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Seinen Ausgangspunkt hatte der Shah Bano-Fall bereits Ende der 1970er Jahre, als der Rechtsanwalt Muhammad Ahmed Khan aus Indore in Madhya Pradesh 1978 unter Anwendung von Art. 125 des indischen Strafverfahrensrechts zu einer monatlichen Unterhaltszahlung an seine geschiedene Frau Shah Bano verurteilt wurde, die er 1975 nach langjähriger Ehe verstoßen hatte. Da Khan dies nicht akzeptieren wollte, reichte er daraufhin eine Berufungsklage beim Obersten Gericht (Supreme Court) in Delhi ein. Er begründete seine Klage erstens damit, dass eine Muslimin nach islamischen Personenstandsrecht lediglich während des dreimonatigen Zeitraums des iddat[1] Anspruch auf Unterhaltszahlungen hätte und dass zweitens mit der von ihm bereits zurückgelegten Brautgabe (mahr) eine im Sinne von Art. 127(3)(b) des Strafverfahrensrechts ausreichend hohe Summe an seine geschiedene Frau entrichtet worden sei. Die Berufungsklage wurde 1985 vom Obersten Gericht abgewiesen, doch es war weniger die Entscheidung selbst als vielmehr die Begründung des Urteilsspruchs durch den vorsitzenden Richter Chandrachud, die eine erbitterte Kontroverse zwischen den Befürwortern des Urteils und jenen muslimischen Wortführern auslöste, die dies als Angriff auf ihre kulturellen Rechte als Minderheit ablehnten. Um eine weitere Entfremdung der muslimischen Wählerschaft abzuwenden, verabschiedete die damalige Kongress-Regierung unter Rajiv Gandhi daraufhin 1986 sehr übereilt das Muslim Women (Protection on Rights of Divorce)Bill als Ergänzungsparagraph zu Art. 125 des Strafverfahrensrechts. In Unterhaltsfragen wurde darin die Priorität des islamischen Personenstandsrechts vor dem Strafverfahrensrecht festgelegt, wodurch muslimische Frauen faktisch von dessen Anwendbarkeit ausgeklammert und somit eindeutig diskriminiert wurden.
Insbesondere die politischen Gegner der Kongress-Partei im Lager der Hindunationalisten erkannten in diesem umstrittenen Gesetz schnell ein willkommenes Wahlkampfthema. Anhand der Presseberichterstattung aus den Jahren 1985-87 lässt sich nachvollziehen, wie stark die Debatte von den Vertretern eines hegemonialen Hindunationalismus auf der einen, und den Repräsentanten eines islamischen Minderheitennationalismus auf der anderen Seite vereinnahmt wurde. Dieser Artikel möchte zunächst den historischen Kontext der indischen Zivilrechtsdebatte vorstellen und im Anschluss daran die Hintergründe für ihre wiederholte Eskalation in den vergangenen zwanzig Jahren darlegen. Am Beispiel der englischsprachigen indischen Presse soll dabei die Frage erörtert werden, inwieweit die Art und Weise der Darstellung der Debatte in den Printmedien zur Verhärtung der Fronten beigetragen hat.[2]
Die Unterteilung in ein Straf- und Zivilrecht erfolgte in Indien unter britischer Herrschaft. Das Strafrecht (Indian Penal Code) und das Strafverfahrensrecht (Criminal Procedure Code) wurden 1862 eingeführt und beide sollten unabhängig von Religion oder Kaste auf alle Teile der indischen Gesellschaft angewendet werden. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden jedoch auf Grundlage der Religionszugehörigkeit Personenstandsrechte (Personal Laws) erlassen, die in familienrechtlichen Fragen (Heirat, Scheidung, Unterhalt, Erbfolge, Adoption, religiöse Stiftungen) Anwendung finden sollten. Festzuhalten ist damit zunächst, dass es sich bei den religiösen Personenstandsrechten in Indien vornehmlich um gesetzliche Neuerungen handelt, durch die in erster Linie die Grenzen religiös definierter Gemeinschaften festgelegt werden sollten.[3] Mit der Verankerung religiöser Personenstandsrechte in den gesetzlichen Strukturen des Staates erfolgte jedoch gleichzeitig die Anerkennung und Legitimierung sog. primordialer Institutionen. Dieser Begriff bezieht sich auf Gruppen, die die "Sprache der Primordialität" verwenden, d.h. sie stellen ihre gemeinsame Geschichte, Kultur und Religion als unwandelbare "Gegebenheiten" der Gruppenidentität dar, wohingegen die Geschichte ihrer Konstruktion ausgeblendet wird.[4] Die Fokussierung der indischen Muslime auf das islamische Personenstandsrecht wurde nach der Unabhängigkeit also nicht nur durch die Verankerung kultureller und religiöser Gruppenrechte in der indischen Verfassung bestärkt, sondern die Grundlage ihrer kulturellen Identität war zuvor bereits durch den Staat "kodifiziert" worden. Entsprechend wurde die Forderung nach einer Reformierung des islamischen Personenstandsrechts von den Reformgegnern tatsächlich als Angriff auf die kulturelle Identität der indischen Muslime interpretiert, die sich gegenüber der Hindu-Mehrheit ohnehin als zunehmend bedrohte und marginalisierte Minderheit sahen. Unter dem "Deckmantel" säkularer Argumentation wurde die erzwungene Assimilation an eine hegemoniale Hindu-Mehrheitskultur befürchtet.
