, ein Kundenzentrum des Unternehmens zu eröffnen. Sie nutzte ihren guten Ruf sowie ihre Kontakte, um ein Netzwerk von "Wasserfreunden" zu gründen, die Informationen über das Projekt verbreiteten und als Anlaufstellen für Probleme und Fragen fungierten. Auch heute noch leitet Surabhi Sirshikar das Customer Care Center Veolias. Ihre Zusammenarbeit mit den Ingenieuren des Unternehmens ist aber angespannt: "Niemand kümmert sich wirklich um das Customer Care Center, da klafft eine große Kommunikationslücke", sagt sie.
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Außerdem gab es Konflikte, weil die Wasserrechnungen massiv anstiegen. Die alten Leitungen konnten dem erhöhten Druck rund um die Uhr nicht standhalten. Wenn daher Wasserleitungen innerhalb der Haushalte undicht waren, führte dies zu stark angestiegenen Kosten. Vermutet wurde von Bewohnern auch, dass die neuen Wasserzähler fehlerhaft seien. Aufgrund von Protesten stimmte die Gemeinde zu, dass Privatkunden maximal 50 Einheiten, d.h. 50.000 l Wasser im Monat bezahlen müssen. Dieses Entgegenkommen wurde von der Zivilgesellschaft als Eingeständnis der Mängel verstanden: „Sie [die Vertreter der Gemeinde] haben damals gesagt, sie wollten [den Bürgern] helfen, aber warum sollten sie finanzielle Verluste hinnehmen? Das war der größte Beweis dafür, dass es ein Problem mit den Wasserzählern gab", meint Anjaya Anparthi, Journalist der Times of India Nagpur.
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Offiziell ausgewertet worden ist das Pilotprojekt von Veolia oder der Kommune nicht. Eine Masterarbeit einer französischen Studentin, Flora Berg, existiert, die jedoch wenig in die Tiefe geht. Das Administrative Staff College of India in Hyderabad hat 2008 das Projekt nach den Kriterien evaluiert, die im Vertrag festgelegt worden waren: dem Wasserdruck; dem Wasservolumen, für das Rechnungen ausgestellt und eingetrieben wurden; der Reduktion der Wasserverluste im Netzwerk; und der raschen Beantwortung von Kundenbeschwerden. Der Bericht stellt zwar insgesamt eine Verbesserung fest, bemängelt aber über diese Kriterien hinaus insbesondere das Fehlen einer Informations- und Kommunikationsstrategie, die die Kunden erreicht.
Die Ausweitung des Auftrags
Nichtsdestotrotz gewinnt das Unternehmen Ende 2010 die Ausschreibung für die Gesamtstadt für die nächsten 25 Jahre. Die Ausweitung des Pilotprojekts geht nach Angaben des Geschäftsführers von Veolia India, Patrick Rousseau, auf starke Unterstützung des Parteichefs der Bharatiya Janata Party, Nitin Gadkari, zurück, der ursprünglich aus Nagpur kommt: "Ich habe ihm persönlich einen Besuch abgestattet, und er hat sofort verstanden. Er hat mir gesagt 'Das will ich für meine Stadt'. Er ist danach nie eingenickt. Wir hatten immer eine sehr starke politische Unterstützung." Rückendeckung setzt sich auch lokal über die Reihe wechselnder Municipal Commissioner fort, da es laut Rousseau eine "positive Mafia der IAS-Officer
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in Maharashtra" gibt.
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Da 2006 Lokesh Chandra das Projekt unterstützte, kann er augenscheinlich bis heute die Kooperation seiner Nachfolger sichern.
Erstmals soll nun eine gesamte indische Stadt komplett durch eine PPP mit Wasser versorgt werden. Die Finanzierung dieses Projekts ist hochsubventioniert: 50% werden von der indischen Regierung und 20% von der Regierung des Bundesstaates Maharashtra in der Form von Darlehen beigesteuert, von denen insgesamt nur 25% zurückgezahlt werden müssen. Diese Finanzspritze kommt dadurch zustande, dass die Stadt Nagpur eine Aufwertung ihres Wasserversorgungssystems im Rahmen des großangelegten nationalen Stadterneuerungsprogramms Jawaharlal Nehru National Urban Renewal Mission (JNNURM) beantragt hat. JNNURM begrüßt public-private-partnership Modelle, und ermutigt die Kommunen dazu, sich für ein solches zu entscheiden. Daneben verlangt das Programm die Einführung von Wasserpreisen, die die Kosten für Betrieb und Wartung des Wassernetzes decken. Die 30% der Finanzierung, die die Kommune im Rahmen dieses Programms zur Verfügung stellen müsste, übernimmt im Fall von Nagpur der private Partner. Insgesamt beträgt das Investitionsvolumen für das Megaprojekt 3,9 Milliarden Rupien (in etwa 56 Millionen. €), von denen etwa 1,2 Milliarden (etwa 16,9 Millionen. €) von dem privaten Anbieter getragen werden sollen.
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Probleme und Unklarheiten im Vorfeld der Übergabe
Im Vorfeld der Übergabe gestaltet sich das Projekt jedoch als problembeladen. Zum einen gibt es Schwierigkeiten mit der Kommunikation zwischen Behörden und den privaten Firmen. Die Kooperation zwischen Orange City Water Ltd. und der Kommune beschränkt sich ausschließlich auf das Water Works Department (WWD), während zum Beispiel eine enge Zusammenarbeit mit der städtischen Slumbehörde, die bisher für das interne Wassernetzwerk in anerkannten Slums, sowie für die Genehmigung von Arbeiten aller Art in nicht anerkannten Slums zuständig war, von Teilen der französischen Angestellten Veolias kategorisch abgelehnt wird: "Wir haben keine Beziehung irgendeiner Art zum Slum Department. Wir wollen nicht", stellt einer der Ingenieure kurz angebunden fest (Diskussion Anna Zimmer, Marie-Hélène Zérah, Cécile Renouard, Swann Bommier mit dem Veolia-Team in Nagpur, 21.10.2011). Die Slum Rehabilitation Authority der Regierung Maharashtras, die in den kommenden Monaten und Jahren über eventuelle Umsiedlungen von Slums im Rahmen des Rajiv Avaaz Yojana entscheiden wird, ist ebenfalls offiziell nicht über das Wasserprojekt informiert worden. Probleme scheinen hier auch bei dem indischen Partner Veolias zu liegen, der für die Kommunikation mit indischen Akteuren maßgeblich verantwortlich sein sollte. So zeigt sich Veolias Kommunikationsbeauftragte Brune Poirson sehr enttäuscht darüber, dass die Kontaktaufnahme und -pflege mit den kommunalen Stellen so schlecht läuft. VIL habe es abgelehnt, französischen Angestellten diese Aufgabe zu überlassen: "Sie haben uns gesagt, sie wollen keine weißen Gesichter dabei haben, das störe nur." (Gespräch Anna Zimmer mit Brune Poirson, 14.12.2011). Aus eigenem Antrieb scheint VIL allerdings nichts zu unternehmen. Bei Veolia ist man frustriert und hat begonnen, den Behörden auf eigene Faust Besuche abzustatten. Die Folge sind Konflikte mit dem lokalen Geschäftspartner.
Selbst innerhalb des Water Works Department jedoch scheinen Informationen nicht alle zu erreichen: "Einige [Angestellte] haben es [die Reform] verstanden, viele nicht. Sie denken, dass sie gezwungenermaßen für den privaten Konzern werden arbeiten müssen", berichtet Ajijur Rehman, Subdivisional Engineer (und damit die Nummer 2) der Behörde, über Bedenken der Belegschaft.
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Zum zweiten gibt es ungeklärte Fragen, was die Versorgung der Slums mit Wasserinfrastruktur angeht. Die leitenden Angestellten des Water Works Department sind der Meinung, dass alle Haushalte in anerkannten wie nicht anerkannten Slums an das Netz angeschlossen und alle öffentlichen Wasserhähne demontiert werden sollten, da es keinerlei Unterschiede zwischen beiden gebe. In 'neu identifizierten' Slums, die erst seit 2008 auf der Slumliste der Gemeinde erfasst sind, sollten hingegen öffentliche Wasserhähne nur noch Wasser gegen Vorauszahlung liefern (sog. prepaid standposts). Diese Praktik hat bereits in Südafrika zu massiven Konflikten geführt,
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da sie das Menschenrecht auf Wasser bedroht, das auch Indien 2010 anerkannt hat. Veolia selbst ist von dieser Idee nicht begeistert. Die Unternehmensleitung führt allerdings ins Feld, dass der Vertrag ausschließlich verlange, alle angeschlossenen Kunden mit Wasser zu versorgen. Über den Anschluss entscheidet weiterhin das Water Works Department. Bisher müssen Antragssteller aus Slums um einen Wasseranschluss zu bekommen allerdings zum einen nachweisen, dass sie Steuern zahlen (was nicht unüblich ist), zum anderen ein Slum Certificate einreichen, das sie - und hier wird es verzwickt - von der Slumbehörde bekommen, wenn sie in einem anerkannten Slum wohnen. Auf legalem Weg ist daher ein Anschluss für Bewohner nicht anerkannter Slums unmöglich. Die oben angesprochenen Kommunikationsprobleme mit dieser Behörde lassen auf Flexibilität nicht hoffen. Wie viel Einfluss Veolia in Zukunft auf das Antragsverfahren und eventuelle Änderungen wird nehmen können, ist noch völlig unklar.