In diesem Zusammenhang ist jedoch auch die innerislamische Entwicklung seit der Abschaffung des osmanischen Kalifats durch Mustafa Kemal zu berücksichtigen, denn durch sie war gleichzeitig das Ende eines a-nationalen politischen Raums der Muslime herbeigeführt worden, also der Möglichkeit, politische Gemeinschaften zu konstruieren, die sich nicht am Modell des Nationalstaates orientierten. In Indien, wo die Kalifatsbewegung einen recht großen Wirkungsradius erreicht hatte, sahen muslimische Gelehrte und Intellektuelle nach dem Wegfall des Kalifats bzw. dem Ende des Osmanischen Reichs vor allem im islamischen Personenstandsrecht einen letzten verbleibenden, gemeinsamen Nenner, auf dessen Grundlage sich eine Identität der stark fragmentierten muslimischen Gemeinschaft herausbilden konnte.[5]
Bereits seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert hatten aber auch muslimische Reformbewegungen das Inkrafttreten des islamischen Personenstandsrechts gefordert, um eine Modernisierung innerhalb der Logik der Scharia zu erwirken. So wiesen sie etwa darauf hin, dass Frauen im Rahmen der Scharia über Rechte verfügten, wie sie kein anderes der in Indien zum damaligen Zeitpunkt angewendeten Gewohnheitsrechte garantierte. Als Beispiele wurden das Rechte der Muslimin auf Scheidung, Erbe und Wiederheirat nach einer Scheidung oder nach dem Tod des Ehegatten angeführt. Entsprechend wurde die Verabschiedung des Muslim Personal Law Application Act (1937) und des Dissolution of Muslim Marriages Act (1939) von Frauenorganisationen zunächst als förderlich für die rechtliche Besserstellung muslimischer Frauen in Indien betrachtet und unterstützt.[6]
Ganz anders bewerteten dagegen nach der Unabhängigkeit 1947 die Anhänger einer starken Zentralmacht und kulturellen Homogenität die Existenz religiöser Familienrechte, denn sie erkannten darin vor allem in der Post-Nehru-Ära nach 1964 die Grundlage für politische Mobilisierungen nach kommunalistischen Kriterien. Durch die daraus resultierende, grundsätzliche Ambivalenz des indischen Staates und die Verletzung liberaler Prinzipien wurde ihrer Überzeugung nach eine "echte" Nationenbildung und Modernisierung Indiens nachhaltig verhindert. Ähnlich wie die Anhänger des kemalistischen Modernisierungsprojektes in der Türkei waren auch sie davon überzeugt, dass ein einheitliches, säkulares Zivilrecht partikulare Identitäten einebnen, kommunalistische Ausschreitungen abwenden und somit den Prozess der "nationalen Integration" und Sozialreform beschleunigen würde.[7]
Wesentlich bestimmend für die öffentliche Wahrnehmung und Diskussion der Zivilrechtsfrage im nachkolonialen Indien war zunächst die Kontroverse über die Reformierung und Kodifizierung des Hindu-Personenstandsrechts Ende der 1940er bis Mitte der 1950er Jahre. Das von Nehru eingesetzte Hindu Code Committee hatte bereits 1944 einen Gesetzentwurf vorgelegt, der u.a. eine Reform der Gesetze zur Erbfolge, Ehe und Scheidung, Adoption und zum Sorgerecht vorsah. Dieses ehrgeizige Reformvorhaben, dessen Inkraftsetzung ursprünglich für den 1. Januar 1948 vorgesehen war, scheiterte jedoch am erbitterten Widerstand innerhalb der gesetzgebenden Versammlung, also auch von weiten Teilen der Kongress-Partei. Nehru beschloss daraufhin, den neuen Hindu Code in vier Teile aufzugliedern und eine Strategie der behutsamen, schrittweisen Reform zu verfolgen. Nacheinander wurden schließlich von der gesetzgebenden Versammlung der Hindu Marriage Act (1955), der Hindu Succession Act sowie der Hindu Adoption and Maintenance Act (beide 1956) und der Dowry Prohibition Act (1961) angenommen.
Aus der retrospektiven Betrachtung fällt heute besonders deutlich ins Auge, wie sehr die Argumente der Widersacher des Hindu Code den Einwänden ähneln, die die Gegner einer Reform des islamischen Personenstandsrechts später für sich in Anspruch nahmen und bis heute vorbringen. Beispielsweise wurde die Kompetenz der Gesetzgeber zur Interpretation der Shāstras in Frage gestellt - ebenso wie im Zuge der Debatte Mitte der 1980er Jahre von Seiten des All-India Muslim Personal Law Board (AIMPLB) die Befähigung des Obersten Gerichts zur Interpretation von Koransuren negiert wurde. Über die Monogamie- und Scheidungsklausel sowie die vorgesehenen Unterhaltsregelungen wurde im Zuge der Reformierung des Hindu-Familienrechts ebenso langwierig und erbittert gestritten wie später im Zusammenhang mit der geforderten Kodifizierung und Reformierung des islamischen Familienrechts. In den Augen der Hindu-Organisationen wie auch konservativer Hindus innerhalb der Kongress-Partei wurden diese Neuregelungen als "Angriff auf die Grundfeste der Hindu-Kultur und -Zivilisation" dargestellt, die angesichts der Aufrechterhaltung der "Polygamie" der Muslime einem regelrechten "racial suicide" gleichkommen würden.[8]
In der Verbitterung der konservativen Hindus wie auch der Hindunationalisten darüber, dass sie zugunsten der Sozialreform und Modernisierung auf ihre "kulturellen Bräuche" und Traditionen verzichten und die Einführung des Hindu Code akzeptieren mussten, gründet auch der Argwohn im Hinblick auf das weiterhin "unangetastete" Familienrecht der Muslime. Das islamische Personenstandsrecht wurde in den Folgejahren für sie einerseits zum Symbol der "Rückständigkeit und des Reformunwillens" der indischen Muslime und andererseits zum Inbegriff der "Privilegierung" der muslimischen Minderheit durch die Kongress-Regierung. Analog dazu basierte die oppositionelle Strategie der Jana Sangh sowie ihrer Nachfolgerin, der Bharatiya Janata Party (BJP), gegenüber der Kongress-Partei wesentlich auf der "Entlarvung" des nachkolonialen Modernisierungsprojekts als "pseudo-säkular" und "inkonsequent". Durch ihre betonte Abgrenzung davon versuchte sich die BJP als die modernere sowie im Sinne der bürgerlichen Freiheitsrechte konsequentere Partei darzustellen und sich durch die Verankerung der Forderung nach einem einheitlichen, säkularen Zivilrecht gemäß Art. 44 der indischen Verfassung in ihrem politischen Programm eine zusätzliche Legitimationsbasis zu verschaffen.[9]
Mit dieser Doppelkonstruktion eines Anderen, also des säkularen Modernisierungs- und "Verwestlichungsprojektes" des nachkolonialen Staates einerseits und der "orientalischen", "vormodernen" Kultur andererseits, konnte die Vorstellung einer integralen Totalität der Hindu-Kultur mitsamt ihrer identitätsstiftenden Funktion als "nationale Kultur" überhaupt erst an Boden gewinnen. Hieraus erklärt sich folglich auch der "exzessive Fokus" der Hindunationalisten auf das islamische Personenstandsrecht und ihre Vereinnahmung der Forderung nach einem einheitlichen Zivilrecht, insbesondere in den 1980er und 90er Jahren.[10]
Die Polarisierung der indischen Öffentlichkeit über die Frage des islamischen Personenstandsrechts brachte schließlich sogar eine merkwürdige "argumentative Allianz" hervor, zu der sowohl Teile der indischen Frauenbewegung als auch extrem hindunationalistische Organisationen wie die Shiv Sena aus Maharashtra und der RSS gehörten.[11] Erklärbar wird dies vor dem Hintergrund, dass sich die indische Frauenbewegung von den 1940er bis in die frühen 1980er Jahre hinein über den grundsätzlichen Konsens begründete, dass es dem Staat oblag, durch seine Gesetzgebung den kulturellen, sozialen und politischen Fortschritt der indischen Gesellschaft zuwege zu bringen und dadurch die "nationale Integration" zu stärken. Zweifel am Modell des säkularen Nationalstaates kamen erst im Zuge der allgemeinen Welle "anti-säkularer" Kritik auf, die seit Mitte der 1980er Jahre insbesondere durch das Auftreten der sog. neo-nationalistischen Bewegungen bestärkt wurde. Kritisiert wurde nunmehr vor allem die jahrzehntelang aufrecht erhaltene Grundannahme und Legitimation der nachkolonialen politischen Elite, dass der soziale Wandel und Fortschritt dem Prozess der Nationenbildung inhärent sei.[12]
Obwohl sie weiterhin sehr unterschiedliche Positionen in der Frage vertreten, geht Zoya Hasan davon aus, dass mittlerweile keine der bedeutenden Frauenorganisationen mehr die Forderung nach einem einheitlichen Zivilrecht unterstützt, woraus sie den Schluss zieht: "BJP has appropriated what was otherwise a feminist demand".[13]
Als Ereignis, dass im Wesentlichen durch die mediale Berichterstattung und Darstellung hervorgebracht wurde, besaß der Streit über die indische Zivilrechtsfrage allein in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehrmals "Hochkonjunktur", so etwa 1985/86 anlässlich des Shah Bano-Falles, 1995 aufgrund des Sarla Mudgal-Falles und 2003 infolge des John Vallamattam-Falles. Auslösende Funktion für die umfangreiche Medienberichterstattung über die drei Fälle und die daran anschließenden Kontroversen in der indischen Öffentlichkeit besaßen jeweils die Urteilsbegründen der vorsitzenden Richter des Obersten Gerichts in Delhi, Y.C. Chandrachud (1985), Kuldip Singh (1995) und V.N. Khare (2003). Die drei Richter nutzten die Urteilsverkündigungen dazu, darin den Umstand zu beklagen, dass in Indien noch immer kein einheitliches Zivilrecht existiert, obwohl dessen Einsetzung als Direktive in Artikel 44 der indischen Verfassung festgeschrieben ist.