Unter diesen Bedingungen sind Auswirkungen auf die Slumbevölkerung, und damit die Verwundbarsten der Stadtbewohner, schwer absehbar. Die Pilotzone kann für Vergleiche nicht herangezogen werden - zum einen gibt es, wie bereits erwähnt, keine gründliche Evaluation. Zum anderen jedoch ist dort ein ganz anderes Vorgehen gewählt worden als das, was nun im Rest der Stadt Anwendung finden soll. Im Gegensatz zum oben beschriebenen Verfahren sollen Bewohner nun (in Abhängigkeit von der Bausubstanz ihrer Unterkunft) 500 oder 600 Rupien für ihren Wasseranschluss zahlen. Auch sollen alle Rechnungen entsprechend des Verbrauchs ausgestellt werden, wobei der Grundpreis von 30 bzw. 50 Rupien nur für die ersten 10-12.000 Liter pro Monat gilt. Für eine fünfköpfige Familie bedeutet dies einen subventionierten Verbrauch von nur 66 Litern pro Person und Tag. Jede 1.000 Liter darüber hinaus kosten 5 Rupien. Wird daher der Wasserverbrauch der Ärmsten weiter eingeschränkt? Werden gar Gruppen, die sich bisher aus öffentlichen Wasserhähnen versorgen konnten, ganz von der Wasserversorgung ausgeschlossen, wenn sie sich einen eigenen Anschluss nicht leisten können?
Nun hat Veolia selbst eine Studie in Auftrag gegeben, um die Auswirkungen seiner Aktivitäten auf die Slumbevölkerung zu messen. Die Studie wird federführend von Cécile Renouard, Philosophin an der ESSEC Business School Paris, und Gaël Giraud, Ökonom an der Universität Paris 1, geleitet. Beide sind für ihre Untersuchungen zu den Auswirkungen der Operationen des Ölkonzerns Total in Nigeria bekannt. Die erste Runde der Studie ist momentan in Arbeit. Ergebnisse sind jedoch wohl frühestens in zwei Jahren zu erwarten, wenn die Vergleichsstudie nach Fertigstellung der Arbeiten am Wasserversorgungssystem eines der beiden untersuchten Slums abgeschlossen sein wird. Es ist allerdings fraglich, ob das Unternehmen die Studie für mehr als nur seine PR- und Kommunikationsstrategie nutzen wird. Fragen der Gewährleistung des Menschenrechts auf Wasser sind weiterhin offen.
Politisierung und Protest nach der Übernahme
Lange gab es trotz all dieser Ungereimtheiten und Unklarheiten wenig Protest. Große Aktionen wie in Delhi, wo 2006 die Privatisierung der Wasserversorgung verhindert worden war, fanden sich in Nagpur nicht. Die Vergabe des Auftrags an Orange City Water Ltd. wurde noch 2010 ohne großen Widerstand im Gemeinderat abgesegnet. In der Sondersitzung nach Übergabe der Operationen Ende November dieses Jahres jedoch schlagen die Wellen hoch: Die Gemeinderäte der Opposition stören den Ablauf der Sitzung, um eine Diskussion über die Wasserversorgung durchzusetzen, und es kommt beinahe zu einer Schlägerei. Neben einer politisierten Opposition, die offensichtlich Brennstoff für den Wahlkampf der nächsten Kommunalwahlen im Februar 2012 sucht, sind es aber vor allem die Angestellten des Water Works Department, die rot sehen. Aus Angst, ihren Status als Beamte des Öffentlichen Dienstes zu verlieren,
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hat die Gewerkschaft Rashtriya Nagpur Corporation Employees' Association zum Streik aufgerufen und vor dem Arbeitsgericht Klage gegen die zwangsweise Deputation zu Orange City Water Ltd. eingereicht. Nur 35 der 427 Angestellten sind bisher bereit, für OCWL zu arbeiten. Die Restlichen tragen zum Zeichen ihres Protestes an ihrem ersten Arbeitstag für das Unternehmen eine schwarze Binde. Auch die Klempner, die bisher eine Lizenz des Water Works Department hielten und berechtigt waren Wasseranschlüsse zu legen, stellen sich quer. Um korrupten Praktiken vorzubeugen - da bisher illegale Anschlüsse vor allem von diesen lizenzierten, besser vernetzten Klempnern gelegt wurden - will OCWL diese nicht weiter beschäftigen. "Wir protestieren