Während im Shah Bano-Fall die Frage des Unterhalts für geschiedene bzw. verstoßene Musliminnen im Vordergrund stand, entfachte der Sarla Mudgal-Fall die Diskussion über die "Polygamie" von Neuem, nachdem ein Hindu zum Islam konvertiert war, da er fälschlicherweise davon ausgegangen war, als muslimischer Mann zusätzlich zu seiner bereits bestehenden noch eine zweite Ehe mit einer anderen Frau schließen zu können. In der Urteilsbegründung des John Vallamattam-Falles (2003), der auch als Christian Bequest Case bezeichnet wird, wurde hingegen festgestellt, dass Paragraph 118 des Indian Succession Act (1925) gegen Artikel 14 der indischen Verfassung verstößt, da er Christen untersagt, ihren Besitz religiösen und karitativen Einrichtungen zu vermachen. Anders als der Shah Bano- und der Sarla Mudgal-Fall behandelte der John Vallamattam-Fall also keinen Konflikt zwischen islamischem und säkularem Recht, was neben einigen anderen Faktoren auch dazu beigetragen hat, dass sich die nachfolgende Debatte diesmal mehr in genereller Perspektive auf das Spannungsfeld zwischen religiösem und säkularem Recht konzentrierte und dabei nicht ausschließlich auf den Islam Bezug nahm. Unterdessen hat das islamische Personenstandsrecht weitreichende Veränderungen erfahren, die das vorherrschende Bild der "Nichtreformierbarkeit" und des "Stillstandes" relativieren (s. dazu weiter unten). Diese Entwicklung wurde in der medialen Darstellung und Erörterung der Zivilrechtsproblematik bislang jedoch kaum berücksichtigt.
Auch wenn Teile der Hindi-Presse in den 1980er und 1990er Jahren eine zentrale Rolle hinsichtlich der Propagierung des Hindunationalismus spielten, unterschätzten die Medienstrategen der BJP keineswegs die hohe Bedeutung der englischsprachigen Presse in Indien für ihren politischen Erfolg.[14] Insbesondere mit der Zivilrechtsdebatte fanden sie Mitte der 1980er Jahre die willkommene Gelegenheit, auch bei einem Lesepublikum Gehör zu finden, das an politischen Konzepten, Rhetorik und Argumentation ausgerichtet war, wie sie die englischsprachige Presse in Indien seit der Unabhängigkeitsbewegung repräsentierte.[15] Immer wieder hoben medienerfahrene BJP-Politiker wie L.K. Advani in Interviews mit englischsprachigen Zeitungen auf den "pseudo-säkularen" Charakter der Kongress-Ordnung ab und propagierten ihren "secularism in a Hindu way" als dessen "konsequentere" Alternative.[16] Vor allem im Indian Express, aber auch in der Times of India und im Statesman fanden sie ein offenes Forum, um anlässlich des Shah Bano-Falles ihre Angriffe gegen die Kongress-Partei und die Muslime zu lancieren und sich dadurch in dieser, auf die englischsprachigen Medien ausgerichteten, besonders machtvollen Öffentlichkeit politisch zu etablieren.
Auf diese Weise gelang es der BJP sogar, den diskursiven Rahmen zu bestimmen, innerhalb dessen die Zivilrechtsproblematik in den 1980er und 1990er Jahren in Indien wahrgenommen und diskutiert wurde: Durch die gezielte Umdeutung der Debatte wurde das einheitliche, säkulare Zivilrecht zum Symbol der "nationalen Integration" aufgewertet und wer sich dagegen aussprach, wurde als "anti-national" diffamiert. Diese Umdeutung der Zivilrechtsfrage hatte zur Folge, dass das ursprünglich damit verbundene Anliegen der rechtlichen Gleichstellung von Mann und Frau vollkommen in den Hintergrund gedrängt wurde. Auch wenn die "Unterdrückung muslimischer Frauen" immer wieder als Argument angeführt wurde, so doch in erster Linie, um die "Rückständigkeit" und "Brutalität" der islamischen Zivilisation als solcher und die "Unvereinbarkeit" des Islams mit der Moderne zu behaupten, und nicht im Interesse eines reformorientierten Dialogs mit dem Ziel der Gleichberechtigung von Männern und Frauen. Im Übrigen verdeutlichen auch die vorherrschenden Topoi der "Polygamie" und "Übervölkerung", dass es in der Diskussion weniger um die Situation muslimischer Frauen, sondern vorrangig um die angebliche "Privilegierung" muslimischer Männer gegenüber den Männern anderer Gemeinschaften ging, die nicht das "Recht" besaßen, Mehrfach-Eheschließungen vorzunehmen.
Auch in der generellen Gleichsetzung der Zivilrechtsfrage mit dem "Problem" des islamischen Personenstandsrechts folgte die englischsprachige Presse zunehmend den Darstellungsmustern der BJP. Infolgedessen befasste sich die Debatte in den 1980er und 1990er Jahren kaum mit der Frage, wie sämtliche in Indien existierenden religiösen Personenstandsrechte, also auch das Hindu-Familienrecht mit eingeschlossen, reformiert und kodifiziert werden könnten, sondern richtete sich nahezu ausschließlich gegen das islamische Personenstandsrecht, dessen Abschaffung häufig gefordert wurde. Damit wurde in der englischsprachigen Presse erstens die irrtümliche Vorstellung erzeugt, dass Frauen nur im Islam diskriminiert würden und dass zweitens der Reformierungs- und Kodifizierungsprozess des Hindu-Rechts und anderer religiöser Familienrechte längst abgeschlossen sei.[17]
Die englischsprachige Presse hat darüber hinaus die drei genannten Interventionen der vorsitzenden Richter Chandrachud, Singh und Khare aufgegriffen und zum Thema gemacht, über anderslautende Stellungnahmen seitens des Obersten Gerichts jedoch nicht berichtet. Obwohl es in dieser Frage auch unter den Juristen zu keinem Zeitpunkt einen Konsens gab, wurde dadurch wiederum der öffentliche Eindruck bestärkt, dass das Oberste Gericht konsequent eine einheitliche Überzeugung in der Zivilrechtsfrage vertrat und die "inaktive" Politik immer wieder an den Auftrag der Verfassung ermahnen musste.
Wenig Aufmerksamkeit schenkte die englischsprachige Presse auch den Veränderungen, die das islamische Personenstandsrecht seit der Verabschiedung des Muslim Women Bill (1986) tatsächlich erfahren hat, wodurch das Bild der "Nichtreformierbarkeit" des Muslim Personal Law weiter perpetuiert wurde. Zweifellos bleibt der gravierende Umstand bestehen, dass geschiedene Muslime durch dieses Gesetz von der Anwendbarkeit des Rechts, das für alle übrigen Frauen in Indien gilt, ausgeschlossen sind und damit vor dem Recht nicht als Gleichberechtigte behandelt, sondern diskriminiert werden. Die Kritik am Muslim Women Bill hat sich seit seiner Einführung jedoch mehrheitlich auf die Unterhaltsfrage konzentriert, denn da in diesem Gesetz festgelegt wurde, dass geschiedene Musliminnen lediglich während der drei Monate des iddat unterhaltsberechtigt sind, wurde befürchtet, dass sie de facto überhaupt keinen Unterhalt mehr erhalten würden. Besonders in der zweiten Hälfte der 1980er und Anfang der 1990er Jahre geriet es infolgedessen in der englischsprachigen Presse zum wiederkehrenden Topos, dass geschiedene Musliminnen "zwangsläufig" in die "Prostitution" oder etwa in das "Schmuggelgeschäft zwischen Pakistan und Indien" (z.B. von Textilien) geraten würden, da sie keinen anderen Ausweg aus ihrer bitteren Armut finden würden.
Die indischen Gerichte haben in der Zwischenzeit jedoch Wege aufgetan, durch die geschiedenen bzw. verstoßenen Musliminnen trotz besagter iddat-Regelung eine Kompensation zugesprochen werden kann, die zumindest ein Äquivalent zu Unterhaltszahlungen darstellen. Beispielsweise indem die Summe, die der Noch-Ehemann während der Drei-Monatsfrist des iddat zahlen muss, entsprechend hoch festgesetzt wird.[18] Äußerst wichtig für die Klärung dieser Problematik war auch ein Urteil des Obersten Gerichts aus dem Jahr 2001, das die Fortzahlung von Unterhalt über den Zeitraum des iddat hinaus ermöglicht. Ein Jahr später (2002) legte das Oberste Zivil- und Strafgericht (High Court) von Bombay außerdem fest, dass jede Scheidung unter Anwendung des Zivilverfahrensrechts und des Indian Evidence Act vor einem indischen Gericht nachgewiesen werden muss. Wenn eine muslimische Frau also die von ihrem Ehemann einseitig ausgerufene Scheidung (talaq) anficht, muss deren Gültigkeit vor Gericht überprüft werden und kann nur dann anerkannt werden, wenn bestimmte Bedingungen eindeutig erfüllt sind. Diese beinhalten etwa die Angabe konkreter Gründe für die Scheidung (um "spontane" Scheidungen zu verhindern), die Auszahlung des Brautgeldes (mahr), die Zahlung von Unterhalt während der drei Monate des iddat und die Aushändigung sämtlicher Besitzgegenstände der Frau. Ähnlich lautende Urteilsverkündungen wurden in den Jahren zuvor bereits in den Bundesstaaten Tamil Nadu und Karnataka bekannt gegeben; in Andhra Pradesh hatte die Regierung unter Ministerpräsident N. Chandrababu Naidu im April 2002 bereits ein obligatorisches Eheschließungszertifikat eingeführt.