gegen diese unfaire Einstellung gegenüber den Klempnern. Die Einführung des 24/7 Wasserversorgungsprojekts sollte uns nicht unseren Lebensunterhalt nehmen", ist der Kopf der Licensed Plumbers Association, Shankar Morya, in der Times of India (19.11.2011) zitiert. Es ist aber unklar, wie viel Unterstützung diese Protestgruppen einfacher Angestellter und Arbeiter von der wohlbetuchten und politisch gut vernetzten Mittelschicht erhalten werden. Angesichts der derzeitigen Widerstände ruft Anjaya Anparthi, Journalist der Times of India in Nagpur, vor allem zu Transparenz auf. Bisher habe niemand, nicht einmal die Gemeinderäte der Opposition, Einblick in den Vertrag zwischen der Stadt und den privaten Anbietern erhalten. Durch diese unkluge Verschleierungstaktik der Gemeinde sowie der Unternehmen sieht er große Schwierigkeiten auf das Projekt zukommen: Mit 100%iger Sicherheit werde das Thema im kommenden Wahlkampf aufgegriffen werden. Außerdem ist er sich sicher, dass auch die Bürger protestieren werden, sobald die Bauarbeiten in Angriff genommen werden: "Sobald die Arbeiten starten, und wenn sie die gleichen Fehler [wie in der Demozone] machen, werden viele Probleme kommen".
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In diesem Moment könnten sich also neue Koalitionen von Betroffenen bilden, die weit mehr politisches Gewicht hinter sich vereinigen könnten.
Der Ausgang des Experiments Wasserprivatisierung in Indien ist noch höchst ungewiss. Eine Lektion kann jedoch schon gelernt werden: Die Wichtigkeit ausreichender, frühzeitiger, und umfassender Einbeziehung aller Akteure ist von den Unternehmen entweder unterschätzt worden oder in Zwistigkeiten zwischen den beiden Geschäftspartnern völlig untergegangen.
Fußnoten:
[ 1 ] Municipal Commissioner sind die administrativen Leiter indischer Großstädte. Sie werden von der Nationalregierung eingesetzt und verfügen oft über weit mehr Macht als die gewählten Bürgermeister.
[ 2 ] Interview Anna Zimmer mit Surabhi Sirshikar, 17.08.2011.
[ 3 ] Interview Anna Zimmer mit Anjaya Anparthi, 04.12.2011.
[ 4 ] IAS steht für Indian Administrative Service. Die Municipal Commissioner sind alle IAS Officer und generell gilt für Indien, dass den Dienstälteren (Seniors) unter den IAS Officern von ihren jüngeren Kollegen (Juniors) meist höchster Respekt, und daher auch Gehorsam, entgegen gebracht wird.
[ 5 ] Interview Anna Zimmer und Swann Bommier mit Patrick Rousseau, 28.09.2011.
[ 6 ] Insgesamt sollen sogar 16,7 Milliarden Rupien, also 242 Millionen €, in die Verbesserung der Wasserversorgung investiert werden. Das 24/7-Projekt ist nur ein Teil dieses Pakets.
[ 7 ] Interview Anna Zimmer, Marie-Hélène Zérah, Cécile Renouard, Swann Bommier mit Ajijur Rehman und Shashikant Hastak, 20.10.2011.
[ 8 ] Ein besonders eindringliches Beispiel sind die Auseinandersetzungen in Soweto, Johannesburg, die der Einführung solcher Wasserstellen im Jahr 2003 folgten (siehe zum Beispiel: von Schnitzler, A. (2008): Citizenship Prepaid: Water, Calculability, and Techno-Politics in South Africa. In: Journal of Southern African Studies, Volume 34, Number 4, 899-917). 2008 hat der Oberste Gerichtshof der Stadt prepaid standposts für nicht verfassungskonform erklärt, da Südafrika das Menschenrecht auf Wasser in seiner Verfassung ausdrücklich anerkennt (siehe IRIN News vom 6.05.2008, http://www.irinnews.org/Report.aspx?ReportId=78076).
[ 9 ] Es gibt in Indien keinen Unterschied zwischen Beamten und Angestellten in dem Sinne. Wer government employee ist, ist unkündbar und genießt eine Reihe von Privilegien, die entsprechend der Hierarchiestufen stark variieren.
[ 10 ] Interview Anna Zimmer mit Anjaya Anparthi, 04.12.2011.
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