Ungeachtet dieser Entwicklungen hielt die BJP auch während der Neuauflage bzw. Fortsetzung der Zivilrechtsdebatte anlässlich des John Vallamattam-Falles (2003) weiter an ihrer einseitigen Fokussierung auf das islamische Personenstandsrecht und der Forderung fest, dass ein einheitliches Zivilrecht an die Stelle sämtlicher bestehender religiösen Personenstandsrechte treten müsse. Von diesem, im Wesentlichen von den Medienstrategen der BJP vorgegebenen diskursiven Rahmen distanzierte sich die englischsprachige Presse diesmal jedoch zusehends, als die Zivilrechtsdebatte im Sommer 2003 erneut zum "Thema" wurde. Auch in quantitativer Hinsicht beherrschten die Repräsentanten der BJP die Debatte nicht mehr, denn ein großer Teil der Kommentare befasste sich nun damit, die über zwei Jahrzehnte lang vorgebrachten Argumente der Hindunationalisten zu hinterfragen und teilweise detailliert zu widerlegen. Generell meldeten sich auf den Meinungsseiten der englischsprachigen Zeitungen mehr Frauen und wesentlich mehr Muslime als etwa während der Shah Bano-Debatte zu Wort, wohingegen sich Politiker nicht mehr in einem vergleichbaren Umfang in die Debatte einschalteten wie zuvor bzw. die Zeitungen möglicherweise selbst ihre diesbezügliche Strategie geändert haben. Hinzu kommt aber auch, dass die beiden bestimmenden politischen Debatten in diesem Zeitraum die Diskussion über das Gutachten des Archaeological Survey of India (ASI) zu Ayodhya bzw. die Frage der Eigentumsrechte an dem Grundstück, auf dem sich die zerstörte Babri-Moschee befindet, und über das Phänomen des "islamistischen" Terrors waren, so dass die Zivilrechtsdebatte in diesem Jahr, anders als Mitte der 1980er und Mitte der 1990er Jahre kein vorrangiges Schlagzeilenthema der nationalen Politik war.[19]
Im Jahr 2002 hat das Oberste Gericht im Shamim Ara-Fall den berüchtigten "Dreifach-Talaq"[20], der Teil des nicht kodifizierten islamischen Personenstandsrechts war, für ungültig erklärt und dadurch de facto eine bedeutende Reformmaßnahme des islamischen Personenstandsrechts durchgesetzt. Vor allem muslimische Frauenorganisationen befürchten damals, dass der Zeitpunkt für derartige Maßnahmen angesichts der Verunsicherung der Muslime durch die Pogrome in Gujarat schlecht gewählt sei. Der erwartete Proteststurm blieb jedoch ebenso aus wie die befürchtete Heraufbeschwörung neuer Bedrohungsszenarien seitens der "Mullahs". Vielmehr fand auch das Urteil des Obersten Zivil- und Strafgerichts (High Court) von Bombay zum Nachweis von Scheidungen die ausdrückliche Zustimmung des Generalsekretärs des All India Muslim Personal Law Board, Maulana Syed Nizamuddin. [21]
Diese bedeutende Entwicklung, die einerseits von den Vertretern der BJP vollständig ausgeblendet, andererseits aber auch in der "nationalen" Presse kaum sichtbar und nachvollziehbar gemacht wurde, versuchten zahlreiche Kommentatoren im Rahmen der Debatte 2003 erstmals erläuternd nachzuzeichnen. Zum einen ging es ihnen dabei darum, zu zeigen, dass in der Frage der rechtlichen Besserstellung muslimischer Frauen zwischen 1986 und 2003 keineswegs Stillstand geherrscht hatte. Zum anderen begründeten sie damit ihre Kritik an der medialen Darstellung, durch die in der indischen Öffentlichkeit die Überzeugung gefestigt worden sei, dass seitens des Obersten Gerichts konsequent eine einheitliche Linie hinsichtlich der Zivilrechtsfrage bestand. Diese sei wiederholt in Form einer expliziten Forderung nach einem Zivilrechtscode gemäß Art. 44 der indischen Verfassung als "Auftrag" an die Politik gerichtet worden.[22]
In mehreren Stellungnahmen bezeichnete beispielsweise die Frauenrechtlerin und praktizierende Anwältin am Obersten Zivil- und Strafgericht (High Court) von Bombay, Flavia Agnes, die rechtliche Möglichkeit, geschiedenen Musliminnen eine pauschale Zahlungssumme zuzusprechen, als bahnbrechende Entwicklung, die dennoch kaum publiziert und folglich nicht von der indischen Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen worden sei.[23] Ähnlich lautete ihr Resümee hinsichtlich der gerichtlichen Überprüfung von Scheidungen, die 2002 vom Bombay High Court beschlossen wurde:
A full Bench of the Bombay High Court recently held that arbitration is essential prior to talaq and this has curtailed the right of Muslim men to arbitrary and universal talaq. There have been many such significant changes that take place every day. But while some judgments and court observations get blown out of proportion by the media and become matter of public discussion and debate, others are ignored.[24]
Durch ihre einseitige Berichterstattung hat die englischsprachige Presse maßgeblich zur Überzeugung der indischen Öffentlichkeit beigetragen, dass allein die Familienrechte der religiösen Minderheiten reformbedürftig seien, während der Hindu Code fälschlicherweise als Ergebnis eines abgeschlossenen Reform- und Kodifizierungsprozesses dargestellt und wahrgenommen wurde.[25] Im Zuge dieser Kritik wurde der Blick nun erstmals auf jene Bereiche des Hindu-Familienrechts gelenkt, in denen Frauen bis heute benachteiligt sind und nicht als gleichberechtigt anerkannt werden. Der Kodifizierungsprozess des Hindu-Familienrechts hatte sich in den zwischen 1955-56 verabschiedeten Gesetzen zur Eheschließung, Erbfolge, Adoption und Vormundschaft manifestiert. Nachdem es hinsichtlich der bedeutenden Frage, wie der Besitz großer Familien unter den Erben aufzuteilen ist, d.h. ob und wie Töchter als Erbinnen bedacht werden müssen, zu einem erbitterten Streit zwischen Premierminister Nehru und dem damaligen Präsidenten Rajendra Prasad gekommen war, blieb der Reformierungs- und Kodifizierungsprozess jedoch unvollständig. Die Erbfolge wurde im Hindu Succession Act so festgelegt, dass der Besitz in den Händen der männlichen Nachfolger und damit in der "ungeteilten Hindu-Familie" verbleibt.[26] Wie Rajeev Dhavan pointiert formuliert, führte dies zu der bizarren Situation, dass eine Frau in Indien zwar Premierministerin, aber niemals das Oberhaupt einer "Hindu joint family" werden kann.[27] Agnes weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass in vielen anderen Bereichen durch die Hindu Code Bill keineswegs ein Grad von "Uniformität" erlangt worden sei, der der öffentlichen Darstellung und Wahrnehmung annähernd entspräche:
The Hindu Code Bill, which is widely thought to have brought uniformity for Hindus, is in fact a code that grants legitimacy to all sorts of diverse customary practices. It is a myth that Hindus have a single law on marriage and divorce. But even where uniformity has been attempted, it has been done in accordance with Brahmanical norms, which have no bearing on the lives of Dalits and lower castes. Let me also inform you that the Hindu law is as diverse internally as the laws of other communities. For instance, while the northern states deny women property rights through the concept of coparcenary, the southern states have made women coparceners in Mitakshara property. Kerala has abolished the concept of coparcenary altogether. So a Hindu woman’s right would depend upon the state where she is located.[28]
Durch diese und viele andere Beispiele wird also mit Nachdruck verdeutlicht, dass im Grunde genommen keines der in Indien gegenwärtig existierenden Familienrechte eine tatsächliche Gleichstellung und Gleichbehandlung von Frauen gewährleistet. Bevor über ein gemeinsames oder einheitliches Zivilrecht gesprochen werde, müsse jedoch ein Verständnis für die elementare Notwendigkeit von Gleichheit und gender justice etabliert werden, so die Forderung verschiedener Frauenrechtlerinnen und Rechtswissenschaftler. Das gelte jedoch nicht nur für die Gesellschaft, sondern insbesondere auch für den Staat und seine Institutionen, denen es bislang in dieser Frage sowohl an einer Vision als auch am politischen Willen fehle, die Probleme der Frauen in Angriff zu nehmen. Insbesondere das politische Klima der vergangenen zwei Jahrzehnte habe eine allgemeine Debatte über notwendige Veränderungen in sämtlichen religiösen Familienrechten jedoch verhindert. Anders als in den Jahrzehnten zuvor scheinen die meisten Frauenorganisationen deswegen gegenwärtig die Strategie einer schrittweisen Reform innerhalb der fortbestehenden, unterschiedlichen Familienrechte zu verfolgen. Auch Agnes hält diese Strategie für die sinnvollste Lösung und zugleich für die bestmögliche Garantie einer rechtlichen und sozialen Pluralität in Indien.[29] Während sie jedoch davon ausgeht, dass ein allgemeines Zivilrecht sogar eine "Katastrophe" für eine pluralistische Gesellschaft wie die indische bedeuten würde und die Bemühungen in diese Richtung demzufolge rundheraus ablehnt, betrachten andere Intellektuelle einen optionalen Zivilrechtscode als optimale Ergänzung zu den fortbestehenden Familienrechten.[30]
Obwohl er dieser Argumentation zunächst folgt und ebenfalls eine Koexistenz bzw. einen optionalen Zivilrechtscode befürwortet, sieht B.G. Verghese dagegen nicht im Fortbestehen der religiösen Personenstandsrechte den bestmöglichen Garanten der Pluralität, sondern umgekehrt, in einem einheitlichen Zivilrecht. Er begründet dies unter anderem damit, dass die Religionen nicht mehr zwangsläufig die tatsächliche Diversität widerspiegelten, wie sie sich im Zuge der Modernisierung und Globalisierung der indischen Gesellschaft zunehmend manifestiere.[31] Entsprechend hofft Verghese auf lange Sicht darauf, dass diese interkulturellen, interreligiösen und andere neu formierenden Gruppen ihre Stimme in die Zivilrechtsdebatte einbringen und sich für ein liberales, einheitliches Zivilrecht einsetzen werden. Die "traditionellen" Personenstandsrechte hält er in ihrer bestehenden Form grundsätzlich nicht mehr für zeitgemäß. Dagegen füllt er die nach der Unabhängigkeit Indiens propagierte Formel der "Unity in diversity" mit neuem Inhalt und argumentiert so für ihre fortbestehende Gültigkeit.
Auch wenn der Fokus zwischenzeitlich nicht mehr ausschließlich auf das islamische Personenstandsrecht, sondern stärker auf die Notwendigkeit der Reformierung und Kodifizierung aller in Indien existierenden religiösen Familienrechte gelenkt wurde, scheinen die Zivilrechtsfrage und die Kontroverse über die politische Identität und Repräsentation der indischen Muslime dennoch so eng miteinander verknüpft zu sein, dass sie schlichtweg nicht separat gelöst werden können. Zum einen ist dies auf die historische Entwicklung zurückzuführen, wonach das islamische Personenstandsrecht nach dem Wegfall des Kalifats im Osmanischen Reiches zu einem Kernelement einer "muslimischen Identitätspolitik" in Indien wurde und nach wie vor als solches betrachtet wird. Auf der anderen Seite kann kein politisches oder juristisches Gremium grundlegende Veränderungen im islamischen Personenstandsrecht beschließen und herbeiführen, so lange Muslime in allen Institutionen des Landes deutlich unterrepräsentiert sind. So lange darüber hinaus weder staatliche Institutionen noch Organisationen existieren, in denen die Interessen der Muslime nachweislich und dauerhaft vertreten werden, kann sich wiederum keine Politik als nach demokratischen Regeln legitimiert betrachten bzw. auf die Zustimmung der Muslime berufen. So gesehen scheint es eindeutig ein Trugschluss zu sein, darauf zu beharren, dass sich die Frage einer distinkten politischen Identität der Muslime durch die Einführung eines allgemeinen oder einheitlichen Zivilrechts "erübrigen" oder im "nationalen Mainstream" aufgehen würde. Vielmehr scheint eine Lösung des Problems der politischen Identität und Repräsentation der indischen Muslime die Vorausbedingung für eine glaubwürdige Diskussion sowie den Prozess der Reformierung und Kodifizierung des islamischen Personenstandsrechts zu sein.
[1] Diese Frist entspricht drei aufeinander folgenden Zyklen der Frau, wodurch sicher gestellt werden soll, dass zum Zeitpunkt der Verstoßung bzw. Scheidung keine Schwangerschaft bestand.
[2] Da sich die Monitoring-Aktivitäten durch nicht-staatliche Organisationen und Medienaktivisten im Zuge der politischen Entwicklung in den 1990er Jahren vorrangig auf die Vertreter der landessprachigen Presse, (vor allem der Hindi- und Gujarati-Presse) richteten, die mit der hindunationalistischen Bewegung assoziiert wurden, ist eine systematische Medienanalyse der englischsprachigen Presse lange Zeit vernachlässigt worden. Insbesondere im Kontext der Zivilrechtsdebatte (1985-97) lassen sich jedoch in der englischsprachigen Presse eine ausgeprägte Offenheit für die Argumentation hindunationalistischer Akteure sowie eine damit einher gehende, drastische Verschlechterung des Islambilds feststellen. Vgl. zur Problematik der dichotomen Kategorisierung der indischen Presselandschaft ("national, englischsprachig" vs. "regional, indischsprachig") und der damit einher gehenden Stereotypisierungen detaillierter: Schneider (2005: 79-150).
[3] Vgl. Hasan (1999:140)
[4] Vgl. Randeria (1996:26-56)
[5] Vgl. Minault (1982), Robinson (1997: 257-356) und Shaikh (1991:160-194).
[6] Vgl. Mahmood (1972:81-84 und 1986:46ff.).
[7] Vgl. Ghose (1972:50f.), Mansfield (1993:139f.) und Göle (1995:95).
[8] Vgl. Som (1994:165-194).
[9] In Artikel 44 der indischen Verfassung heißt es im Wortlaut: "Uniform civil code for the citizen: The State shall endeavour to secure for the citizens a uniform civil code throughout the territory of India".
[10] Vgl. Hasan (1999:146).
[11] Vgl. Som (1994:172f.) u. Mody (1987:944f.).
[12] Vgl. Hasan (1999:146).
[13] Ebd. (1999:138).
[14] Vgl. Rajagopal (2001) und Rawat (2003).
[15] Vgl. Schneider (2005:137ff.).
[16] Vgl. Berglund (2000).
[17] Vgl. Flavia Agnes, "Diverse Justice", Times of India, (23.08.03) u. Anjali Mody, "The Shah Bano legacy", The Hindu, (10.08.2003).
[18] Vgl. Agnes u. Mody, FN 16.
[19] Einige wenige Politiker der BJP, wie etwa der Leiter des "think tank" der BJP, Balbir K. Punj, versuchten dennoch, die Diskussion in der selben Weise und mithilfe der selben Polemik wie in den Vorjahren zu steuern. Unter dem Vorwand der Parteinahme für die Rechte muslimischer Frauen griff er sowohl die Kongress-Partei als auch die "Sprecher" der indischen Muslime an und "entlarvte" sie erneut als "pseudo-säkular". Vgl. B.K. Punj, "Common Chord. A Uniform Approach to the Law”, Times of India, (15.08.03).
[20] Dahinter verbirgt sich das dreifache Ausrufen der Formel "Talaq” (wörtlich: Verstoßung) durch den Ehegatten, die zur sofortigen und unwiderruflichen Scheidung der Ehe führt.
[21] S. Vasudev, "Taming Talaq", India Today International, (20.05.02).
[22] Vgl. Schneider (2005: 255ff.).
[23] F. Agnes, "Diverse Justice", Times of India, (23.08.03), vgl. auch A. Mody, a.a.O.
[24] F. Agnes, "Diverse Justice", Times of India (23.08.03). Ähnlich wie Agnes äußerten sich auch der Rechtswissenschaftler und ehemalige Vorsitzende der National Minorities Commission, Tahir Mahmood, und Rajeev Dhavan, Anwalt am Obersten Gericht in Neu-Delhi.
[25] C. Gonsalves, "Does the BJP really want the code?", Indian Express, (23.08.03).
[26] A. Mody, "Laws of inequality", The Hindu, (10.08.03).
[27] R. Dhavan, "Codifying personal laws", The Hindu, (01.08.03).
[28] F. Agnes, "Diverse Justice", The Times of India, (23.08.03).
[29] F. Agnes, "Diverse Justice", The Times of India, (23.08.03).
[30] Z.B. V.R.K.Iyer, "Unifying personal laws", The Hindu, (06.09.03).
[31] B.G. Verghese, "Who’s afraid of a uniform civil code?", The Hindu, (13.08.03)
Dieser Beitrag gehört zum Schwerpunkt: Islam in Südasien .
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